@Alef,
eigentlich habe ich tatsächlich nur noch das Bedürfnis jetzt mal Ruhe zu geben, weil ich auch das Gefühl habe, dass wir uns ansonsten im Kreis drehen und nicht wirklich weiter kommen.
Aber zu einer Aussage von Dir möchte ich trotzdem noch kurz was sagen, weil mir an diesem Punkt eben so klar zu Bewusstsein kommt, dass man meinen Standpunkt nicht richtig versteht.
Du meintest:

Zitat von
Alef
Können Glaubenswege und Glaubensweisen wirklich „gleichwertig“ sein? Wenn ich einen Stein zu meinen Gott mache? Ich würde dies mal eher verneinen, da dann der Jihad und anderes gutgeheissen werden müsste (was insbesondere ja westliche Länder auch teilweise machen). Ja, ich weiss, es ist ein extremes Beispiel, und das Thema war auch schon hier. Aber nur mit dem Extremen, mit Worstcase lässt sich ein Szenario auf Tauglichkeit prüfen, denn da werden dann erst die WENN und ABER laut.
Ganz ohne Wenn und Aber, Alef, den Jihad muss man als Glaubensweg auf gar keinen Fall gut heißen.
Als ganz normaler Mensch habe ich natürlich auch ganz normale Vorstellungen und Meinungen zu den Dingen, die sich hier auf Erden vollziehen. Manches finde ich gut, manches schlecht und wiederum anderes lehne ich auch völlig ab und wende mich sogar dagegen.
Und wenn Menschen glauben ihre ganz bestimmte Vorstellung von Gott, oder irgendeine Form von Ideologie verbindlich machen zu wollen/müssen und es deshalb z.B. auch in Kauf nehmen einen anderen Menschen zu töten oder seiner Freiheit zu berauben, dann sage ich ohne Wenn und Aber das dies nicht richtig ist.
Tatsächlich argumentiere ich dann durchaus auch mit meiner Vorstellung von Glauben und lege z.B. dar, warum ich nicht glaube, dass man den Willen Gottes tun kann. Das habe ich in diesem Thread hier auch schon näher erklärt und deshalb will ich das jetzt gar nicht wiederholen.
Ein Jihadist wird aber sicher dagegen argumentieren und behaupten, dass gerade sein Verhalten gottgefällig und auch gottgewollt ist und so käme ich dann mit diesem gläubigen Menschen ins Gespräch und wir würden unsere Argumente austauschen.
Wahrscheinlich würden wir am Ende nicht wirklich eine gemeinsame Basis finden, aber das muss auch gar nicht so unbedingt sein. Aber immer würde ich einem anderen gläubigen Menschen sagen, dass ich allein aus meiner menschlichen Position heraus argumentiere und ich würde auch behaupten und versuchen darzulegen, dass man immer nur aus dieser Position heraus argumentieren kann.
Die Gleichwertigkeit unserer unterschiedlichen Glaubenswege liegt also nicht darin begründet, dass wir der gleichen Meinung sein müssen, sondern dass wir alle beide nicht dazu in Lage sind, die Position Gottes einzunehmen und deshalb auch nicht bestimmen, nicht wissen können, welchen Wert Gott dem jeweiligen Glauben und dem damit verbundenen Weg tatsächlich beimisst. Wir können über den Wert des Glaubens immer nur dann streiten, wenn wir Gott in einem ganz bestimmten Bild begreifen und ihn mit bestimmten Vorstellungen verknüpfen. Diese Bilder sind es, über die wir streiten. Und deshalb behauptet die negative Theologie ja auch unter anderem, dass man Gott nicht in einem ganz bestimmten Bild festhalten und ihn damit identifizieren kann, weil wir immer nur Aussagen über einen gedachten Gott machen können und nicht über einen wesenhaften.
Diesen gedachten Gott haben wir aber selbstverständlich alle, die über Gott nachdenken, über Heilige Schriften sinnieren, oder uns mit anderen Gläubigen austauschen. Das muss halt so sein, weil wir sonst nicht über Gott sprechen könnten. Aber ich persönlich glaube nicht an meinen gedachten Gott. Meine Gedanken, meine Philosophie ist nur Annäherung, Bewusstmachung, aber kein echtes Verstehen, kein echtes Erkennen.
Ich übe in meiner "spirituellen Praxis" Gott bildlos zu erkennen. Mein Glaubensweg ist nicht wollen, nicht wissen, nicht haben, die Gedanken sein zu lassen, das Leben sein zu lassen. Ich spüre meinem Wesen nach und da wo ich mich finde, da lass ich von mir ab. Ich übe Kapitulation, ich bestimme nicht was Gott will und was er nicht will. Ich will mich ganz lassen und gelassen sein. Ich glaube nicht, dass ich für Gott etwas tun muss, ich glaube nicht, dass man für Gott etwas tun kann. Ich tue für mich und andere Menschen, aber nicht für Gott. Ich glaube daran, dass ich mit Gott schon ganz eins bin, ich glaube nicht daran, dass ich noch etwas dafür tun muss, noch tun kann, um mit ihm eins zu werden.
Der Jihadist glaubt im Außen ein Gottesreich gründen zu müssen, ich glaube aber, dass das Reich Gottes nicht außen ist, noch errichtet werden könnte, sondern im Innersten jeder menschlichen Seele bereits substantiell errichtet ist. Nur Bilder und Vorstellungen bringen uns diesem Reich nicht näher, es schafft nur Unterschiede und Streit zwischen den Menschen.
Gleichwertig ist der Mensch in Gott und ich glaube daran, dass der Mensch immer schon in Gott ist. Nicht als Kreatur, sondern als substantielles Sein, im tiefsten innereren seines Wesens. Jeder wesenhafte Glaube ist deshalb eine Annäherung an Gott und darüber brauchen wir nicht streiten. Aber worin sich ein Glaube mitteilt, was er für Früchte trägt, was er neben seinem wesenhaften Sein noch so alles verbindlich macht, darüber darf ich aus meiner persönlichen Sicht und menschlichen Vorstellung heraus schon streiten, weil dies von meiner individuellen Perspektive aus völlig unterschiedlichen Wert haben kann. Und das ohne Wenn und Aber.

Zitat von
Alef
Provisorium, du meinst, dass Religion für den Menschen gemacht sei. Von wem ist sie „gemacht“?? Was für Vorstellungen braucht denn der Mensch? Sicher ja, es ist vieles Tradition, nur, worauf beruh t die Tradition? Welchen Inhalt hat sie?
Dazu wirklich nur ganz kurz: Der Mensch hat die Religion gemacht und mit verschiedenen Inhalten gefüllt. Aus der Einheit heraus sind verschiedene Vorstellungen von Gott getreten und insofern auch unterschiedliche Religionen, die uns ursprünglich eigentlich nützlich sein sollten. Je mehr sie sich jedoch verfestigten und am Unterschied festhielten, desto gefährlicher wurden sie leider auch. Deshalb möchte ich persönlich gerne von diesen Vorstellungen lassen und zurück in die Einheit treten.
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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