Hallo NetKrel,

zugegeben, es ist ein ziemlich komplexes Thema. Aber auf der anderen Seite ist es ja auch ein sehr brisantes.^^ Ich stimme dir zu, es wird hier sicherlich sehr unterschiedliche Ansichten bzw. Rechtfertigungen geben.
Einen kleinen Unterschied sehe ich dennoch zwischen einem „och, kann ja wiederkommen“ und einem „och, kommt ja in den Himmel“. Denn zum einen wäre die Frage, ob ein abgetriebenes Kind direkt in den Himmel kommt (man denke an die bis vor ein paar Jahren gültige Ansicht der katholischen Kirche zum Verbleib der ungetauften Kinderseele im Limbus), zum anderen stellt sich ja auch die Frage nach der Verantwortung der Abtreibenden. Wenn die Seele nur einmal „lebt“, dann verhindert die Abtreibung die Entfaltung der Seele und „beraubt“ sie der Verwirklichung ihres Lebenssinn, womit eine Abtreibung sehr viel mehr „in den Plan Gottes“ eingreift, als wenn der Lebenssinn darin besteht, bis zur Erfüllung eines bestimmten Zieles immer wieder zu reinkarnieren. Denn dann würde eine Abtreibung dem Sinn des Lebens nicht im Wege stehen, sondern diesen nur unwesentlich verzögern.
Worin ich dir aber zustimme, ist der Umstand, dass es sehr verzwickte Situationen geben mag, in denen unsere Entscheidung u.U. durchaus problematisch werden können. Oder in denen unsere Intuition sofort unserem moralischen Urteil widerspricht. Wer würde z.B. wirklich behaupten, dass ein Embryo rechtlich oder geistlich denselben „Lebenswert“ hat, wie ein fast schon neugeborenes Kind, oder vielleicht auch tatsächlich wie ein Neugeborenes. Vermutlich die wenigsten. Auch kommen wir meines Erachtens hier durchaus in Situationen, in denen auch die doch nicht ganz unproblematische „goldene Regel“ an ihre Grenzen stößt. (Nichts für ungut, ich weiß du bist ein großer Verfechter dieser Regel^^)
Aber mit einem hast du sicherlich etwas ganz wichtiges angesprochen – nicht jede Frau steckt eine Abtreibung gut weg. Und viele machen sich im Nachhinein Vorwürfe. Ganz sicher ist es also keine leichtfertige Entscheidung, die man hier zu treffen hat - und sie sollte es auch meiner Meinung nach nicht sein.
Dann sind wir also beide gespannt, ob sich hier etwas ergibt. Wie siehst du es selbst? Ich meine für dich hast du eine Antwort bereits benannt, aber inwiefern würdest du diese als verbindlich betrachten? Ich denke eher nicht, wie ich dich kenne. Was wäre also dein Standpunkt in Bezug auf die moralische Forderung? Abtreibung verbieten? Uneingeschränkt erlauben? Den Verzicht gebieten ohne sie zu verbieten? Und aufgrund welcher Gründe, welcher Kriterien und mit welchen Einschränkungen?
Lieben Gruß
Lior