Hallo FrauShane,

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FrauShane
Definitiv! Das war die einzige mögliche Antwort. Hat zwar unerwartet lange gedauert, aber du hast sie gefunden, Provisorium.
Juhu! Ich hab's gefunden...

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FrauShane
Jetzt ist nur noch die Glaubensfrage offen: Wer entscheidet darüber, was die "richtige" und was die "falsche" Perspektive ist? Ist der Maßstab für richtig und falsch wirklich die subjektive Innenperspektive des Einzelnen? Dann wäre deine Perspektive die Richtige. Oder kommt der Maßstab für richtig und falsch von Außen? Dann wäre meine Perspektive die Richtige.
Also die Gleichung leuchtet mir jetzt gar nicht ein. Denn wieso meinst du, dass eine sich von außen auf ein Objekt richtende Perspektive, weniger eine subjektive Perspektive sei, als die Innenperspektive des Einzelnen?
Wenn du von außen auf etwas drauf schaust, dann nimmst du auch immer und ausschließlich nur deinen subjektiven Standpunkt ein und kannst also unmöglich beurteilen, ob das was du siehst, objektiv jetzt wirklich so ist, wie es dir erscheint! Du siehst immer nur die Bilder, die aus deiner Perspektive heraus zu sehen sind und das sind immer nur subjektive Eindrücke, weil sie ja perspektivabhängig entstanden sind.
Das ist das, was ich hier immer wieder zu verdeutlichen versuche, weil es meiner Meinung wirklich wichtig ist zu verstehen, dass wir Menschen generell keine objektive Position einnehmen können. Unsere Urteile fällen wir immer aufgrund subjektiver Standpunkte, Vorstellungen und Beobachtungen. Und dadurch, dass wir einen fest gesetzten Standpunkt einnehmen, bestimmte Vorstellungen haben und unsere Beobachtungen auch immer nur in subjektive Vorstellungsbilder "übersetzt" werden können, können wir niemals wirklich objektiv werden.
Und vor allem was deine kleine Geschichte betrifft, in der es ja um die Beurteilung der Spinne geht, muss man grundsätzlich feststellen, dass die Spinne, ganz egal in welcher Position sie in ihrem Spinnennetz sitzt, immer auf die gleiche Art und Weise mit dem Kreuz verbunden ist. Es ist ganz egal wie sie sich bewegt, ihre Stellung zum Kreuz bleibt immer gleich und nur dem Beobachter von außen scheint es so, als würde sich die Position des Kreuzes verändern.
Und wenn sich in einer Kreatur die Stellung zum Kreuz niemals verändert, ganz egal wie sie sich bewegt, dann ist ihr das Kreuz wesenhaft geworden und das beantwortet dann hoffentlich auch deine Glaubensfrage! Denn hat man Gott bei sich, dann hat man ihn immer bei sich und ganz egal, welche Perspektive man nun gerade einnehmen mag. Gott ist einem wesenhaft geworden.
Der Maßstab für richtig oder falsch ergibt sich in deinem Spinnenbeispiel also ganz eindeutig nicht aus der Perspektive des Einzelnen, also weder aus der Innenperspektive der Spinne, noch aus der übersetzten Innenperspektive des außen Stehenden, sondern es ist eine Frage der Wesenhaftigkeit des Glaubens. Wenn der Glauben nicht in das Wesen des Geschöpfs eingeht, dann bleibt der Glaube immer etwas äußerliches. So wie bei den Pharisäern und genau das hat Jesus auch mit Pharisäern gemeint. Pharisäer sind Gläubige, die ihren Glauben nur nach außen hin vertreten, ihn wie ein Amulett, dass sie vor Unheil schützen soll, vor sich hin tragen. Pharisäern ist der Glaube nicht wesenhaft geworden und doch beurteilen sie beständig andere Gläubige von ihrem subjektiven Standpunkt aus. So wie Jesus sagte, verschließen Pharisäer den Himmel vor anderen (Matthäus 23, 13+14), weil sie wähnen, sie könnten objektiv beurteilen, wie es um einen Menschen steht.

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FrauShane
Was wären die Konsequenzen daraus, wenn deine Perspektive richtig wäre? Nicht etwa, dass es keine echte Einheit geben kann, sondern nur ein "aneinander vorbeireden" und einander "tolerieren"? Was wären die Konsequenzen daraus, wenn meine Perspektive richtig wäre? (Abgesehen davon, dass der Weg der Spinne bei umgedrehtem Kreuz halt nach unten führt und nicht nach oben, was aber bei beiden Perspektiven gleichermaßen Fakt ist).
Und jetzt machst du die Verdrehung komplett. Nachdem du schon von falschen Prämissen ausgegangen bist und meintest, dass eine Außenperspektive objektiver sein könne, als eine Innenperspektive, kommst du konsequenterweise nun auch zu den völlig falschen Schlüssen.
Denn echte Einheit, wie du es nanntest, kann es nur geben, wenn man den "Tummelplatz der subjektiven Perspektiven" verlässt und ins "Reich der Wesenhaftigkeit" eintritt. Denn erst wenn es mit einem so steht, wie es mit der Kreuzspinne steht und man also das Kreuz immer und ausschließlich richtig rum und unabhängig von der jeweiligen Perspektive bei sich trägt, ist man "in der Einheit", weil man erst dann nicht mehr über subjektive Perspektiven streiten muss, sondern sich verbunden weiß mit jedem, der unabhängig seiner individuellen Perspektive, auf immer gleiche Weise mit dem Kreuz/dem Glauben verbunden ist.
Macht man nun aber beispielsweise das christliche Bekenntnis zur Voraussetzung, um in Gottes Reich gelangen zu können, anstatt die Wesenhaftigkeit des Glaubens, dann verschließt man, wie die Pharisäer, den Himmel vor den Gläubigen, weil man aus einer subjektiven Perspektive heraus wähnt, ein objektives Urteil über einen anderen Menschen treffen zu können. Aber Gott schaut in das Herz des Menschen, er schaut das Wesen des Menschen an und deshalb kann man niemals von außen beurteilen, ob der Mensch nun "innerlich rein ist", oder nicht:
Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler! Denn ihr reinigt das Äußere des Bechers und der Schüssel, inwendig aber sind sie voller Raub und Unenthaltsamkeit. Blinder Pharisäer! Reinige zuerst das Inwendige des Bechers, damit auch sein Auswendiges rein werde. (Matthäus 23, 25+26)
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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