Seite 1 von 6 123 ... LetzteLetzte
Ergebnis 1 bis 10 von 52
  1. #1
    Sapientia Gast

    Standard Glauben - wie geht das?

    Hallo an alle!

    Christinnen und Christen sprechen gerne von einer lebendigen Beziehung zwischen ihnen selbst und Gott. Dieses Vertrauen wird als Glaube bezeichnet (zumindest wurde es mir mal so erklärt).

    Damit es zu diesem Vertrauen kommen kann, muss doch davor eine Erfahrung stehen, sonst ist das doch alles blinder Glaube. Mit welchen Mitteln lässt sich eine derartige Erfahrung machen, die das Fundament für dieses Vertrauen bilden kann - ähnlich dem Fels auf dem der kluge Mann sein Haus baut (Lk 6,47-49).

    Eine zweite Frage, die eng mit der ersten zusammenhängt: Wie seid ihr zu einem solchen Glauben gekommen?

    Liebe Grüße,
    Sapientia :-)

  2. #2
    Registriert seit
    20.10.2010
    Beiträge
    697
    Blog-Einträge
    1

    Standard

    Den meisten Menschen, die glauben, wird der Glauben doch einfach anerzogen. Ihre Eltern bringen ihnen bei, dass es Gott gibt und sie zu ihm beten sollen, und die Kinder akzeptieren das dann einfach so. Manche bleiben gläubig, bei vielen lässt der Glauben im rebellischen Teenageralter oder auch später nach.
    Natürlich gibt es auch Menschen, die erst später oder später wieder zu Gott finden. Ich vermute einmal, dass das bei den meisten mit Lebenskrisen zusammenhängen wird. Der Mensch neigt nun einmal dazu, dann spirituellen Rückhalt zu suchen - nicht immer in der Religion, oft auch in der Esoterik oder manchmal auch in einer radikalen weltlichen Ideologie, die oft auch einen quasi-religiösen Charakter haben.

    Bei mir war es jedenfalls so, dass ich römisch-katholisch erzogen wurde. Ich war in meiner Kindheit eher strenggläubig. Ich dachte sogar daran, eine Priesterlaufbahn einzuschlagen, allerdings konnte ich mir kein Leben ohne Liebe und Sex vorstellen, sodass ich es dann doch bleiben ließ. In den letzten Jahren geriet ich dann in eine Glaubenskrise. Ich bin zwar immer noch katholisch, aber der Messbesuch ist für mich reine Pflichterfüllung. Irgendwelchen Halt im Leben oder gar spirituelle Erfüllung gibt mir mein Glaube schon seit Jahren nicht mehr. Überhaupt befinde ich mich derzeit in der Hinsicht irgendwie in einem totalen Chaos. Und jetzt? Grundsätzlich bin ich immer noch irgendwie Katholik und betrachte insbesondere die Evangelien immer noch als Grundlage meines Glaubens. Der römisch-katholischen Kirche stehe ich mittlerweile sehr skeptisch gegenüber und stütze mich lieber auf die Bibel, insbesondere die Evangelien, direkt als Glaubensgrundlage denn auf die kirchlichen Lehre. Ich glaube grundsätzlich immer noch an den einen Gott (wenngleich ich immer wieder agnostische Phasen durchmache), und zum Polytheisten werde ich nimmermehr (zumal meiner Meinung nach die Existenz mehrerer Götter ein Widerspruch in sich ist), aber ... naja. Es gibt so vieles, was ich nicht so recht verstehe. Außerdem denke ich sehr viel über den Tod nach, und da gibt es auch sehr viel, was ich nicht verstehe.

    Zum Vergleich: Mein jüngerer Bruder wurde auch römisch-katholisch erzogen. Er wandte sich aber schon im Teenageralter ab, weniger aus Überzeugung sondern eher aus Bequemlichkeit, weil ihm der Messbesuch und sonstige kirchliche Vorschriften einfach zu lästig waren. Heute ist er wohl Agnostiker.

    Eine "lebendige Beziehung" habe ich zu Gott nicht. Ich akzeptiere ihn, spüre aber nicht seine Nähe und habe nicht das Gefühl, dass er sich um mich kümmert. Er ist einfach da und macht gewisse Vorschriften, aber das war's dann auch schon.

  3. #3
    Registriert seit
    18.08.2008
    Ort
    Auf Gottes Erde
    Beiträge
    285

    Standard

    Es gibt auch andere Erfahrungen. Erfahrungen die eine Sehnsucht wachsen lassen nach Liebe und Begegnung zu diesem Gott. Ich glaueb persönlich dass es nur mit einer persönlichen Entscheidung geht. Christsein ist ein Zustand nicht etwas was anerzogen werden kann! Ohne eine persönliche Entscheidung geht es irgendwie nicht. Gott ist dann zwar da aber anders. Christsein bedeutet für mich: Beziehung haben, aber lebendig, wie in einer (liebenden)Freundschaft wo die Anliegen erahnt werden und Liebe die hauptsächliche Grundlage sein sollte...
    Ich wünsche auch allen dazu, die fürsorgliche und liebende Nähe unseres Vaters der auch Mutter ist.
    lg martin

  4. #4
    Registriert seit
    20.10.2010
    Beiträge
    697
    Blog-Einträge
    1

    Standard

    Ich denke nicht, dass Glaube etwas mit einer persönlichen Entscheidung zu tun hat. Glauben ist eine Sache der persönlichen Überzeugung und unterliegt als solcher nicht der Willensfreiheit. Man kann sich entscheiden, ob man lieber eine Pizza oder einen Salat essen möchte oder welchen Film man sich ansehen möchte etc. Aber man kann sich nicht entscheiden, ob man an Gott glauben möchte oder nicht. Entweder man tut es oder nicht. Schon deshalb ist jede Form von Zwangsmissionierung (neben allem anderen, was sie sonst noch verwerflich macht) Unfug: Man kann sich nicht entscheiden, an Gott glauben zu wollen, wenn man es nicht tut. Man kann sich umgekehrt zwar entscheiden, Gott ignorieren zu wollen, aber dadurch verschwindet nicht der Glaube an sich. Entweder man glaubt oder nicht, willentlich lässt sich das nicht beeinflussen.

  5. #5
    luxdei Gast

    Standard

    Alle Religionen haben zwei Wege hervorgebracht. Einen dogmatischen Weg und einen, der auf eine direkte Gotteserfahrung abzielt - der Weg der Mystik, der Weg nach innen. Leider wurde letzterer im Christentum unterdrückt und verfolgt. Aber in den Schriften von Evagrius Ponticus, Johannes Tauler u.a. sind Empfehlungen und Anleitungen erhalten geblieben.
    Auch in Anlehnung an Tauler wäre einer Christin vielleicht folgendes zu empfehlen: Setze dich hin oder knie nieder - wie immer du magst - und bete. Erzähl Gott alles, was dir ins Bewußtsein kommt. Sei es auch noch so lapidar oder unpassend. Gib dich deinem Gebet hin. Bete und bete ... und dann wirst du merken, daß du ganz von selber innerlich still wirst. Dann laß die Worte fallen, und bleibe wach in dieser Stille. Wenn Gedanken kommen, fange wieder an zu beten. Das wäre ein erster Schritt.

    Mein Weg zu einem erfahrungsbasierten Glauben? Nun, obwohl in einem atheistischen Elternhaus aufgewachsen, hatte ich schon als kleines Kind religiöse Neigungen, die mal stärker, mal schwächer durchkamen. In meiner Kindheit gab es eigentlich nur das Christentum als Religion. Dieses wurde mir aber bald zu eng, zu unergiebig. Es konnte mir keine Heimat geben. Relativ früh bin ich mit Schriften zum Zen-Buddhismus und dem spirituellen Yoga in Kontakt gekommen. Auch wenn ich als gerade mal Teenager nicht alles verstand - ich war 13 oder 14, haben sie mich nachhaltig beeinflußt.
    Heute gehöre ich keiner Religion an. Meine Heimat habe ich im Kriya-Yoga gefunden, der sowohl meine spirituellen Neigungen als auch meine Rationalität befriedigt.

    Gruß
    LD

  6. #6
    Registriert seit
    20.10.2010
    Beiträge
    697
    Blog-Einträge
    1

    Standard

    Das ist interessant. Wodurch wurden Deine religiösen Neigungen als kleines Kind ausgelöst, wenn Du durch Deine Eltern keine Religionen kennengelernt hast? Wie äußerten sie sich?

  7. #7
    luxdei Gast

    Standard

    @ BR

    Einen Auslöser kann ich Dir nicht nennen. Meine Mutter erzählte mir, daß ich schon immer als Kleinkind in die Kirche wollte. Und konnte es sich auch nicht erklären. Ich wußte immer, daß Religion irgendwie "richtig" ist. Hatte immer einen Draht dazu. Schwer zu beschreiben.

    Aus meiner Sicht der Dinge würde ich sagen, daß meine religiösen Neigungen Auswirkungen früherer Leben sind, da aus meinem jetzigen Leben nichts auslösendes bekannt ist und nichts ohne Ursache geschieht. Aber auch diese Erklärung läßt sich offenkundig schwer belegen ;-)

  8. #8
    Sapientia Gast

    Beitrag

    Hallo an alle!

    Vielen Dank zunächst mal für eure Antworten!

    Zitat Zitat von Blood_Raven
    Bei mir war es jedenfalls so, dass ich römisch-katholisch erzogen wurde. Ich war in meiner Kindheit eher strenggläubig. Ich dachte sogar daran, eine Priesterlaufbahn einzuschlagen, allerdings konnte ich mir kein Leben ohne Liebe und Sex vorstellen, sodass ich es dann doch bleiben ließ. In den letzten Jahren geriet ich dann in eine Glaubenskrise. Ich bin zwar immer noch katholisch, aber der Messbesuch ist für mich reine Pflichterfüllung. Irgendwelchen Halt im Leben oder gar spirituelle Erfüllung gibt mir mein Glaube schon seit Jahren nicht mehr. Überhaupt befinde ich mich derzeit in der Hinsicht irgendwie in einem totalen Chaos. Und jetzt? Grundsätzlich bin ich immer noch irgendwie Katholik und betrachte insbesondere die Evangelien immer noch als Grundlage meines Glaubens. Der römisch-katholischen Kirche stehe ich mittlerweile sehr skeptisch gegenüber und stütze mich lieber auf die Bibel, insbesondere die Evangelien, direkt als Glaubensgrundlage denn auf die kirchlichen Lehre. Ich glaube grundsätzlich immer noch an den einen Gott (wenngleich ich immer wieder agnostische Phasen durchmache), und zum Polytheisten werde ich nimmermehr (zumal meiner Meinung nach die Existenz mehrerer Götter ein Widerspruch in sich ist), aber ... naja. Es gibt so vieles, was ich nicht so recht verstehe. Außerdem denke ich sehr viel über den Tod nach, und da gibt es auch sehr viel, was ich nicht verstehe.

    Zum Vergleich: Mein jüngerer Bruder wurde auch römisch-katholisch erzogen. Er wandte sich aber schon im Teenageralter ab, weniger aus Überzeugung sondern eher aus Bequemlichkeit, weil ihm der Messbesuch und sonstige kirchliche Vorschriften einfach zu lästig waren. Heute ist er wohl Agnostiker.

    Eine "lebendige Beziehung" habe ich zu Gott nicht. Ich akzeptiere ihn, spüre aber nicht seine Nähe und habe nicht das Gefühl, dass er sich um mich kümmert. Er ist einfach da und macht gewisse Vorschriften, aber das war's dann auch schon.
    Danke für deine offene Schilderung, Blood_Raven!
    Ich finde es angenehm, dass solche Aussagen hier toleriert werden - ich vermute, dass ihnen anderen christlichen Foren ein solcher Beitrag sogleich von einigen Usern scharf kritisiert werden würde.

    Zitat Zitat von luxdei
    Alle Religionen haben zwei Wege hervorgebracht. Einen dogmatischen Weg und einen, der auf eine direkte Gotteserfahrung abzielt - der Weg der Mystik, der Weg nach innen. Leider wurde letzterer im Christentum unterdrückt und verfolgt. Aber in den Schriften von Evagrius Ponticus, Johannes Tauler u.a. sind Empfehlungen und Anleitungen erhalten geblieben.
    Ich denke, dass in Religionen anfangs immer (oder zumeist) eine spirituelle Einsicht einer Persone (oder einer Gruppe von Personen) gestanden hat. Religionen erleiden meist dann das Schicksal kodifiziert zu werden: aus einer bereichernden Erfahrung werden Vorschriften gebastelt wie man zu leben hat, wie man sich selbst und die Welt zu sehen hat. Das mag einigermaßen verständlich sein um Menschen zu kontrollieren, Königreiche stabil zu halten. Aber für viele kann solche Regelungen das Leben einengen.

    Schlimm werden solche Kodifizierungen, wenn Menschen dadurch das Leben anderer beeinträchtigen (etwa im Fundamentalismus). Menschen werden aufgrund von Begriffen über die sich irgendwelche Leute den Kopf zerbrechen, verfolgt und gefoltert. Den "Weg der Mystik" wie es luxdei benennt, lässt sich aber nicht nach Kochrezept auf andere Menschen überstülpen. Der dogmatische Weg kann auch mit Gewalt weitergegeben werden.

    Zitat Zitat von luxdei
    Auch in Anlehnung an Tauler wäre einer Christin vielleicht folgendes zu empfehlen: Setze dich hin oder knie nieder - wie immer du magst - und bete. Erzähl Gott alles, was dir ins Bewußtsein kommt. Sei es auch noch so lapidar oder unpassend. Gib dich deinem Gebet hin. Bete und bete ... und dann wirst du merken, daß du ganz von selber innerlich still wirst. Dann laß die Worte fallen, und bleibe wach in dieser Stille. Wenn Gedanken kommen, fange wieder an zu beten. Das wäre ein erster Schritt.
    Danke für die Empfehlung. Werde ich mal versuchen.
    Ich selbst übe mich in Zen-Meditation, dieses "wach bleiben in der Stille" ist mir dadurch schon vertraut.

    Liebe Grüße,
    Sapientia

  9. #9
    luxdei Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Sapientia Beitrag anzeigen
    Ich selbst übe mich in Zen-Meditation, dieses "wach bleiben in der Stille" ist mir dadurch schon vertraut.
    Dieses "Beten ohne Unterlass" ist eigentlich nur eine Art, in die Stille zu gehen. Ähnlich wie beim ZaZen das Zählen des Atems o.ä.

    Seit wann meditierst Du?

    Gruß
    LD

  10. #10
    Registriert seit
    20.10.2010
    Beiträge
    697
    Blog-Einträge
    1

    Standard

    Zitat Zitat von Sapientia Beitrag anzeigen
    Ich denke, dass in Religionen anfangs immer (oder zumeist) eine spirituelle Einsicht einer Persone (oder einer Gruppe von Personen) gestanden hat. Religionen erleiden meist dann das Schicksal kodifiziert zu werden: aus einer bereichernden Erfahrung werden Vorschriften gebastelt wie man zu leben hat, wie man sich selbst und die Welt zu sehen hat. Das mag einigermaßen verständlich sein um Menschen zu kontrollieren, Königreiche stabil zu halten. Aber für viele kann solche Regelungen das Leben einengen.
    Dass Religionen meist bald nach ihrer Entstehung in Regeln gepresst werden, stimmt natürlich, aber ich glaube, man muss gar nicht so weit gehen, das mit Kontrollwünschen oder gar weltlichen Bestrebungen zu erklären. Religionen haben es nun einmal an sich, dass sie von ihren Anhängern für "richtig" gehalten werden. Viele Religionen (die ostasiatischen sind da teilweise eine Ausnahme) erheben auch den Anspruch, die einzig richtige zu sein. Da ist es wohl irgendwie natürlich, dass die Glaubensinhalte in Regeln und Formeln gepresst werden, um sie leichter vermitteln und praktizieren zu können. Denn was ohnehin "richtig" ist, nach dem sollten natürlich möglichst viele Menschen leben und danach glauben. Außerdem sind Religionen meist auch interpretationsbedürftig. Die oft eher nebulösen Aussagen des Stifters müssen präzisiert werden, um sie für den "Alltagsgebrauch" tauglich zu machen. Auch das führt letztlich zu Kodifizierungen.


 

Ähnliche Themen

  1. Wo geht’s hin?
    Von Victor im Forum Glaubensfragen / Jesus / Gebete
    Antworten: 2
    Letzter Beitrag: 19.04.2007, 22:44

 Besucher kamen mit folgenden Begriffen auf diese Seite:

ein kz aufseher bereut

Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •