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  1. #1

    Standard Christentum, die Zukunft des

    Im Thread „Was ist mit dem Kreuz" vertritt „samu“ die Überzeugung, dass das Christentum in einigen Jahrzehnten verschwunden sein wird. Seine Überzeugung teile ich nicht. Das Christentum hat schon verschiedene Krisen überstanden. Richtig ist, dass das Christentum in einer Krise steckt. Das hat man auch im Vatikan erkannt. Dort befürchtet man, dass Alteuropa in einigen Jahrzehnten Frei von Christen sein könnte.

    Nun interessierte mich, wie „samu“ seine Überzeugung begründet. Und natürlich wüsste ich gerne von Euch, wie Ihr über das Problem denkt.

    Ich habe diesen Thread neu eröffnet, um den oben erwähnten nicht zu zerreden.

    Gruss Gerd

  2. #2
    Samu Gast

    Standard

    Lieber Gerd, ich schrieb auch, dass eine "Art von Kulturverein" übrig bleiben wird. Ich denke, dass du mit dem Wort "Krise" schon gut den derzeitigen Zustand bezeichnest und richtig ist auch, dass es schon mehrere Krisen im Christentum gab, allerdings ist diese Krise eine substanzielle Wesenskrise, die sich im Gegensatz zu anderen Krisen darin unterscheidet, dass sie auf Grund des Glaubensfundamentes des Christentums ausgelöst wurde. Das ist in der Tat neu und eben nicht mit der Reformation oder Ähnlichem zu vergleichen. Es geht nicht um Glaubensauslegungen bei dieser Krise, sondern um die grundsätzliche Infragestellung einer Religion. An einem Beispiel will ich das in Form einer Fragestellung verdeutlichen. Wie kann eine Religion sich auf einen Religionsstifter begründen, der selbst Zeitlebens nie eine solche Religion begründet hat oder gepredigt hat, sondern Zeitlebens einer anderen Religion angehörte und auch dieser zutiefst verbunden blieb, ja sogar ein Wirken außerhalb dieser – seiner eigenen Religion - gänzlich ausschloss? Noch weiter könnte man jetzt diese Fragestellung dahingehend ausweiten, dass die unmittelbaren Jünger Jeshuas auch keinerlei Anzeichen für eine neue Religion, die sich in ihrer Substanz doch ganz wesentlich von ihrer eigenen Religion unterscheidet, neu gründen wollten.

    Hier wird schon die gesamte Problematik deutlich, welche heute zum Tragen kommt und letztendlich für die heutige Religionskrise des Christentums bezeichnend ist. Es die Frage, was sind die tragenden Wurzeln einer Religion, die sich von ihrer Mutterreligion doch sehr deutlich entfernt und entfremdet hat.

    Da es nicht nur unter Theologen und Religionswissenschaftlern in den letzten Jahren zu einem Bewusstwerden der ursprünglichen Wurzeln gekommen ist, sondern auch im Kirchenvolk selbst, wird die Aussage, die Johannes Paul II schon stellte: „Wir müssen zurück zu unseren Wurzeln, damit es eine Zukunft gibt“, mehr denn je zur existenziellen Frage, ob einer Religion, die kulturell und theologisch, in wesentlichen Punkten, auf einem anderen Fundament beruht, als die Mutterreligion, eine Rückwendung ohne massive Kursveränderungen überhaupt bewerkstelligen kann. Es gibt hier nur zwei Alternativen, entweder, man macht weiter wie bisher, oder man unternimmt diesen Kurswechsel.

    Zudem hat sich eins klar in der Religionswissenschaft herauskristallisiert, Tochterreligionen haben noch nie in der Geschichte der Menschheit eine wirklich dauerhafte Existenz gehabt, da sie dem Kernfaktum des Entzuges des Mutterbodens nicht stand hielten, weil Wesen und Element einer Religion immer auf Basis einer substantiellen Offenbarung beruht, was definitiv im Christentum nicht der Fall ist. Das Judentum ist eine Offenbarungsreligion, die sich auf Gott begründet, dass Christentum basiert auf Abspaltung von der Offenbarungsreligion und es gibt eben keine Offenbarung Gottes zu dieser Abspaltung und Entfremdung vom Mutterboden. Übrigens hat Mohamed einst diesen Sachverhalt zur Kenntnis genommen und sich gewisser Offenbarungen (woher auch immer) bedient um einen Legitimationsausschluss entgegen zu wirken und hat damit in der Tat eine eigenständige und völlig neue Religion erschaffen, weshalb er auch ganz klar ein Religionsstifter genannt wird. Gleiches gilt auch für den Buddhismus, Schintoismus und Bahaismus und anderen Religionen. Der theologische Schachzug des Christentums diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen und sich selbst als das wahre und neue Israel auszugeben oder als den geistigen Erben Israels zu benennen, wird heute „Gott sei Dank“ wieder verworfen, war aber über 1600 Jahre Wesensmerkmal jeglicher christlicher Grundaussage zur Eigenexistenz.

    Hier setzen nun eine ganze Reihe von Fragestellungen an, die wahrlich das Wesen und die Gestallt des heutigen Christentums massiv zur Eigenbestimmung hinführen. In einer Fragestellung kann man das erläutern: „Was ist das Christentum für eine Religion, welche Wesensmerkmale begründen sich auf diese Religion?“ Unschwer wird man erkennen müssen, dass es eine Mischreligion aus ganz verschiedenen Wesenselementen und Kulturen ist.

    Die Frage, die sich mir stellt ist, was für einen Kurs wird das Christentum einschlagen? Zurück zu seinen Wurzeln oder die weitere innere Selbstauflösung betreiben, um endlich im Modernismus zur kulturellen Größe zu verallgemeinern?

    Samu

  3. #3
    poetry Gast

    Standard

    Naja, sagen wir mal so:

    ICH glaube, dass das Christentum so wie es momentan existiert in ein paar Jährchen nicht mehr präsent sein wird. Warum? Weil das "Christentum" sich immer uneiniger wird. Man lese mal in einigen Foren was da abgeht:

    Katholiken erkennen Evangelen nicht an

    Einige sehr fundamentale Strömungen erkennen der ganzen Landeskirche und allen Mitgliederkirchen des ACK ihr Christentum ab

    Evangelen blicken etwas argwöhnisch auf alles was nicht evangelisch ist :D

    Das neuste sind Strömungen die allen den Glauben absprechen und sich selbst als Wahrheit darstellen und das auch noch "biblisch fundiert" nennen

    Wiederrum kristallisieren sich Sekten wie Universelles Leben die so wie einige andere Strömungen mit Sonderlehren versuchen, den Menschen die alleinige Wahrheit zu unterbreiten. UL gesellt sich damit übrigens auch in die Liga der Verschwörungstheoretiker, die ganz gern auf die Weltherrschaft des Judentums und die "Unklarheiten des Holocaust" hinweisen. Ich muss aufpassen, mich bei so einem Dreck nicht zu übergeben.

    Was mir bei diesem ganzen Gerangel abgeht ist die Frage "Wo bleibt Gott?". In diesen absolut unnützen Diskussionen vergessen wir unseren Glauben, vergessen wie wir mit unserer "alleingültigen Wahrheit" verletzen, vergessen woher unser Glaube kommt.

    Weiterhin wird eine Gemeinde momentan so von oben instrumentarisiert, dass mir da wieder o.g. Frage aufkommt: Wo bleibt Gott? Wo bleibt er, wenn wir sehen, dass Gemeinden wie Wirtschaftsunternehmen geführt werden?

    Ich denke, dass es viele Gemeinden und viele Gläubige gibt, die sich zu ihrem Fundament aufmachen, die wissen wollen was es heißt, wenn wir sagen, wir wollen Jünger Jesu sein. Ohne den Blick auf den jüdischen Glauben geht das imho nicht.

    Gruß,
    Poetry

  4. #4
    JC-Freak Gast

    Standard

    Die Frage ist doch: was meint ihr mit Christentum?

    "Christentum" ist eh ein recht fieses Wort. Als wäre es ein Ding, eine reine Kopfsache.

    "Christentum" als Weltreligion... möglich, wenn nicht gar sehr wahrscheinlich, dass das schwindet.

    Aber Menschen, die Jesus - dem Christus - als lebendige Jünger und Opfer nachfolgen, wird es immer geben, bis zu Seiner Rückkehr.

  5. #5
    tanuki Gast

    Standard

    Hi,
    mich würde mal eine "Prognose" interessieren von dir, Samu, z. B. oder auch von Poetry:
    wie wirkt sich ein fundamentalistischer Islam - besonders in der Zeit nach dem 11.9.2001 - auf das gesamte "Christentum" aus?
    Mögliche Reaktionen des "Christentums" könnten sein:
    1. Stärkeres Zusammenhalten über alle "Gräben/Gruppierungen" hinweg... oder aber
    2. stärkeres Hinterfragen der eigenen Glaubensgrundlage angesichts der Präsenz strikt gläubiger Muslime oder eben
    3. Erstarken von christlichem Fundamentalismus

    Persönlich bin ich überzeugt, dass die nie vorher so gesehene und immer weiter fortschreitende Globalisierung die Welt- und Glaubensbilder der einzelnen Menschen stark verändert/verändern wird.

    Shalom, tanuki

  6. #6
    poetry Gast

    Standard

    2. und 3. ist bereits eingetreten, liebe Tanuki.

    Eines haben wir aber vergessen: Es wird wieder Fremdenhass in die Gemeinden getragen.

    Egal wie eine Religion heißt, sobald sich aus ihr Fanatiker herauskristallisieren, wird es gefährlich *meine Meinung*

  7. #7
    Popcorn Gast

    Standard

    Ich für mich empfinde, dass es wie eine Teilung gibt. Die einen lassen sich gefangen nehmen von Programmen und Abläufen, schönen Gebäuden und so weiter. Der Rahmen ist wichtig.

    Und dann gibt es die anderen, die machen sich auf in seine Nähe, an sein Herz, zurück zu den Wurzeln. Der Motor ist die Liebe zum Gott Israels. Und der Allmächtige selber, hält den Motor am Laufen, mit seiner Gnade und Barmherzigkeit. Da verblasst alles andere, das Leben wird zum Gottesdienst, die Gebete werden zu Opfergaben. Hier kommt es nicht mehr in erster Linie darauf an aus welcher Kirche oder Gemeinschaft man kommt, sondern das Zentrum des Glaubens ist der Allmächtige persönlich. Zu ihm hin lebt man, gespiesen aus der gewaltigen Sehnsucht die wie ein Quell sprudelt. Je mehr man hat, je mehr will man davon haben. Und der Vater gibt gerne. :P

    Gedanken von
    Popcorn

  8. #8
    Registriert seit
    11.07.2006
    Beiträge
    5.546
    Blog-Einträge
    7

    Standard

    Ich denke auch, dass sich in nächster Zeit im Christentum die Spreu vom Weizen trennen wird und auch muss.

    Wie Popi schon schrieb...viele brauchen ihre Sonntäglichen Wohlfühl Gottesdienste und das reicht ihnen dann....ihnen ist der Rahmen sehr wichtig.

    Und dann merke ich aber, dass es da noch Menschen gibt, die angefangen haben zu hinterfragen und zu graben...das sind Menschen die aufhorchen wenn sie etwas von der "Wurzel" lernen dürfen. Sicher ist das noch ein beschwerlicher Weg den sie vor sich haben....aber sie erspüren das Echte heraus und die Wahrheit.

    Ob sich das Christentum auflösen wird..hmmm das bezweifle ich sehr stark Samu, denn immer mehr wird im Christentum geackert was das Zeug hält...das Fleisch vermag auch großes zu bauen. Wenn ich mir anschaue was für Imperien die letzten Jahre aus dem Boden gestampft wurden und wenn ich dann noch die Nöte der Menschen sehe und ihr suchen, dann kann ich mir schwerlich vorstellen, dass die Kirchen eines Tages leer sein werden. Ob darin der Gott Israel gepredigt wird lassen wir mal außen vor. Aber in Notzeiten waren die Kirchen immer gefüllt - oder sehe ich das falsch?

    Ich hoffe nur, dass auch die "Wurzel" immer mehr begreift, dass sie die "Eingepfropften" an die Hand nehmen müssen. Dass auch sie uns endlich wie Brüder und Schwestern sehen.....

    Ich bin euch allen so dankbar für die letzten Monate...ich habe so viel Neues erfahren dürfen...manchmal war ich so mit Neuem voll, dass ich dachte...langsam, langsam - ich kann so schnell nicht alles aufnehmen und in mir verarbeiten. Im Moment fühle ich wie ich feststecke und das gefällt mir dann auch wieder nicht. Aber ich grabe weiter bis ich an die Quelle komme die nie wieder aufhören wird zu sprudeln.

  9. #9
    Samu Gast

    Standard

    Ob sich das Christentum auflösen wird..hmmm das bezweifle ich sehr stark Samu, denn immer mehr wird im Christentum geackert was das Zeug hält...das Fleisch vermag auch großes zu bauen. Wenn ich mir anschaue was für Imperien die letzten Jahre aus dem Boden gestampft wurden und wenn ich dann noch die Nöte der Menschen sehe und ihr suchen, dann kann ich mir schwerlich vorstellen, dass die Kirchen eines Tages leer sein werden. Ob darin der Gott Israel gepredigt wird lassen wir mal außen vor. Aber in Notzeiten waren die Kirchen immer gefüllt - oder sehe ich das falsch?
    @Nun liebes Fischi, dass bestreite ich nicht, doch die Frage wird sein, was ist das dann? Ein Kulturverein für seelisch Notleidende? Ich lese ja alles was ich in die Hände bekomme über das alte Ägypten und stell dir vor, wenn schlimme Zeiten über Ägypten kam, so las ich, dann waren auch denen ihre Tempel voll und noch voller die Kornspeicher der Priester! :shock:

    Ja es liegt im Wesen des Menschen sich in Notzeiten einen himmlischen Beistand zu holen. Ob im alten Ägypten oder in unserer Zeit, es ist immer schon so gewesen. Ob es nun der Teufel ist oder sonst was, hauptsache was übernatürlich Himmlisches.


    Die Frage ist doch: was meint ihr mit Christentum?

    "Christentum" ist eh ein recht fieses Wort. Als wäre es ein Ding, eine reine Kopfsache.

    "Christentum" als Weltreligion... möglich, wenn nicht gar sehr wahrscheinlich, dass das schwindet.

    Aber Menschen, die Jesus - dem Christus - als lebendige Jünger und Opfer nachfolgen, wird es immer geben, bis zu Seiner Rückkehr.
    @ JC Freak, natürlich spreche ich in erster Linie vom Weltchristentum und hier in vielen seinen Ausprägungen.
    Die Frage ist doch letztendlich, welchem Gott folge ich nach und nicht welcher Religion. Doch ich glaube eben nicht, wenn man dem Schuh des Manitu folgt, dass man damit auch dem wahren Gott folgt.

    1. Stärkeres Zusammenhalten über alle "Gräben/Gruppierungen" hinweg... oder aber
    @Tanuki, dass mit dem ABER, dass ist genau dieser Punkt - das ABER! Ich bezweifle es ernsthaft und wenn, dann wird es doch sehr diktatorisch, weil eben auch in dieser Not so mancher den Gewinn sehen wird, mit Angst an Macht zu gewinnen.

    Samu

  10. #10

    Standard

    Lieber Samu,
    die Krise des Christentums sehe ich anders als Du. Du sagst, zu Recht, dass Jesu Jude und kein Christ war. Aber welche Christen sind sich derssen bewußt? Die Christen verdraengt diese Tatsache seit mindestens 1700 Jahren - ich selbst habe sie rund 40 Jahre verdraengt. Die Nazi-Propaganda ging so weit, Jesus zum Arier zu erklaeren. Von Paulus und seiner "Bekehrung" will ich gar nicht reden.

    Ein Karol Wojtyla hat das Problem erkennt und erste Schritte unternommen. Aber ist das beim Kirchenvolk schon angekommen? Ich habe da andere Erfahrungen aus der eigenen Gemeinde.

    Nach meiner Meinung ist die Krise des Christentums eine gaenzlich andere. Die Krise ruehrt daher, dass die Menschen das Fragen nach Gott nicht mehrverstehen. "Es mag ein Gott existieren. Aber er interessiert sich nicht fuer mich, und ich interessiere mich nicht fuer ihn." Hierin liegt fuer mich das Problem.

    Ein anderes Problem ist, dass Christen nur wenig ueber ihre eigene Geschichte, ueber ihre eigenen Glaubensannahmen wissen (von Dir immer wieder thematisiert). Ob dieses Unwissen den Untergang einleitet oder foerdert, kann ich nicht sagen. Das mangelde Wissen um die eigenen Glaubensannahmen ist fuer mich der Grund der vielen Spaltungen in der Geschichte der Christenheit.

    Gruss Gerd


 

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