Zitat Zitat von Alef Beitrag anzeigen
Ich denke, dass wir übereinstimmen, wenn wir sagen, dass Jesus kein Reformator und auch kein Religionsgründer war?
Ja, da stimmen wir überein. Religionsgründer war wohl eher Paulus.

Zitat Zitat von Alef Beitrag anzeigen
Sondern dass die Lehre Jesu ganz eingebunden war in der jüdischen Lehre, der Torah und den Propheten.
Selbstverständlich. Jesus war Jude und sprach zu Juden. Aber seine Lehre wurde dann in die ganze Welt getragen (Paulus, wie gesagt) und musste für die unterschiedlichsten Menschen verständlich gemacht werden. Wie meinte Paulus? "Den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche..."

Die Frage ist nun, ob der Lehre Jesu dadurch Gewalt angetan wurde, dass sie z.B. für "griechische Köpfe" verständlich gemacht wurde? Gegen die Vorstellung, dass Gott Mensch geworden ist, sprachen sich z.B. vehement die Neuplatoniker aus. Sie lehnten deshalb diese Lehre ab und wurden zu Gegnern des Christentums. Später, in der Scholastik, wurde dann versucht das griechische Denken mit der Lehre Jesu in Einklang zu bringen. Ob das gelungen ist, mag jeder für sich selbst beurteilen.

Fakt ist, dass das Leben und Wirken Jesu auf unterschiedlichste Art und Weise gedeutet werden kann und gedeutet wurde/wird. Dabei ist die jeweilige Deutung auch immer ein Stückweit abhängig vom jeweiligen Zeitgeist und dem, was innerhalb dieses Zeitgeistes als Wahrheit betrachtet wurde/wird. So kann ein gläubiger Mensch heute z.B. nicht mehr an den Erkenntnissen der Naturwissenschaften vorbei und muss seinen Glauben z.B. mit der Vorstellung einer Evolution in Einklang bringen. Und genau dabei kann uns dann ein Blick über jeglichen Tellerrand helfen und eine Übertragung der Lehre Jesu auf den jeweiligen Zeitgeist nützlich sein.

Das Problem, dass das Christentum in die Welt geschafft hat, ist, dass es seine Vorstellungen über alle anderen Vorstellungen stellte und mehr noch, das jüdische Denken gering achtete und sich selbst zum "wahren Israel" hochstilisierte. Das ist der grundlegende Punkt, an dem der Lehre Jesu Gewalt angetan wird!

Das aber versucht wird, die Lehre Jesu in Einklang zu bringen, mit den zeitgeistigen Vorstellungen bzgl. dessen was Wahrheit und Wissenschaft ist, ist nur normal und auch unbedingt notwendig, denn Wahrheit muss Wahrheit sein. Deshalb war eine Auseinandersetzung des als Wahrheit angesehen Evangeliums, mit dem als Wahrheit angesehen Platonismus unbedingt notwendig. Es ging nicht anders, wollte das Evangelium auch in die Nationen getragen werden. Und Gott ist EINER und der Gott aller Nationen.


Zitat Zitat von Alef Beitrag anzeigen
Statt dessen wird aber eine neue Lehre verkündet, oder gar, dass Jesus selber Gott sei, ja selbst JHWH, so ganz gegen die Torah und die Propheten (ich weiss, dass du selbst solches nicht glaubst).
Oder eben, dass Jesus angeblich der einzige Weg zu Gott sei. Eine Aussage, die ebenfalls nicht der Torah und den Propheten entspricht.
Oder dass der Mensch geistlich Tod wäre, um den christlichen Jargon zu gebrauchen, was aber durch die ganze Tenach hindurch sich nur als irrige Lehre herausstellt.
Das du dergleichen immer wieder betonst, dafür bin ich Dir sehr dankbar!

Zitat Zitat von Alef Beitrag anzeigen
Es sind „Gebote“, wo die Strichlein des Gesetzes und der Torah verbogen werden. Oder etwa nicht? Da ist eine ganz andere Lehre dahinter verborgen. Und es sind genau jene Personen (wobei ich dich da ausschliesse), die dann andere in einer Hölle schmoren sehen, welche sich dann an ihr „Gesetz“, resp. Lehre klammern.
Der christliche Dogmatismus und die "klassische Kirchenlehre" muss noch überwunden werden, da gebe ich Dir völlig Recht!

Zitat Zitat von Alef Beitrag anzeigen
Ich denke nicht, dass man die chr. Lehre auf die einfache Formel der zwei Gebote reduzieren kann. Selbst die Briefe im NT lassen solches nicht zu.
Natürlich nicht, aber diese zwei Gebote sind sozusagen die "Essenz". Wer diese "Essenz" im Herzen trägt wird in Demut seinen Weg gehen und sich nicht für das Nonplusultra halten.

LG
Provisorium