Paul Gerhardt ist mein Lieblingsdichter. Seine Gedichte sind für mich praktische Theologie und angewandte Seelsorge.
Das Lied, das ich hier vorstellen will, ist ein Pfingstlied. Es ist erstmals in einer Liedersammlung 1653 erschienen und umfasst 16 Strophen. (Leider war es mir nicht möglich, alle Strophen zu finden.) Wegen Strophe 9 vermutete man, dass der Text vor 1648, also vor dem Ende des 30jährigen Krieges, gedichtet wurde.
Heutzutage sind 16 Strophen sehr viel für ein Lied. Dabei ist aber die Entstehungszeit zu bedenken. Barock - das bedeutet auch aus „ausladend“. Und so sind die Texte dieser Zeit lang, ausschweifend und mit kompliziertem Satzbau.
Der Text beginnt schwerfällig, beinahe lehrmäßig. Dogmatisch korrekt wird der Dreieinige Gott beschrieben. Die Strophen 3 und 4 könnten auch eine Taufformel sein.
Die „Du-Strophen“ 4 bis 8 sind für mich schönsten im Text. Der Dichter verzichtet auf jede Theologie und lässt stattdessen sein Herz sprechen. Der Heilige Geist macht uns zu „Priestern und Propheten“, eine für manchen kühne Aussage.
Der Heilige Geist zeigt uns, wie wir beten sollen. Er sorgt dafür, dass unsere Gebete erhört werden und das wir in richtiger weise singen. Hierin sehe ich einen Bezug zu Röm. 8,26 „...denn wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie es sich gebührt...“
Dann ist der Heilige Geist einer, der Freude schenkt. Die Freude scheint mir in der Dichtung Paul Gerhardts eine wichtige Rolle zu spielen. Da ist vom Freudensaal die Rede (Strophe 6), von der „güldnen Sonne voll Freud und Wonne“ oder vom „Freudenlicht“.
Überhaupt ist es Paul Gerhardt wichtig zu betonen, wie wichtig der Heilige Geist im Alltag ist. „Seinen Geist den edlen Führer, schenkt er mir in seinem Wort“. Oder, der Geist „hilft mir das Abba schreien mit aller meiner Kraft“ (Gal. 4,6).
In den Strophen 7 und 8 ist dann vom Geist der Liebe die Rede. Erst dieser Geist ermöglicht es uns, unseren Mitmenschen zu lieben, Hass und Streit zu überwinden. Die meisten unter uns wissen, wie schwierig das in der Praxis sein kann.
In Strophe 11 wird der böse Geist beschrieben, der sich Gott widersetzt. Das klingt zunächst wie aus einer vergangenen Zeit. Wer aber an die kleinen und großen Schurken in der Menschheitsgeschichte denkt, wer bedenkt, welche Schrecken und Scheußlichkeiten diese über die Menschen gebracht haben, kommt nicht umhin, diese als Mächte oder Verbündete des bösen Geistes zu betrachten.
In der letzten Strophe bittet der Dichter, dass der heilige Geist ihm beim Sterben helfen möge. Ein "fröhliches Sterben" erscheint einem ein Widerspruch zu sein.
Paul Gerhardt wir auch als „Psalmist der Christenheit“ bezeichnet. Ich meine, dass dieses zu Recht gilt und sich das an diesem Pfingstlied besonders gut zeigt.
Gruss Gerd
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