Alle sinnlichen Genüsse regen bei edlen Naturen den Geist an. Bei unedlen Naturen jagen sie ihn davon. - Waldemar Bonsels
Von der Natur aus gibt es weder Gutes noch Böses. Diesen Unterschied hat die menschliche Meinung gemacht. - Sextus Empiricus
)O(
Natürlich gibt es historische Vorlagen. Diese Stammen zumeist aus mündlichen Überlieferungen, welche dann schriftlich (z.B. durch Römer, Griechen, Christen etc) festgehalten wurden. Es gibt archäologische Befunde, die nicht selten konträr zu den Überlieferungen stehen. Es gibt schriftliche Aufzeichnungen (Sumerer, Babylonier, Ägypter, Israeliten), die alle auch Überlieferungsmaterial aus vorhergehenden Zeiten aufgreifen und überliefern. Und ohne Zweifel kann man heute sagen, ja es gibt einen Archetyp von Grund- Urreligion, der sich bis heute in allen Religionen erhalten hat. Dazu kamen dann kulturelle / wirtschaftliche und historische Entwicklungen, welche ebenso Religionen geformt und verändert haben. Also den Archetyp individualisiert haben. Alle Religionen sind entwicklungsgeschichtlichen Veränderungen unterworfen und sind dem Werden und Vergehen unterworfen. Nur wenige haben es geschafft bis in unsere Zeit zu überdauern und nicht von anderen kulturellen Zivilisationen und deren Religionen „gefressen“ zu werden. Entscheidend dafür ist ausschließlich die Reformbarkeit einer Religion. Je dogmatischer eine Religion ist, umso militanter ist diese und umso geringer ist ihre innere und äußere Überlebensstärke. Das sind Religionswissenschaftliche Binsenweisheiten, die man anhand der Religionsgeschichte der Menschheit sehr gut belegen kann.
In jeder Fortentwicklung einer Religion finden auch immer gewisse Archetypen ihren Platz, die man ebenso in alten – vergangenen Religionen Widerfinden kann. Keine Religion erfindet sich neu oder selbst, sondern integriert immer ganz wesentliche Anteile aus verschiedenen Religionen. Umso mehr, wenn diese in Konkurrenz zu etwaigen gleichgroßen Religionen steht oder in Begriff ist eine andere Religion zu verdrängen. Es findet dann immer eine Integration „fremder“ Wesensinhalte statt, um an Attraktivität zu gewinnen und etwaige Gegner für sich zu gewinnen. Man nennt das im wirtschaftlichen Sprachgebrauch auch Produktangleichung.
Anhand des Christentums oder des Islam, also sehr jungen Religionen, die zudem noch eine sehr gute schriftliche Religionsgeschichtliche besitzen kann man diesen Werdegang sehr gut beschreiben und nachvollziehen.
Schluss endlich könnte man durchaus mit Kohelet sagen, es gibt nichts neues unter der Sonne, alles war schon einmal da. Genau dieses Fazit kann auch die Religionsgeschichte ziehen.
9. Das, was war, es ist das, was sein wird. Und das, was getan wurde, ist das, was getan wird. Und es gibt nichts völlig Neues unter der Sonne.
10. Gibt es ein Ding, von dem einer spricht: "Siehe, das ist neu"? Es war längst in den Zeiten, die vor uns waren.
Faye du solltest Bedenken, dass gerade die Entwicklung Gottes / der Götter in menschliche Ansichtsweisen mit menschlichen Attributen keines Wegs, als wahr empfunden wurden. Die Mehrheit dieser Epen - Erzählungen beruhen auf historische Ursprünge, die dann durch Mythenbildung (Erzählkunst) weiter entwickelt wurde, um der Nachwelt historische Ereignisse zu überliefern. Schon die alten Philosophen der Antike schmunzelten über die „Volksfrömmigkeit“ die sich Priester durch immer neue Ausschmückungen des Götterhimmels teuer bezahlen ließen!
Wie Felsbilder zeigen, haben sich Menschen schon vor 40.000 Jahren Gedanken darüber gemacht wo ihr eigenes "Ich" eigentlich herkommt und wo ihre Seele nach dem Tode des physischen Körpers verbleibt. So handeln die alten Epen, Mythen, Sagen, Götterwelten usw. auch nicht nur über unsere stoffliche Welt, sondern auch von den geistigen und seelischen Räumen, also von Dimensionen, die wir mit unseren modernen technischen Geräten gar nicht messen können.
Mit welcher Methode oder Vorstellungen wir auch immer unseren Kosmos füllen, beschreiben oder objektiv erklären und berechnen wollen, wir kommen immer nur bis zu einer Grenze, die nicht weiter teilbar oder differenzierbar ist. In den ursprünglichen Religionen wurden die Vielzahl der natürlichen Erscheinungen und Kräften durch eine Vielzahl von einzelnen Göttern symbolisiert. Diese Götterwelten waren komplementär und Halbgötter stellten den Fluss der Wandlungen von Ursachen und Wirkungen zwischen Himmel und Erde da, worin der Mensch dann eingebettet war. Der Homo fühlte sich als Teil des Kosmos und der Erde und nicht als Herrscher der Schöpfung. Das ist das Hauptwesen der alten Religionen gewesen, Bestandteil einer umfassenden und unübersehbaren Welt zu sein, die nach Erklärungen und Verstehen suchte. Mit dem Fortschritt der Technik und der Horizonterweiterung des Menschen änderte sich diese Sichtweise grundlegend und diesem Wandel sind auch die Gottesvorstellungen unterworfen.
Es gibt ungezählte Epen, Mythen, Sagen, Götterwelten und Schöpfungsgeschichten, worin die Erfahrungen und das Wissen unserer Vorfahren beschrieben werden. Sie alle tragen ins sich den gleichen Kontext, die gleichen Urerfahrungen. Aber dennoch sind sie je nach Region und vorherrschenden Verhältnissen, oder dem Einfluss von Katastrophen individuell konzipiert.
Wenn wir uns also den alten „Urglauben“ stellen, sollte man dies immer vor Augen haben. Und Wicca ist ganz sicher nicht auf diese Ursprünge zurück zu führen, sondern eine überaus moderne und zugleich auch integrative Glaubensansicht, die Altes und Neues abwägt und neu interpretiert. Das hat mit dem Wesen oder Widerbeleben von alten Kulturen und dessen Religionen wahrlich nur wenig zutun! Und das ist auch wahrlich gut so!
Absalom
Und nun ist mal Pause bei mir angesagt!
Geändert von absalom (07.11.2008 um 15:42 Uhr)
Das "Buch der Schatten" ist ein persönliches Buch jeder Hexe, und hat nichts damit zu tun, was ICH meinte!
Ich bezog mich bei meinen Äußerungen auf archäologische und etnologische Erkenntnisse, und auf Zeugnisse von Orvid und anderen antiken Autoren, die alle als "Feinde" mutterrechtlicher Kulturen einzustufen sind.
Danke fuer das thema!
Besonders an Saweljuschka [ich glaub deine russische heimat wuerde mir gefallen],
Lily [du bist exceptional fuer eine 13-jaehrige, ich denke gifted...]
und Black Raven [du hast recht, raben/kraehen sind gewoehnlich schwarz -waren es aber nicht immer...original waren sie weiss]
Sehr gern haette ich auch von Wicci dazu gehoert!
Als ehemalige evangelical-fundie hatte ich ganz komische, unrealistische vorstellungen von Wicca, und auch vom "boesem heidentum" allgemein.
Alles "neuheidnische", wies heute viele nennen, wurde von meinen mitchristen oft als teufelsanbeterei mit blutruenstigen opfern [tier und mensch] und sexuellen orgien ausgelegt.
Eine heidengruppe, die ich nie kennenlernte, hielt waehrend vollmond ein ritual in der naehe wo wir wohnten. Das war in den 1990ger jahren.
Christen in der nachbarschaft waren ernstlich besorgt um ihre sicherheit!
Einigen jahre spaeter brachte mir eine freundin eine heimatlose frau, die kein obdach hatte. Diese lebte mit mir mehrere monate bis sie ihr eigenes appartment fand. Wir lernten uns gut kennen und wurden wie schwestern.
Chris` mutter war Lenni-Lenape und ihr vater war Sami!
Die groesste ueberraschung war das Chris aktive Wiccan war und leiterin eines covens!
Aber ich konnte an ihr nichts boeses oder spukiges finden, ganz im gegenteil!
Zwar war ihr coven eine traurige geschichte, weil die mitglieder nicht alle miteinander auskamen und es zu machtkaempfen kam. Zu dem zeitpunkt verliess Chris ihren coven. Als sie mit mir lebte hab ich viel von ihr gelernt, vor allem das heidnische menschen keine gefaehrlichen teufelsanbeter sind, und das ihre verbundenheit zur natur die gleiche verbundenheit ist die ich auch empfinde [dafuer hab ich von etlichen christen den titel "dirty animist" verdient].
Chris wurde nach verlassen ihres covens was ihr "freifliegend" nennt.
Zur gleichen zeit war sie dabei verbindung zu ihrer Lenape abstammung zu finden.
Faszinierende mischung, die alte kultur eines nord-oestlichen woodlands indianerstammes kombiniert mit einer modernen western/Euro heidnischen glaubensrichtung.
Aber warum auch nicht?
Heute kann ich sehen das harmoniert weitaus besser zusammen als indianische kulturen und spiritualities mit westlichen christentum.
Blessings to all,
birdwoman
Birdwoman, kleine Zwischenfrage: Die Leni Lenape, sind doch das, was die Weißen "Delawaren" nannten, oder? Also ein Teil der 5 zivilisierten Stämme, die meist matrifokal oder/und matrilinear geprägt waren. Oder irre ich mich da?
absalom, vielen Dank für deinen lehrreichen und sehr informativen Beitrag!
Was Wicca angeht, habe ich wohl genug darüber "gelernt". Ich denke, gerade diese Dinge, so harmlos scheinen, sind in Wirklichkeit die gefährlichsten. Christen sollten keine Gemeinschaft damit haben. Damit lehne ich nicht die Menschen ab, sondern das, womit sie sich beschäftigen.
Geli
Erlaeuter doch mal warum du sowas fuer gefaehrlich haelst
Falsch, liebe Geli!!!
Wenn du einen Teil der Identität eines Menschen ablehnst, wie in diesem Fall der Glaube, lehnst du auch den Menschen ab, oder stempelst ihn als "2nd class citizen" ab. Seltsamerweise sind es in den USA gerade die Wicca, die Christen gegenüber tolerant sind, aber Christen sind dieses nicht zu Wicca. Ein Beispiel:
Toil, trouble for wiccans at Army base in Texas
After two years of peaceful obscurity, Army witches are denounced by Christian leaders and a congressman (Überschrift)
http://www.rickross.com/reference/wicca/wicca5.html
Hier ein Zitat aus dem Artikel:
Übersetzung:Such descriptions of peace-loving wiccans rankle some local Christians. "Everyone thinks they're such sweet, lovely people," said the Rev. Jack Harvey, who runs the Tabernacle Baptist Church in Killeen. But Harvey, who prides himself on his church's strictness -- no dancing or drinking, no Halloween or Santa Claus or Easter Bunny -- knows better. He has compiled a hand-scrawled list of relevant Scripture entitled "Witchcraft is Wicked."
"God says, 'Suffer not a witch to live,' " he said. "We would like to see them saved, but God doesn't change his mind." Over the summer, Harvey is writing letters, planning protests, calling every member of Congress he knows. "We need to stop them," he said. "We're not going to quit until they're gone."
Solche Beschreibungen von friedlichem Wiccas reizen einige lokale Christen. "Jeder denkt, dass sie solche süßen, schönen Leute sind," sagte der PredigerJack Harvey, der die Tabernakel-Baptistkirche in Killeen führt. Aber Harvey, der auf die Strenge seiner Kirche - kein Tanzen oder das Trinken, kein Halloween oder Weihnachtsmann oder Osterhasen stolz ist - weiß es besser. Er hat eine handgeschriebene Liste der relevanten Bibelzitate zusammengestellt, betitelt "Hexerei ist Schlecht."
"Gott sagt,das man keine kexen leben lassen soll,'" sagte er. "Wir sähen sie gern errettet, aber Gott überlegt es sich nicht anders." Im Laufe des Sommers schreibt Harvey Briefe, plant Proteste, ruft jedes Mitglied des Kongresses an den er kennt.. "Wir müssen sie stoppen," sagte er. "Wir hören nicht auf, bis sie weg sind."
Wirklich "nett", diese Christen! Und so "liebevoll" und "christlich"!
Geli, du lehnst ab, dass ich Gott/In liebe und dessen Wegen folge? Das ist mir ehrlich gesagt egal. Wenn so was gefährlich ist, dann sind Christen auch gefährlich? Auch in dem was sie praktizieren? Hier ganz sicher so etliche!
BR
Black Raven,leider muß ich dir zustimmen, wie diese Verwarnung belegt:
http://www.gnadenkinder.de/board/sho...3&postcount=30
Sie wollen nicht, dass andere Sichweisen hier neben ihren stehen (erinnert mich sehr an den "eifersüchtigen Gott mit profilneurose", also verwarnen sie zuerst, bevor sie rauswerfen, und dann ganz unter sich sind. Mir ist das und dieses Forum mittlerwile egal geworden, und ehrlich gesagt bin ich froh, wenn die mich sperren. Lange könnte ich SO ETWAS nicht ertragen, ohne gaga zu werden!
Lesezeichen