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  1. #31

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Ah, interessant, da muss ich mal kurz nachhaken.
    Wollt ich auch grad... aber ok, hat sich ja "von allein erledigt"...

    Ich kenn jetzt zwar die (antike)"griechische Philosophie" nicht sonderlich aber das was ich davon mitbekomme... also ich konnte da bisher keine sonderliche "Leibes-Feindlichkeit" oder einen ausgepraegten "Dualismus" erkennen...

    Frage in die Runde... was ist eigentlich eine "offene Beziehung"? Ich hab das jetzt schon mehrmals gehoert. Ist es, dass wenn man mit jemand zusammen ist noch mit jemand anders zusammen sein kann... bzw. "darf"? Oder ist es wo man "so halbe-halbe zusammen" ist? So ganz klar ist mir das noch nicht.

  2. #32

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    Der im Jahr 1990 in Moskau ermordete russdisch-orthodoxe Prister Alexander Men sagt in einem Video, daß das Christentum auf zwei Säulen steht: auf dem Evangelium und auf dem (heidnischen!) Asketismus, der viel älter ist als das Evangelium.
    Und dieser heidnische Asketsmus hat sich im Christentum durchgesetz, und die Macht an sich gerissen.
    Aus seiner Sicht deutet er die Schrift, und bestimmt Werte, die für Christen verbindlich sein sollen.
    Was zu vielen Mißachtungen der Nöten der Menschen geführt hat, und zur lebensfeindlichen Einstellung im Christentum.

  3. #33

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    Hallo miteinander,

    der Begriff "leibfeindlich" wurde im Wesentlichen von den Gegnern des Christentums dem christlichen Glauben angeheftet. In gewisser Weise begann das mit Luther, der ja den sinnlichen Freuden nicht abholt war. Aber Luther hat ja so einiges nicht verstanden. Tatsache ist, dass es im christlichen Glauben letztendlich um die völlige Überwindung alles Leiblichen/Fleischlichen geht. Das hat man natürlich im Mittelalter übertrieben, in dem man sich selbst geißelte usw. Alles kann nur in Freiheit und wachstümlich, durch ständig wachsende Erkenntnis gehen. Es ist also nicht in einem Erdenleben zu schaffen. Aber die grundsätzliche Richtung ist klar.
    Man muss auch nicht Griechentum gegen das Christentum ausspielen. Im Gegenteil, es zeigt eben, dass das Wissen um die zwei Wege (der breite und der schmale Weg) schon immer in der Menschheit bekannt war. Jesus ist eben den schmalen Weg zu Ende gegangen, und zeigte, dass nur dieser von Erfolg gekrönt ist. Man schaue sich die Yogis an, die Buddhisten - überall das Hochhalten von Besitzlosigkeit und Überwindung der Begierden.
    Meister Eckehardt ist ja auch ein schönes und reifes Beispiel erfüllten christlichen Lebens und geistiger Klarheit.

    LG,
    Digido

  4. #34
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    Zitat Zitat von net.krel Beitrag anzeigen
    Frage in die Runde... was ist eigentlich eine "offene Beziehung"? Ich hab das jetzt schon mehrmals gehoert. Ist es, dass wenn man mit jemand zusammen ist noch mit jemand anders zusammen sein kann... bzw. "darf"? Oder ist es wo man "so halbe-halbe zusammen" ist? So ganz klar ist mir das noch nicht.
    Hallo NetKrel,
    ich würde die Frage folgendermaßen beantworten. Der Begriff offene Beziehung ist gewissermaßen ein Oberbegriff für alternative Lebenskonzepte, in denen der traditionelle Exklusivitätsanspruch auf einen Partner abgelehnt wird. In seiner Bandbreite umfasst das sowohl Lebensstile in denen eine Paarbeziehung auch außerhalb ausschließlich sexuelle Kontakte unterhält (z.B. Swinger oder „erlaubte“ Prostitutionsbesuche bei aus gesundheitlichen Gründen zur Sexualität nicht fähigen Partnerschaften), bis hin zu einem Lebensstil, der zusätzliche aber primär emotionale Partnerschaften neben der Lebensgemeinschaft zulässt. Die Grenze ist da manchmal etwas unscharf. Die Bedeutung des „Offen“ meint dabei zum einen einen offenen, d.h. ehrlichen Umgang mit seinem Partner, mit sich selbst und mit seinen Bedürfnissen, zum anderen vor allem auch einen offenen, d.h. den Partner in seiner Selbstbestimmung nicht einschränkenden Umgang.
    Das Konzept der offenen Monogamie wie ich sie befürworte sieht dabei vor, dass man eine Ehe führt, welche als Lebenspartnerschaft einen sicheren Rahmen und eine familiäre Struktur auch für gemeinsame Kinder schafft, in welcher aber beide Partner nicht darin beschränkt werden, emotional tiefgreifende Beziehung zu weiteren Menschen zu führen – und in denen man nicht darauf angewiesen ist, sich der körperlichen Zärtlichkeit als Ausdrucksmittel der innigen Zuneigung und Intimität zu versagen.
    Sexualität wird dabei als eine Möglichkeit der Zuneigungsbezeugung verstanden, nicht als ein Muss. Offen wird die Beziehung bereits dadurch, dass ich meinem Lebenspartner die Freiheit in seiner Selbstbestimmung und auch in seiner sexuellen Selbstbestimmung dauerhaft und ohne Androhung von Konsequenzen einräume, auch wenn sie letztlich keiner wirklich nutzt und sich der Alltag insofern nicht von dem eines normalen Paares unterscheidet. Ebenso gibt es Lebenspartnerschaften, die ihre Sexualität ausschließlich außerhalb der Ehe genießen, die Ehe selbst aber als nicht-sexuelle (d.h. in diesem Fall nicht-Geschlechtsverkehr-praktizierende) Lebensgemeinschaft und gemeinsame Familienbasis führen.
    Ist diese Zusammenfassung ausreichend?
    Geändert von Lior (09.02.2016 um 10:34 Uhr)
    Es sei bitte berücksichtigt, dass meine Besuche zeitweise durch lange Pausen unterbrochen werden. Sollte ich also eine an mich gerichtete Frage überlesen, bzw. nicht unmittelbar beantworten, dann ist dies bitte nicht als Ausdruck des Desinteresses zu werten - ggf. hilft auch mal eine Erinnerung.

  5. #35
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    Zitat Zitat von Lior Beitrag anzeigen
    Aber thalestris… mit Blick auf den Umstand, dass wir ja nun auch etwas näher befreundet sind und obschon dich dieser Teil meines Lebens bisher wenig interessiert hat)…. muss ich ob deinem Interesse befürchten, dass nun bald das Bekunden eines konkreten in diese Richtung schielenden Wunsches folgen mag.

    Oh.... es fällt mir gerade erst auf, dass ich einen Punkt statt einem Fragezeichen gesetzt habe. Es tut mir leid und ich hoffe du verstehst es nicht falsch, denn ich wollte damit keine Feststellung machen oder dir etwas unterstellen, sondern dich mit einer amüsierten Frage necken. Das ist jetzt peinlich....^^
    Es sei bitte berücksichtigt, dass meine Besuche zeitweise durch lange Pausen unterbrochen werden. Sollte ich also eine an mich gerichtete Frage überlesen, bzw. nicht unmittelbar beantworten, dann ist dies bitte nicht als Ausdruck des Desinteresses zu werten - ggf. hilft auch mal eine Erinnerung.

  6. #36

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    Zitat Zitat von Lior Beitrag anzeigen
    ...grundlegend kann man denke ich das Christentum in seinen Wurzeln aber auch über seine Zeit hinweg von einer gewissen lust- und auch lebensfeindlichen Haltung nicht ganz freisprechen. Und es hat in der Vergangenheit auch zu teils absurd anmutenden Bemühungen geführt, so haben christliche Gemeinschaften wie auch die Kirche über die Jahrhunderte einen Kampf gegen so manches geführt, dass uns Menschen Freude bereitet. Denk nur an den Film „Der Name der Rose“ den du kürzlich gesehen hast… obschon der Roman selbst fiktiv ist, sind es doch sehr viele der Zitate nicht, und tatsächlich gab es sogar ernstzunehmende Bestrebungen das Lachen zu verbieten, weil es die Angst und damit den Kern wahrer GottesFURCHT mindere. Und selbst heute noch gibt es christliche Gemeinschaften, die sich selbst Schmerzen zufügen, weil dies der Buse und der Askese dienen soll. Sexualität ist da also nur ein Aspekt, wenn auch sicherlich einer der Bedeutsameren.

    Die Frage wieso das im Christentum so ist, die ist natürlich wieder unterschiedlich zu beantworten. Der Gläubige würde vermutlich dazu festhalten, dass diese Gebote uns aus Liebe Gesetzt sind, d.h. also ein Befolgen der Gebote in unserem Interesse steht und uns zum Besten dient. Von außen betrachtet stellt sich die Sache natürlich geringfügig anders dar.^^
    hmm, die sogenannte "Lebensfeindlichkeit" liegt ja nun immer im Auge des Beteachters denke ich und an der Perspektive aus der man Dinge beleuchtet.
    Ganz unvoreingenommen bist du ja dem "Christentum" gegenüber nicht (was ja auch nicht "schlimm" ist, und auch glaube ich, mich erinnern zu können, dass du oft und gern grenzwertige Extreme anführst, um Dinge "zu verdeutlichen"..

    Aus der anderen Perspektive beteachtet - also die meine - haben die Gebote hinsichtlich der Beziehungen und Ehe immernoch eine nicht zu unterschätzende Schutzfunktion (wobei ich vom" Normalfall" und nicht dem Extrem einer negativen Ehe ausgehe :-) ).

    Mir sind zB Menschen bekannt bekannt, zu denen ich zeitweise auch gehörte, die schlicht und ergreifend ausgenutzt wurden. In der Oberschule brüsteten die Jungs sich damit, wen sie wieder "rumgekriegt" - also Liebe vorgeheuchelt und Verkehr hatten - wobei ich froh war, solchem aus Vorsicht verschont geblieben zu sein.

    Frauen wurden und werden wegen unerwünschter Schwangerschaft im Stich gelassen und "entsorgt", wie es auch Männern im umgekehrten Fall gehen kann, dass sie unerwünscht Vater werden, weil die Frau vorgab, die Pille zu nehmen. So ist die Ehe ebenso ein gewisser Schutz für Männer, die ihrer Vaterschaftsverantwortung gerecht werden und mit ihren Kind Gemeinschaft haben wollen. Desgleichen gibt es in meinen Augen viele Vorteile - mehr als Nachteile - die für eine Ehe sprechen, vorausgesetzt natürlich, man meint es erst miteinander und ist bereit, Verantwortung zu übernehmen.

    .. und da ist der nächste Stichpunkt: Verantwortung übernehmen wollen... Viele Menschen wollen eine gute Zeit haben, aber sich ein Hintertürchen offenhalten, aus dem sie sich verabschieden können, wenn ihnen etwas nicht ins eigene Konzept passt, oder der Sexualpartner plötzlich unbequem wird, weil er plötzlich zu anhänglich wird, oder "Ansprüche stellt".. Denn wer weiß, ob sich nach längerer gemeinsamer Zeit es sich der Partner nicht doch überlegt und die offene Beziehung in eine monogame wandeln möchte. Ja, was dann?? Hält die(se) Liebe dem stand? Worauf ist man dann bereit zu" verzichten"? Auf die eigene Lust, die man nicht disziplinieren will - man vllt, Sorge hat, etwas zu verpassen, oder dass es "langweilig" werden könnte - oder auf den u. U. langjährigen Partner?
    Und was könnte uns der Begriff "Lebensfeindlichkeit" in diesen Zusammenhängen sagen?.....
    Versteh mich bitte richtig, es ist alles nicht auf dich/deine Partnerschaften persönlich gemünzt, ok..!?
    Du kannst sicher auch von Beispielen aus deiner Umgebung berichten, wenn du magst.
    Ich bin gespannt auf deine Antworten.. :-)

    Soweit mal meine Gedanken auf die Schnelle und vom Extremsten "anderen Seite" beleuchtet.. ;-)

    Segenswünsche,
    adi

  7. #37

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    Zitat Zitat von Lior Beitrag anzeigen
    Aber thalestris… mit Blick auf den Umstand, dass wir ja nun auch etwas näher befreundet sind und obschon dich dieser Teil meines Lebens bisher wenig interessiert hat)…. muss ich ob deinem Interesse befürchten, dass nun bald das Bekunden eines konkreten in diese Richtung schielenden Wunsches folgen mag.
    Zitat Zitat von Lior Beitrag anzeigen
    Oh.... es fällt mir gerade erst auf, dass ich einen Punkt statt einem Fragezeichen gesetzt habe. Es tut mir leid und ich hoffe du verstehst es nicht falsch, denn ich wollte damit keine Feststellung machen oder dir etwas unterstellen, sondern dich mit einer amüsierten Frage necken. Das ist jetzt peinlich....^^
    *grins*.. als ob dir etwas peinlich wäre.... :-))
    Geändert von Anonym021 (09.02.2016 um 10:57 Uhr)

  8. #38
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    Morgen...

    Ihr seid alle so fleißig am schreiben, da komme ich kaum hinterher mit antworten. Also bitte nicht böse sein wenn ich auf manche Beiträge verzögert eingehe. Eins nach dem anderen gell...
    Schade das Plueschi nicht mehr dabei ist. Aber dann wieder zum Thema zurück



    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Schönen guten Morgen all ihr lieben Gnadenkinder und hallihallo liebes Gnadenkind thalestris,
    Hi liebes Provisorium :) Ich freue mich das du mal wieder hier bei Gnakis reinschaust.

    ich hab' den gesamten Thread jetzt zwar nur flüchtig überflogen, möchte aber trotzdem gerne kurz was zu deinen Fragen schreiben. :-)
    Macht ja nix, jeder kann sich ja so intensiv einbringen wie er/sie will. Ich freue mich über alle Antworten, egal wie kurz oder wie lang.

    Also der christliche Glauben ist meiner persönlichen Meinung und Erfahrung nach nicht per se, also nicht zwangsläufig lebens-, oder lustfeindlich ! Er findet aber seine Erfüllung nicht in der Auslebung körperlicher Bedürfnisse, Begierden und Sehnsüchte, sondern strebt vielmehr nach (all)umfassender Verbundenheit mit Gott.
    Ja... man kanns natürlich auch so rum sehen... was aber die andere Sicht nicht ausschliesst finde ich.

    Eine gewisse "Leibesfeindlichkeit" hat sich aber leider tatsächlich im Christentum Bahn gebrochen, das lässt sich nicht leugnen. Und da stellt sich natürlich die Frage, inwiefern denn die natürlichen, körperlichen Bedürfnisse des Menschen, seine Lust und sein Begehren, dem Streben nach göttlicher Verbundenheit im Wege stehen? Und darauf lässt sich meiner Meinung nach keine pauschale, allgemeingültige Antwort geben. Denn diese Frage kann doch eigentlich nur jeder für sich selbst, im Kontext seiner individuellen Lebensrealität (also auch hinsichtlich der Zeit, in der er lebt) und im Kontext seines Glaubens beantworten.
    Das frage ich mich nämlich auch. Denn ich denke so... wenn Gott mich so geschaffen hat wie ich bin, mit allen Bedürfnissen, Sehnsüchten usw... warum sollte er dann verbieten das ich diesen nachgeben darf wenn es mich glücklich und ausgeglichen macht?
    Aber... ist es nicht in vielen Religionen so, das z.B. Priester oder Mönche nicht nur auf Sexualität verzichten sondern z.B. auch auf Nahrung oder sowas? Ich hatte mal was über buddhistische Mönche gesehn die haben den ganzen Tag meditiert und Kampfkunst gemacht.

    Weißt du es ist doch so, dass das, was den einen Gläubigen von Gott wegbringt, für einen anderen Gläubigen vielleicht gar kein Problem darstellt und andersrum kann man auch nicht abschließend und allgemeingültig sagen, was denn genau die Verbundenheit zwischen dem einzelnen Gläubigen und Gott intensiviert und fördert und was eben nicht. So "müssen" manche Menschen mehrmals täglich zu festgelegten Zeiten ein bestimmtes Gebet sprechen, um sich mit Gott verbunden zu fühlen und andere brauchen dieses Ritual gar nicht. Manche Gläubige beachten in ihrem Alltag auch den Lauf des Kirchenjahres und fasten deshalb auch zur Fastenzeit, während andere Christen gar nicht wissen, wie, kirchlich betrachtet, das Jahr überhaupt abläuft. :-)
    Jo... und das verwirrt mich oft auf meiner Suche. Aber vll muss ich einfach auch im Hinterkopf behalten das es nix allgemeingültiges gibt, sondern nur 100 verschiedene Ansichten zu einem Thema....^^

    Schlussendlich ist Glauben, bzw. das Gläubigsein ja eine sehr persönliche, individuelle "Angelegenheit" (also zuvorderst quasi eine Sache zwischen Gott und mir...) und wird entsprechend aus den unterschiedlichsten Perspektiven und Motivationen heraus gelebt. Da kann man deshalb, meiner Meinung nach, nicht grundsätzlich behaupten, dass das Christentum in seinen Lehren negativ eingestellt ist, wie du es nanntest.
    Ja sorry. Ich wusste nicht wie ich das, was ich meine beobachtet zu haben oder wie ich es empfinde anders in Worte packen soll. Wenn glauben etwas persönliches und individuelles ist, dann ist es ja auch okay wenn ich mich dagegen wehre, wenn jemand behauptet ich wäre von Gott entfernt wenn ich ich selbst bin. Mir wurde mal gesagt, solange ich mich auf mich konzentriere, kann Gott mich nicht erreichen. Ich muss mich selbst aufgeben. Ich will mich aber nicht aufgeben.... ich fange grade erst an mich selbst kennenzulernen. Und inwiefern soll es gut sein mich "aufzugeben".....? Wie soll ich einen anderen (Gott) kennenlernen und vertrauen, wenn ich nichmal bei mir selbst angekommen bin? Das versteht Gott doch, hoffe ich.

    Bitte korrigiere mich falls ich falsch liegen sollte, aber ich vermute dass das, was dir hinsichtlich des christlichen Glaubens lebensfeindlich vorkommt, im Zusammenhang mit den von einigen Christen immer wieder geäußerten Vorstellungen steht, dass der natürliche Mensch etwas grundsätzlich Verdorbenes, Lustbefriedigung etwas generell böses und das damit zusammenhängende Bestreben nach Befriedigung körperlicher Lust, Sünde sei. Hab' ich das richtig verstanden?
    Genau :)

    Und da Paulus ja zu seiner Zeit einer der wichtigsten und einflussreichsten Christen gewesen war, musste er natürlich auch dafür Sorge tragen, dass sich die entstehende Gemeinde möglichst tadellos verhielt. Deshalb fordert er in seinen Briefen auch immer wieder dazu auf, dass sich die lieben Glaubensgeschwister hilfsbereit und liebevoll, sowohl untereinander, als auch gegenüber anderen Menschen verhalten sollen.
    Eigentlich ist das ja ein nobles Verhalten. Allerdings frage ich mich ob das wirkliche Nächstenliebe ist, wenn das Motiv für das Verhalten nicht das Interesse an anderen ist, sondern in erster Linie dem Überleben einer religiösen Gruppe dienen soll.....?

    Stell' dir doch nur mal vor, in der jungen Christengemeinde wäre es nach damaligen moralischen Vorstellungen drunter und drüber gegangen... Da wäre es dann aber sicher ruckzuck mit der Gemeinde zu Ende gewesen! Und die damaligen moralischen Vorstellungen waren ja sicher auch sehr viel strenger als bei uns heute, die wir ja sowas wie eine "sexuelle Revolution" hinter uns haben...:-)
    Das kommt drauf an wo man lebt oder? Hier in Deutschland ist das ein lockeres Thema... aber es gibt Länder da geht es noch ganz anders zu...

    Aber es gibt auch in einigen Paulusbriefen durchaus Anzeichen dafür, dass es manche Gemeindemitglieder ziemlich bunt getrieben haben. :-))


    Du musst dir das vielleicht so vorstellen, dass durch die Lehre Jesu zunächst einmal ein großes Maß an Freiheit in das Leben der Gläubigen getreten war. Denn ein frommer Jude musste eigentlich sehr viele Regeln beachten, so dass der gesamte Tagesablauf massiv davon beeinflusst war. Es gibt ja insgesamt 613 jüdische Gesetze, deren Einhaltung von den Schriftgelehrten und Pharisäern auch durchaus "überwacht" wurde.

    In Matthäus 22, 34-40 ist so eine "Überwachung" beschrieben und dort kommt auch die Freiheit zum Ausdruck, die durch Jesu Lehre in das Leben der Christen getreten war. Dort steht:

    Als aber die Pharisäer hörten, dass er die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, versammelten sie sich miteinander. Und es fragte einer von ihnen, ein Gesetzesgelehrter, und versuchte ihn und sprach: Lehrer, welches ist das größte Gebot im Gesetz? Er aber sprach zu ihm: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand." Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

    Das ganze Gesetz und die Propheten, also auch alle 613 Gebote, werden nach Jesus durch das Liebesgebot hinreichend beachtet und das schafft natürlich eine (Glaubens)Perspektive, die den Gläubigen dazu befreit, sich auf das Wesentliche (nämlich die Liebe zu Gott) konzentrieren zu können, ohne dabei befürchten zu müssen, dass man sich gegenüber einem der 613 Gebote unangemessen verhält.

    Tatsächlich war natürlich auch Paulus bewusst, dass im Mittelpunkt des christlichen Glaubens die Liebe steht (man denke nur an 1.Korinther 13,1ff - dem "Hohelied der Liebe"), aber er war als Apostel eben auch sehr in Sorge, dass in den Gemeinden die gewonnene Freiheit zu Problemen führen könnte. So schreibt er z.B. den Korinthern in seinem ersten Brief (1.Korinther 6,12):

    Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts beherrschen lassen.

    Und der Gemeinde in Galatien schreibt er (Galater 5, 13+14):

    Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder. Nur gebraucht nicht die Freiheit als Anlass für das Fleisch, sondern dient einander durch die Liebe! Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst."

    Du siehst also, liebe thalestris, dem Paulus war das Liebesgebot absolut bewusst und er wusste daher natürlich auch von der damit verbundenen Freiheit. Er mahnte nur davor, dass wir mit der Freiheit nicht leichtfertig umgehen sollen, weil er wusste, dass man dann ganz schnell in neue Abhängigkeiten geraten kann, die einem letztlich gar nicht gut tun.

    Der christliche Glaube will also keinesfalls alles Körperliche verdammen, oder unsere Bedürfnisse und Triebe unterdrücken, aber er möchte uns sicher davor bewahren, dass wir in schmerzhafte Abhängigkeiten geraten.

    LG
    Provisorium
    Danke für die gute Erklärung :)

    LG Thalestris
    https://www.youtube.com/watch?v=NqyAqz85_7E

    fairytales don´t always have a happy ending, do they?

    Wenn ich mit Gott spreche, dann nennt man das beten. Wenn Gott mit mir spricht, dann nennt man das Psychose :D :D

  9. #39
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    Hi Sir Lior

    Zitat Zitat von Lior Beitrag anzeigen
    Das ist schade. Denn er ist wie ich finde wirklich gut. Und bei so einem Film lässt man sich doch nicht ablenken. Meine Empfehlung… nochmal anschauen. Vielleicht hat er dich aber auch einfach nicht genug gefesselt?
    Tja...was soll ich sagen^^ Ich hab den Film ja hier und kann ihn mir jederzeit nochmal ansehn wenn ich will :) Richtig gefesselt hatte er mich nicht das stimmt... aber dafür war ich von meiner Ablenkung sehr gebannt und für die hats sich auch gelohnt den Film nicht ganz mitzuverfolgen

    Ah, es tobt also sozusagen der Lebenshunger… dann verstehe ich und will auch nichts gesagt haben. Aber erinnere mich bei unserem nächsten Austausch an diesen Punkt… da habe ich ohne nun den tadelnden Finger erheben zu wollen vielleicht noch eine Geschichte dazu, die du wie ich denke dir mal durch den Kopf gehen lassen solltest.
    Ich werd dich dran erinnern. Bin auf diese Geschichte gespannt^^ Da fällt mir ein....ich schulde dir ja auch noch eine. Zum Glück hab ich heute noch Urlaub^^


    Nach christlicher Vorstellung vielleicht ja. Aber meine Ehe gründet sich auf anderen Qualitäten als Sexualität. Und auch Treue bestimmt sich über andere, "geistige" Qualitäten und nicht über körperliche Aktivitäten. Warum sollte also gelebte Sexualität außerhalb der Ehe diese brechen?^^
    Naja...das ist eben so die gängige Einstellung in den Köpfen der meisten Menschen oder nicht? Darum die Frage... eine Freundin von mir ist sogar schon eingeschnappt wenn ihr Freund anderen Mädels hinterher schaut. Für sie beginnt Betrug sogar schon da. Das finde ich aber übertrieben... aber da siehst du ja wie unterschiedlich die Menschen das sehen. Und im Christentum ist es doch auch nicht anders? Da heisst es doch, wenn ein Mann eine Frau lüstern ansieht weil sie z.B. freizügig gekleidet ist, dann ist das Ehebruch im Geist. Oder so ähnlich...


    Für mich ist wie gesagt Sexualität ein mögliches (wenn auch nicht notwendiges) Ausdrucksmittel einer innigen Zuneigung. Warum sollte es nicht möglich sein, außerhalb der Ehe auch andere, qualitative und innige Freundschaften zu führen, die den Wunsch verspüren lassen, diesem Gegenüber die eigene Zuneigung auch durch körperliche Nähe zu vermitteln? Und ggf. auch das Geschenk körperliche Freuden und der damit verbundenen Intimität mit ihm zu teilen, wenn denn der Wunsch danach vorhanden ist?
    Tja...warum. Ich glaube viele hätten Angst dass daraus mehr wird. Verlustängste... und dann werden sie zickig und besitzergreifend. Oder so.

    Denn für mich ist diese Gemeinschaft ein Geschenk. Ich käme daher nie auf die Idee einen Besitzanspruch auf meine Partnerin anzumelden oder sie anderweitig unter Druck zu setzen. Der Anspruch aber, sie müsse unter Androhung der Trennung ausschließlich mir die sexuelle Treue halten, wäre genau das. Und hier legen wir in einem ganz bestimmten Lebensbereich (nämlich der Sexualität) moralische Richtlinien an, die wir in keinem anderen Lebensbereich als moralische Forderung akzeptieren würden.
    Das finde ich gut. Ein Mensch gehört einem anderen Menschen nämlich nicht. Ne Partnerschaft ist ja keine Gefangenschaft... ich empfinde dieses "du gehörst nur zu mir und sonst niemandem" als dominantes Machtgehabe was mir ein unangenehmes Gefühl hinterlässt. Aber was Ehe betrifft hatte ich auch nicht gerade ein gutes Vorbild.... ich verbinde mit Ehe vor allem Pflicht, Druck, Zwang und Unglück... ich denke auch nicht das ich jemals heiraten möchte.
    Ich will nicht so enden wie meine Mutter. In einer Machtabhängigkeit. Nein danke.

    Aber die Gründe für meine Überzeugung ausführlich darzulegen, würde den Rahmen eines Forums sprengen. Es ist die Folge langjährigen Nachsinnens und einer intensiven Beschäftigung mit dem Thema und seinen philosophischen und psychologischen Aspekten. Wenn es dich interessiert, dann kann ich dir gerne entsprechende Literatur zu dem Thema empfehlen. Nur mittlerweile müssten sich meine Literaturempfehlungen zu den diversen Themen auf deinem Nachttisch stapeln.^^
    Wenn das den Rahmen des Forums sprengt dann reden wir halt privat darüber :D Und joa... ein paar Bücher von dir stehen in meinem Regal :)

    Nun ja, kennst du das, dass du in einer wunderschönen Situation sitzt, vielleicht auf einer Bank in der nächtlichen Natur, z.B. am einem Waldrand … und das du in den Himmel schaust auf all die Sternenpracht. Und der Moment, so schön er auch ist, dich doch betrübt, weil du ihn mit niemandem teilen kannst?…..
    Ja...das kommt mir gerade sehr vertraut vor. Wobei das Ende anders in meiner Erinnerung ist. :)


    Sicherlich, Sexualität kann einer einfachen Befriedigung dienen. Die kurzfristige aber wie ich finde oberflächliche und schale Lustgewinn.
    Ich muss ja ehrlich zugeben das bis vor kurzem dieses Bild über die Sexualität in meinem Kopf war. Reine Lustbefriedigung, sonst nichts. Sexualität aus Liebe und Zuneigung war für mich etwas, das ich mir nicht vorstellen konnte.

    Aber sie kann auch sehr viel mehr sein. Ein Moment, in dem man sich seinem gegenüber ganz öffnet und sich darbietet. Auch auf die Gefahr hin übertrieben poetisch zu klingen kann es ein Moment größter Hingabe sein, denn in keinem anderen Moment des Erwachsenenlebens sind wir so abhängig und so entblößt wie in diesem. Es ist eine Begegnung, die alles andere in den Hintergrund drängen und vergessen lassen kann. Die intensive Glücksmomente beschert – aber nicht weil man auf sich selbst und seinen Lustgewinn schaut, sondern weil man seine Freude und seine Glückseligkeit aus der Freude und Glückseligkeit des anderen zieht. Man gibt und empfängt zugleich, versinkt immer tiefer in diesen Moment…. und nicht wenige die ich kenne würden behaupten, dass sie in diesem Moment der gegenseitigen Hingabe ein Hauch jener Ewigkeit verspüren, die möglicherweise als Erinnerung an die Einheit und Gemeinschaft mit Gott tief in uns schlummert. Aber letztlich ist dies nur der klägliche Versuch mit sehr blumigen und übertriebenen Worten etwas auszudrücken, was sich der sprachlichen Beschreibung entzieht.
    Nein das klingt nicht blumig oder übertrieben poetisch. Das hört sich schön an :) Und es fällt mir schwer zu glauben dass sowas dem Glück im Weg stehen soll (Digido sieht es ja so und verzichtet deswegen komplett auf Sexualität). Ich kann mir nicht vorstellen das es auf so ne Art den Menschen von Gott trennt oder das Gott das als Schwäche ansieht. Die Fähigkeit zu lieben oder Liebe weiterzugeben kann doch gar nicht von Gott trennen...?

    Aber thalestris… mit Blick auf den Umstand, dass wir ja nun auch etwas näher befreundet sind und obschon dich dieser Teil meines Lebens bisher wenig interessiert hat)…. muss ich ob deinem Interesse befürchten, dass nun bald das Bekunden eines konkreten in diese Richtung schielenden Wunsches folgen mag.



    So.. und nachdem mein Wortspiel mit Schalk und Schakal daran scheitert, dass dieses Icon ja Hyänen sind, sage ich nun gute Nacht und schaue mich nach meinem Büßergürtel um.^^
    Du Lümmel :D das sehn wir ja dann wie sich der Begriff Freundschaft in unserem Fall definieren wird
    https://www.youtube.com/watch?v=NqyAqz85_7E

    fairytales don´t always have a happy ending, do they?

    Wenn ich mit Gott spreche, dann nennt man das beten. Wenn Gott mit mir spricht, dann nennt man das Psychose :D :D

  10. #40
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    Zitat Zitat von Lior Beitrag anzeigen
    Oh.... es fällt mir gerade erst auf, dass ich einen Punkt statt einem Fragezeichen gesetzt habe. Es tut mir leid und ich hoffe du verstehst es nicht falsch, denn ich wollte damit keine Feststellung machen oder dir etwas unterstellen, sondern dich mit einer amüsierten Frage necken. Das ist jetzt peinlich....^^
    Ich hab dich schon richtig verstanden^^
    https://www.youtube.com/watch?v=NqyAqz85_7E

    fairytales don´t always have a happy ending, do they?

    Wenn ich mit Gott spreche, dann nennt man das beten. Wenn Gott mit mir spricht, dann nennt man das Psychose :D :D


 

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