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  1. #51

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    Teil 2.


    Unter dem zunehmenden Verlust des Einflusses der Reste der einstigen israelitischen Urgemeinde, entwickelte sich auch das heutige neutestamentliche Schriftgut. Wir wissen aus der Überlieferung der Kirchenväter, dass auch die israelitische Urgemeinde neben dem Tanach eine eigene Schriftliteratur bildete, die eine Logienquelle der Worte Jesu (Urevangelium), kleinere Erzählschriften der Apostel und anderer Lehrer umfasste. Dieses Schriftgut hat allerdings die Zensur der Kirche nicht überstanden. Sehr aufschlussreich ist hier eine Aussage von Hieronymus, die uns die Brisanz dieses Schriftgutes vor Augen hält: 1. "Ein schwieriges Werk ist mir auferlegt, nachdem diese (Übersetzung) mir von Euer Hochwürden anbefohlen wurde, wovon St. Matthäus selbst, der Apostel und Evangelist, nicht wünschte, dass es offen geschrieben werde. Denn wenn das nicht geheim gewesen wäre, würde er (Matthäus) dem Evangelium hinzugefügt haben, dass das, was er herausgab, von ihm war; aber er stellte dieses Buch mit hebräischen Lettern versiegelt her und gab es noch dann auf solche Art heraus, dass das Buch, in hebräischen Buchstaben und von seiner Hand geschrieben, im Besitze der religiösesten Menschen sein sollte; die es auch im Verlaufe der Zeit von denen erhielten, die ihnen vorangingen. Aber dieses Buch selbst gaben sie niemals irgend jemandem zum Abschreiben, und seinen Text erzählten die einen auf die eine Art und die ändern auf eine andere. (Brief an die Bischöfe Chromatis und Heliodorus + de Viris Illustr., III.)

    2. Es fand sich das echte und ursprüngliche Evangelium, hebräisch geschrieben von Matthäus, dem Zöllner, in der zu Caesarea von dem Märtyrer Pamphilius gesammelten Bibliothek, "ich erhielt Erlaubnis von den Nasaräern, die zu Beroea zu Syrien dieses benützten, es zu übersetzen", de Viris Illustr., III.

    3. "In dem Evangelium, das die Nasarener und Ebioniten benützen", das ich neulich aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzte und das von den meisten Leuten (alten Kirchenvätern) das echt Evangelium des Matthäus genannt wird und in chaldäischer Sprache, aber mit hebräischen Lettern geschrieben war. (Komment. Zu Matthäus XII. 13)


    4. „Und es traf zu, dass dieses Buch … Stoff nicht zur Erbauung, sondern zur Zerstörung darbot (für die Kirche) und dass dieses (Buch) auf einer Synode approbiert wurde, worauf zu hören die Ohren der Kirche sich schicklich weigerten.“ (Aversus Haer. I. 26) Die Ursache dafür war : Das die Judenchristen, alle übrigen apostolischen Schriften verwarfen und nur dieses Evangelium benutzten (Adv. Haer; I. 26); und die sie glaubten, wie Epiphanius erklärt: „Ebenso wie die Nazarener halten sie fest daran, dass Jesus nur ein Mensch war, vom Samen eines Menschen".

    5. Hieronymus bemerkt weiter, das dieses Hebräerevangelium „häufig benutzt“ hat der Origenes, der es Evangelium der 12 Apostel nannte, worin er bestärkt wurde in seinem Glauben an die Vorexistenz der Seele. (Diese Lehre wurde von der Kirche als „jüdische Lehre“ zur Häresie erklärt) (de Viris Illustr, Adv. Haer.)

    6. Doch auch andere alte Kirchenväter kannten dieses Evangelium, angefangen von Papias, bis hin zu Julius Afrikanus und Eusebius, welche alle diese Schrift als das einzig echte Evangelium bezeichneten.

    Die heutige Textforschung weiß, dass immer wieder dieses „seltsame Schriftstück“ in apostolischer Zeit aufgetaucht ist und etliche Kirchenfürsten es nicht lesen konnten, da es in fremder Sprache (hebräisch) geschrieben war und von daher kaum Interesse fand. Fakt ist auch, die Kirche verwarf dieses Evangelium auf Grund seines jüdischen Inhaltes und der Darstellung des Juden Jesus als natürlicher Menschen und auf Grund der zu jüdisch anmutenden Lehren und stufte es letztlich als gefährlich ein. Fakt ist auch, dass die jüdischen Nachfolger der Urgemeinde dieses allein benutzten und es auch in Synagogen verbreitet war. Soweit kann die Textforschung heute, auf Grund der Zeugnisse der Kirchenväter, den Sachverhalt recherchieren. Die Frage die sich stellt und die einst schon der renommierte kath. Theologe Prof. Alfons Deißler stellte ist, wieso konnte eine Schrift, die von der Mehrheit der großen Kirchenväter als einzig echte und verlässliche Schrift eines Augenzeugen über die Person Jesu und die Lehren Jesu von der Kirche als gefährlich und zu jüdisch eingestuft werden? Was erregte die Angst der frühen Kirche, dass es zu einer regelrechten Jagd nach diesem Schriftgut kam und in Folge dessen zu einer gänzlichen Vernichtung diese Schriftgutes, ja sogar in Folge dessen diese Glaubensgemeinschaften verfolgt und vernichtet wurden?


    Mit dem entstehen des Schriftgutes im 1. und 2. Jahrhundert ist auch die intensive Auseinandersetzung um die Person Jesus ausgebrochen. Nach seiner Entjudaisierung folgte nun die Verwandlung Jesu zu einem griechisch sprechenden und denkenden Gottessohn, der seine erste literarische Vollendung im Johannesevangelium erreicht. Hier spricht Jesus in ganz klar hellenistisch belegbaren Aussagen, sein Wortschatz ist neuplatonisch, philonisch und stoisch, seine Begriffswelt ist philosophisch – philonisch bis neuplatonisch und sein Erscheinen ist antiken Gottessöhnen sehr ähnlich. Ein Meisterwerk hellenistischer Juden und philosophisch geschulter Heidenchristen, wie Sprachwissenschaftler den Verfassern dieses Evangeliums bezeugen.

    Ein weiterer Wesenzug des gesamten neutestamentlichen Schriftgutes ist, dass es ausschließlich alle Vergleichsstellen zum alten Testament aus der Septuaginta bezieht und auch damit theologisch eine neue Christologie begründet, die mit der hebräischen Version des Tanach nie möglich wäre. Angefangen von der Jungfrau bis hin zum Einritt Jesu in Jerusalem auf zwei Eseln bis hin zu „biblischen“ Zitaten, die angeblich Jesus gesagt haben soll, die allesamt so nicht im hebräischen Tanach stehen, jedoch teilweise in der griechischen Septuaginta, zeigt sich die Bandbreite der theologischen Umdeutungen und Umgestaltungen der Person Jesu auf die Bedürfnisse einer hellenistischen Welt, die es für den neuen Glauben zu gewinnen galt.

    Schon um 200 bemerkte Tertullian die zunehmenden Ähnlichkeiten Jesu mit hellenistischen Gottessöhnen und hier insbesondere mit dem Mithraskult. Sein logischer Schluss daraus zeigt jedoch deutlich das Selbstverständnis des frühen Christentums. So argumentiert Tertullian, dass der Teufel selbst Jesus nachäfft in Form ähnlicher Kulte. Das allerdings der Mithraskult schon um 600 v. u. Z. gut bezeugt ist, verschweigt er tunlichst. Gleiches trifft auch auf andere Kulte zu, wie ich schon aufgezeigt habe.
    Noch deutlicher wird das gesagte an den theologischen Diskussionen der ersten 3. Jahrhunderte, die davon geprägt sind, das Christentum zur Weltreligion um zu gestalten und damit auch die Person Jesus. Der Wichtigste Faktor ist hier die „Vergottung“ Jesu. Dies geschah schon im entstehen der N.Tlichen Literatur und wurde noch wesentlicher in den folgenden Jahrhunderten betrieben.
    Unmöglich kann ich hier die gesamte Entwicklungsgeschichte aufzeigen, jedoch an markanten Beispielen großer Frühchristlicher Theologen anführen: Einer von diesen war Origens, ein alexandrinischer Christ, den sogar Prophyrios (größter Gegner des Frühchristentums) schätzte. Origenes der als einer der größten Redaktoren der neutestamentlichen Schriften hervortrat, war zugleich auch einer der Wegbereiter für ein neues, nach hellenistischen Kulten geprägtes, klar strukturiertes Christentum. Sein hellenistisch geprägtes Bibelverständnis ist bis heute gängige Praxis aller Christen. Gleich wohl er von der späteren Kirche verbannt wurde und ebenso ein Teil seiner Lehren, wurde doch sein Theologieprinzip zur gängigen Praxis christlicher Exegese. Seine neuplatonische Christologie wurde zum Grundbaustein der Lehre der Kirche, die durch seinen christlichen Gegenspieler Tertullian noch seine lateinischen Einflüsse erhielt. In engster Anlehnung an Ammonios Sakkes, der auf dem Timaos Platons fußte, lehrte Origens als Erster eine Dreigliederung Gottes und zugleich der drei göttlichen Teilganzen zueinander als Homoousios (von gleicher Substanz), Logos aus Logos. Das war zur damaligen Zeit so revolutionär für das Christentum, dass Origenes gerade zu mörderische und kriegerische Aktivitäten unter den Befürwortern und Gegner innerhalb des Christentums auslöste. Die Synthese war damit vollzogen. Origenes schafft es sogar durch seine einzigartigen und nie wieder erreichten Auslegungsmethoden, alle großen Philosophen in den Dienst des Christentums zu stellen (z.B. Platon, Aristoteles, etc.), indem er alle christlichen Sätze mit denen der Philosophen in Einklang und Übereinstimmung bringt. Endgültig und ohne Umkehr war das Christentum in der hellenistischen Welt angekommen, ja geisteswissenschaftlich verankert.
    Auch wenn Tertullian gegen diesen Neuplatonismus des Christentums ankämpfte = Zitat: „Jeder unserer Handwerker hat Gott gefunden, den Platon nicht gefunden hat. Was haben ein Philosoph und ein Christ, der Schüler Griechenlands und der des Himmels, der Verfälscher der Wahrheit und ihr Erneuerer, ein Dieb und der Wächter der Wahrheit gemeinsam? Mit Christentum haben sie nichts zu tun, wohl aber mit Ohrenkitzel, Torheit, Dämonentum, und nähern sie sich einmal der Wahrheit, sei es Zufall oder Diebstahl“. (Tert.apol. 24,38,42,46; praesc. haer. 7,14; Tert.apol. 19; anima 1f.;spect.17,29; etc); und lieber dem römisch Prinzip folgte, setzte er ebenso auf eine hellenistische Karte, die Stoa. Die Nachfolger Tertullians - insbesondere Cyprian (von ihm stammt das Nazischlagwort: Der Teufel ist des Juden Vater.), haben Tertullians Thesen überarbeitet und für eine kirchliche Einheitsgemeinde zurecht geformt. Er war der Erste, der von einer Trinitas Gottes sprach und damit den römischen Staatskult dem eine Trinitas vorstand dem Christentum anglich. Lactantius, ein hausgemachter Stoiker der insbesondere in all seinen Ausführungen stark an Cicero anlehnt, gibt der Kirche endgültig den römischen Einschlag vor.
    Bezeichnend ist für diese Zeit, dass man gar keinen Hel daraus machte, wörtliche Zitate der hellenistischen Philosophen zu benutzen, taten dies ja die Autoren der Johannesschriften und ein Paulus gar selbst auch. Die Rechtfertigungslehre belegt zugleich, dass man die Philosophie als göttliches Hilfsmittel verstand, und zwar überall dort, wo sie sich in das christliche Lehrgebäude einfügen lässt (Origenes). Hier wird sich, von der Kirche, auf die apostolische Tradition berufen, auf Johannes und Paulus, wie schon ausgeführt.
    Deutlich wird das gesagte z.B. an Bischof Iustinus (um 165) der sich selbst als Philosoph verstand, ganz offen einen Philosophenmantel und den damals üblichen Philosophenbart trug und ganz massiv die hellenistische Philosophie dem Christentum einverleibte und erklärte, dass das Christentum der Höhepunkt der der Philosophie sei. Sein Popularplatonismus mit kräftigem philonischen - stoischem Einschlag, womit er sich selbst als apologetischer Traditionsnachfolger des Apostel Paulus legitimierte, offenbart die Entwicklung des Frühchristentums gerade zu exemplarisch. Ganz deutlich spricht dafür seine Lehre vom logos spermatikos (der befruchtende Logos) welcher von den alten Propheten schon immer verkündigt worden sei, aber durch die Dämonen verdunkelt worden sei, aber durch die Philosophie offenbar geworden sei. Er ist der Logos Christus, das Mensch geworden Wort, die reine himmlische Lehre. Hier zeigt sich nicht nur deutlich das sophistische Lehrgut, das gerade zu Wortwörtlich übernommen wurde, sondern es beinhaltet zugleich die stoische Lehre über die ablehnende Haltung zu den Kulten.

  2. #52

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    Teil 3.

    Natürlich gab es auch von Seiten Hellenistischer Philosophen deutliche Worte zu der Inanspruchnahme ihrer Philosophien, Theologien und Kulte für das neue christliche Lehrgebäude.

    Insbesondere in Plotin, dem größten Gelehrten der Epoche, sah das Christentum einen ernsten Gegner, der sich vorzüglich im christlichen Schriftgut auskannte. Er selbst empfand das Christentum als: „barbarische Verdrehung platonischen Lehrgutes“. Doch dem Christentum damaliger Zeit sollte noch ein größerer geistiger Gegner begegnen - Porphyrios (234-301 n.Ch.). Porphyrios war nicht nur ein Schüler Plotins sondern auch dessen Biograph. Er war geradezu ein leidenschaftlicher Gegner des Christentums und zugleich wohl auch einer der besten Kenner dessen. Er zeigte nicht nur die Widersprüchlichkeiten der Überlieferungen über Jesu auf, die sich z.B. in den Evangelien befinden, was ja schon Origenes zu erklären suchte, sondern bewies mit hohen Sachverstand, dass, das Christentum in sich ohne eigene Ideen wäre und nur aus Diebstahl vom griechischen Mythos und hellenistischer Philosophie besteht. Er nannte Paulus einen widerspruchsvollen Sophisten, da er schon in seinen Briefen widerspruchsvolles sophistisches Glaubensgut verwandte. Für ihn war das Christentum unlauter und geprägt voller Lügen. Die ersten Bücherverbrennungen der Christenheit galt den Werken des Porphyrios, den es vermochte nicht ein einziger Theologe seiner Zeit, ihn auch nur im Geringsten zu widerlegen, wie Zeitgenossen berichten. Was den genauen Inhalt seiner Werke betrifft, so wissen wir nur sehr wenig - außer aus Zitaten. Es ist davon auszugehen, dass er das Urevangelium kannte - also die historische Überlieferung über Jesus, die längst schon von der Kirche abgelehnt bzw. nur bedingt angenommen wurde. Es mag wohl dahingehend seine Begründung finden, was seine massive Ablehnung einer Göttlichkeit Jesu erklärt (Makarios 3/15 - 4/24; Halbfaß-Porphyriosschriften).
    Die massiven Angriffe hellenistischen Philosophen auf das Christentum, die dazu führten das sich immer wieder massenweise Christen vom Christentum lossagten, hatte oft bedrohliche Ausmaße für diese Neue Religion angenommen und erzeugte eine Trendwende in der Theologie des Christentums. Vermehrt traten nun hochgradig geschulte Philosophen und Theologen im Dienste des Christentums auf, die nicht nur vorzügliche Kenner hellenistischer Philosophie waren, sondern mehr noch sich in dessen Mysterienkulten auskannten. Es ist die „Geburtsstunde“ der sog. „apostolischen Väter“, die maßgeblich am Werden und Wachsen einer Religion des Christentums wirkten und auch ihre neutestamentliche Redaktionsarbeit war nicht unerheblich für diesen Entwicklungsprozess.

    Ein ganz klassisches Beispiel hierfür ist die Magoigeschichte des Matthäusevangeliums.

  3. #53

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    Teil 4.

    Es gibt Themen in der Textforschung, da wird leidenschaftlich gekämpft, um jedes Wort gestritten und davon gibt es wahrlich viele im Bezug auf das N.T. Dann gibt es Themen, zu denen man nur wenig Aussagekräftiges hört, es sind die sog. Stiefkinder der Textforschung.

    Eines davon und hier herrscht auf ganzer Bandbreite höchste Stille, ist die Frage nach den Magoi, welche zuerst zu Weisen gemacht und dann zu Königen umfunktioniert wurden. Dieses Sondergut des Matthäus wurde schon in frühester Zeit prächtig ausgemalt und zum kulturellen und volkstümlichen Event der Christenheit.

    Die ernsthafte Textforschung ist sehr schweigsam (gemessen an den Forschungsergebnissen zu anderen Fachgebieten) und zeigt nur wenig Interesse an diesem Sondergut, dass noch immer eine Menge an Fragen offen lässt. Insbesondere der, wie kommt diese antike Geschichte in das Evangelium.

    Ganz sicher wissen die Textforscher, dass allein schon das Wort Magoi einen ganz bitteren Beigeschmack hat, bezeichnet es doch in der jüdisch antiken Literatur eine Personengruppe, welche als Wahrsager, Dämonenzauberer und Mysteriendiener, ein Berufsstand war (JA 10/ 195, 216, de Vita Moysis 1/92). Zugleich kennen diesen Berufsstand natürlich auch die antiken Autoren und Cicero weiß z.B. von ihnen zu berichten, dass sie es waren, welche einst über Alexander den Großen eine wundersame göttliche Geburt voraussagten (Herodot Historien I 120, 128).

    Selbst im N.T. taucht, neben Matthäus, diese Gruppe, noch einmal auf. Simon der Magoi (Apg. 8) und auch in Zypern findet man solche (Apg. 13). Hier jedoch mit einem beträchtlichen negativen Hintergrund. Das hier Juden als Magoi anzutreffen sind mag nicht verwundern, wenn man sich dazu Shabbat 75a anschaut, wo wir erfahren, dass es Juden in damaliger Zeit gab, die sich dieser Gruppe von Magoi anschlossen.

    Doch auch im Tenach finden wir diese Magoi wieder. Hier ist namentlich Bileam benannt, der einst verkündete, aus dem Hause David wird ein Stern hervorgehen. Allerdings sind sich auch die Autoren des N.T. einig, dass Bileam nur wenig Gutes zugesprochen werden kann (2. Ptr. 2/ 15-16, Jud. 11, etc.). Das deckt sich gänzlich mit der jüdischen Ansicht über Bileam und seine Berufskollegen.

    Was wissen wir über diese Magoi? Philo kennt sie persönlich und nennt ihren eigentlichen Ursprung aus Persien kommend, welche sich jedoch über die ganze „Welt“ bis nach Ägypten verbreitet haben (De vita Moysis 1/92). Dieser Aussage stimmt das N.T. zu, die ihre Verbreitung bis nach Zypern erwähnt. Philo berichtet weiterhin, dass diese Magoi hoch gebildete Wissenschaftler waren (De specialibus legibus 3, 100) Was wir auch wissen, dass es nur zwei Gruppen in der Antike gab, welche sich so bezeichneten. Zum einen die Priester des Zarathustrakultes, welche jedoch kaum die Grenzen Persiens überschritten und die Priester des Mithrashkultes, der aus dem Zarathustrismus hervorging, welche im ganzen antiken Raum – von Indien bis nach Germanien anzutreffen sind.
    Die mithräischen Magoi waren ähnlich wie die altägyptischen Priester, nicht nur durch den Stand als Priesterkaste hervorgehoben (Priesterkaste der Mader), sondern Kultbewahrer und Meister auf dem Gebiet der Astronomie und Sterndeuter und ebenso auch Missionare, welche ihren Glauben an den „Sohn Gottes“ Mitrash als Weltenheiland verkündeten.
    Diese Aussage bestätigt auch der Kirchenhistoriker Eusebius und Origenes (Demonstratio evangelica 9/1 + Homilie zu Numeri 13/7). Insbesondere führt Eusebius aus, dass die Magoi am kaiserlichen Hofe hoch geschätzt sind (Konstantin förderte sie ebenso zeitlebens), weil insbesondere ihre Himmelschauen und Vorhersagen als sehr zuverlässig galt. Nicht selten spielten sie im Machtpoker um den Kaiserthron von Rom eine bedeutende politische Rolle. Insbesondere dadurch gelang es ihnen den Mithraskult im ganzen Imperium Romanum zur vorherrschenden Kultreligion auszuweiten, welcher später als Sol Invictuskult zum ersten römischen Staatskult wurde.
    Äußerlich waren die Magoi sehr auffällig durch ihre Rote Kopfbedeckung den phrygischen Mützen erkennbar. Mithras selbst erscheint in Fresken und Skulpturen mit dieser Mütze.
    In der S.-Domitilla-Katakombe, wo eine der ältesten christlichen Darstellungen der 4 Weisen (dazu später mehr) dargestellt ist, finden sich ebenso solche Kopfbedeckungen, wie im Mithraskult üblich und gerade die Geburtskirche in Bethlehem verdankte diesem Fakt ihre Verschonung durch die Perser, da sie in ihr auch eine Kultstätte ihres Gottes erkannten.
    Diese Kultbedeckung erfreute sich noch lange Zeit als Modeerscheinung und selbst die guten deutschen Gartenzwerge dürfen sich einer reformierten phygischen Mütze erfreuen.

    In frühgeschichtlichen Darstellungen der Magoi schwankt die Zahl zwischen 2 und 12 Personen. Doch schon Anfang des 3. Jahrhunderts spricht der Theologe Origenes wegen der drei Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe von drei Männern. Jedoch erst im 6 Jahrhundert setzten sich die Dreizahl und zugleich auch die angebliche Königswürde durch. Klar ist Matthäus verschweigt die Anzahl der Personen.

    Wie kommen nun genau die Magoi in das Matthäusevangelium? Hier ist sich die Forschung noch uneins und es gibt verschiedene Thesen dazu. Klar ist, dass im Ursprungstext weder etwas von der Geburt Jesu noch von den Magoi gestanden hat. Diese Texte gehen auf wesentlich spätere Traditionen zurück, welche nicht vor 100 n. Chr. entstanden sein können und wohl frühestens um 120 n. Chr. ihren Eingang in dieses Evangelium gefunden haben können. Hier liegt auch der eigentliche Hintergrund der Magoigeschichte. Ausschlaggebend dafür ist auch das Verbreitungsgebiet dieses Evangeliums.

    Doch schauen wir uns erst einmal in der Antike um, ob es eine Vorlage zu dieser Geschichte gibt und man wird nicht lange suchen müssen und wir finden eine solche Geschichte wieder, nämlich aus den späten fünfzigern oder frühen sechziger Jahren des 1. Jahrhunderts, welche uns Plinius der Ältere und Casius Dio überliefert hat (Naturgeschichte des Pl. 30, 6 16 – 17 + römische Geschichte C.D. 63/1-7). Hier berichtet Plinius und Casius, dass ein großes Gefolge von Magoi, kommend aus dem östlichen Reich (Armenien) unter Führung des Königs Tiridates nach Rom zog, um den neuen Gottkönig Nero zu huldigen. Ganz abgesehen von den Huldigungsgeschenken, welche Nero in Übereinstimmung zu Matthäus überbracht wurden, ist erstaunlich, dass besagter Tross, gleich wie bei Matthäus erwähnt, auf anderem Wege zurückkehrt. Erstaunlich ist auch, dass die Sterndeuter laut Matthäus Jesus in einem Haus auffinden und nicht in einer Höhle wie bei Lukas. Dieses Haus „OIKIA“, wie es im griechischen Text heißt, ist ein Wohnhaus und kein Stall oder eine schäbige Behausung, sondern wird in antiken Texten sogar mit Kaiserhaus verwendet. Ein deutlicher Gegensatz zu Lukas!

    Tatsache ist, dass der Besuch der Magoi am Kaiserhof des Nero ein außergewöhnliches Ereignis war, welcher sich mehrfach in antiken Texten widerspiegelt. Dass die Reise des Königs Tiridates dann auch noch durch Syrien – im Grenzgebiet zu Israel vorbei ging, mag letztendlich einiges erklären. Denn genau dort, in Syrien entstand das heutige Matthäusevangelium.

    Doch noch ein wesentlicher Fakt ist wichtig und hieraus erklärt sich die Bedeutung der Geschichte letztendlich und schlüssig. Der Mithraskult war der schärfste Konkurrent des frühen Christentums und wir wissen aus den Kirchenvätern selbst, dass gerade diese Magoigeschichte gerade bei den Mithrasanhängern nicht ohne Einfluss blieb. Hier ist sich dann letztendlich die Forschung auch einig, diese Geschichte ist eine Missionsgeschiche, welche ursprünglich auf eine ganz bestimmte Gruppe abzielen sollte, welche ihre intensivste Verbreitung gerade in Syrien fand, den Mithrasanhängern. Doch noch ein Fakt ist hier nicht außer Acht zu lassen und dieser ist mit dem Namen Nero eng verbunden. Nero, der als erster Kaiser dem jungen Christentum Grenzen setzte, wird die Huldigung Jesu entgegn gehalten, so zusagen als Pandon und Vis a Vis. Jesus ist der wahre König von Gott bestimmt und nicht Nero. Und genau dieser Fakt wird von späteren Kirchenvätern aufgegriffen, welche die Magoi des Nero als „von Dämonen beschwatzte“ bezeichnen.


    Ich meine, eine denkwürdige Geschichte.
    Aus dem Hintergrund, dass die Evangelien, so wie wir sie heute vor uns liegen haben, in erster Linie Missionsschriften sind, ist es eine gängige antike Praxis, welche uns hier begegnet. Selbst die römischen Kaiser änderten die Geschichte zu ihren Gunsten und da nahmen sie schon Anlehnung bei den alten Ägyptern (Ramses II), der propagandistisch verloren Kriege zu Siegen umzumünzen wusste.

  4. #54

    Standard

    Teil 5.

    Im Verlauf von einhundert Jahren schaffte es das Christentum sich so der hellenistischen Philosophie zu bemächtigen, dass es kaum noch ernsthafte Gegner aus diesem Spektrum gab. Viel mehr tobte der innerkirchliche Streit zwischen Hellenisten und Lateiner. Neben dem Streit um die kanonischen Schriften, tobte besonders ein Machtkampf unter dem in sich gespaltenen Christentum um die Vorherrschaft. Dies ging sogar soweit, dass 217 n.Ch. ein heidnische Kaiser in die Tumulte einschreiten musste, weil er das öffentliche Leben in Rom gestört sah.
    Ein Bild wird uns von Celsus überliefert, welches hier Beispielhaft angeführt werden soll. So berichtet Celsus im späten 2. Jahrhundert, als sich gerade die katholische Kirche konstituiert: „Seit die Christen zu einer Menge angewachsen sind, entstünden unter ihnen Spaltungen und Parteien, und ein jeder wolle sich - denn danach trachten sie von Anfang an - einen eigenen Anhang schaffen. Und infolge der Menge trennen sie sich wieder voneinander und verdammen sich dann gegenseitig; so dass sie sozusagen nur noch eins gemeinsam haben, nämlich den bloßen Namen - im übrigen hält es von den Parteien diese so und jene anders“. (Orig. c. Cels. 3.10) So opferten die einen Christengruppen ohne innere Glaubenskonflikte römischen Kaiserbildern, wenn es von ihnen gefordert wurde, wofür andere hingegen ihr Leben ließen, weil sie es nicht mit ihren Glauben vereinbaren konnten, Kaisern göttliche Huldigungen zu erteilen. Ob so oder so, sie alle nannten sich Christen und beriefen sich auf die Bibel und die wahre Ecclesia zu sein. Für die einen war es Gehorsam gegenüber der Obrigkeit, für die anderen Götzendienst. Es mag nicht verwundern wenn wir erstaunt feststellen müssen, dass es nie eine wirklich große - alle Gläubigen umfassende Christenverfolgung durch das ganze römische Reich gab, gleich wohl wir von den Kirchen anderes schon gehört haben. Es gab regionale Verfolgungen die im Wesentlichen aber davon abhing, welche Prägung diese Christengruppen hatten.

    Im frühen 3. Jahrhundert kennt Bischof Hippolyt von Rom 32 konkurrierende christliche Sekten. Am Ende des 4. Jahrhunderts nennt Bischof Philaster von Brescia 128 christliche Sekten und 28 Häretikerpartein.


    Der Historiker Carl Schneider berichtet über diese Zeit: ”...Nach dem Vorbild der Philosophenschulen suchten diese Bischöfe (z.B. von Rom) sich durch Traditionsketten zu legitimieren, die möglichst bis hin zu den Aposteln reichen sollten. Dieses Verfahren unterscheidet sich in nichts von dem Bestreben späterer Philosophen, zu Sokrates, oder späterer Herrscher, zu Alexander (dem Großen - Herrscherideal der römischen Cäsaren) die Verbindung zu knüpfen. So entstanden nicht nur gefälschte Bischofslisten, sondern auch die Behauptung, dass Tradition die Reinheit der apostolischen Lehre garantiere. ... Aber die Kämpfe verlagerten sich nur auf andere Ebenen und wurden umso heftiger, je mehr Anhänger der Philosophenschulen und andere Gebildete Christen wurden. Ihnen gegenüber fühlten sich aber die kleinen Handwerker, Sklaven, Ungebildeten, denen das Christentum ein starkes Selbstbewusstsein gegeben hatte, als wahre Philosophen; teilweise wurden sie sogar noch bildungsfeindlicher, je mehr sie Bibelworte und oft unverstandene Begriffe verwenden konnten. Die Streitigkeiten, deren Leidenschaftlichkeit wuchs, hatte im Osten mehr spekulative, im Westen mehr praktische Gründe. Aber scharf lässt sich das nicht trennen. Überraschend ist nur, mit welcher Gehässigkeit sie ausgefochten wurden, besonders in den Zeiten, in denen die Kirche vom Staat in Ruhe gelassen wurde. Bischöfe und Laien, die wie Dionysios von Korinth (ca. 170), sich ehrlich um Frieden bemühten, waren selten und hatten wenig Erfolg. Es gab schon im 2. Jahrhundert zu viele Bischöfe, die ihre Macht besonders über die kleinen Kreise mit dem Charisma veritalis verwechselten” (Prop., Bd. 4-S. 456).

    Diese beiden Formen - die hellenistische und lateinische Theologie - der Neuplatonismus und die Stoa, werden zum Maßstab der Kirche, vor der großen Wende – mit der das Christentum seinen Aufstieg zur Staatsreligion begann. Notwendige Reformen dazu waren noch nötig, doch der Weg dahin wurde durch die Theologie geschaffen, die es ermöglicht hat jüdisches Glaubensgut und messianische Hoffnungen, so der antiken Welt anzupassen, dass es die Welt erobert. Der Preis dafür war allerdings sehr hoch, die Verleugnung seiner Herkunft aus dem pharisäischen Judentum, die Verteufelung allen israelitischen und die Verketzerung des Judentums. Es mag nicht erstaunen, wenn z.B. auf der Synode von Elvira (306) es unter strengster Strafe untersagt wird, mit Juden zu essen, Mischehen einzugehen, ja der Kontakt mit Juden den Ausschluss von der Kommunion bedeuteten kann (Syn.Elv.c.16:49;78,etc.). Das Christentum ist hellenistisch geworden und begann mehr und mehr seine israelitischen Wurzeln nicht nur zu verleugnen, sondern zu beseitigen. Nicht nur Kult und Feiertage betraf dies, sondern ganz besonders den Juden Jeschua, der zum hellenistischen Jesus Christos wurde, ein Begriff, den das Judentum so nie kannte.

    Noch heute können wir die antiken Bildnisse des Jesus Christos sehen, welcher mit dem Strahlenkranz des Sol-Invictus (römischer Staatsgott) und als Imperator Rex (göttlicher römischer Weltenherrscher), die neue Religion zum Siegeszug in Europa führte. Mit einem jüdischen Rabbi aus dem Dorf Nazareth wäre ein solcher Erfolgszug zu einer religionspolitischen Weltmacht, die letztlich zum einzigen Erbe des Imperium Romanum wurde, nicht zu machen gewesen. Es bedurfte der Integration der antiken Kulturen und Religionen, um diese Erfolgsgeschichte schreiben zu können. Allein das Christentum bot diese integrative Kraft an und hierin liegt das Geheimnis der Erfolgsgeschichte, die auf einem anderen Erdteil ein Mann Namens Mohamed kopierte und dort ebenso zum Erfolg führte. Das integrative Prinzip ist bei beiden Religionen, dem Islam und dem Christentum völlig identisch.

  5. #55
    Registriert seit
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    Auf Gottes Erde
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    Standard

    Lieber Absalom,
    wieder meine herzlichsten Dank und für die heissen Tage wünsche ich dir einen leichten kühlen Wind.
    LG Martin

  6. #56

    Standard

    Lieber Martin, gerne doch!

    Ich werde mich ab nächster Woche einmal für 5 Wochen in den Urlaub versenden.

    Zumindest habe ich mir selbst versprochen kein Buch anzurühren!

    Dir auch einen schönen Sommertag!

    Absalom

  7. #57
    Registriert seit
    18.08.2008
    Ort
    Auf Gottes Erde
    Beiträge
    285

    Standard

    Hi Absalom,
    eine schönen Urlaub wünsche ich dir. Der Vorsatz kein Buch anzurühren impliziert eine erhöhte durchschnittliche Lesebereitschaft. Na dann, : -)
    Ich habe noch 14 Tage bis zu meinem Urlaub. Ich werde im August eine Woche in Taize verbringen. Ich freue mich scon drauf.
    LG Martin

  8. #58
    Obertonmusik Gast

    Standard

    @Absalom und
    Martin



    Schönen Urlaub !

  9. #59

    Standard

    Zitat Zitat von Martin Beitrag anzeigen
    Hi Absalom,
    eine schönen Urlaub wünsche ich dir. Der Vorsatz kein Buch anzurühren impliziert eine erhöhte durchschnittliche Lesebereitschaft. Na dann, : -)
    Ich habe noch 14 Tage bis zu meinem Urlaub. Ich werde im August eine Woche in Taize verbringen. Ich freue mich scon drauf.
    LG Martin
    Dann wünsche ich dir eine besonders innige und besinnliche Zeit!

    Absalom

    Ps.: Ich bin lesesüchtig ggg

  10. #60

    Standard

    Zitat Zitat von Obertonmusik Beitrag anzeigen
    @Absalom und
    Martin



    Schönen Urlaub !
    Vielen Dank!


 

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