Einst ging ein Bischof durch die Stadt.
Ein Bettelbub zu ihm trat,
zog vor ihm ab gar tief den Hut
und sagt: „Herr, seien Sie so gut,
bis an den Hals steck ich in Schulden.
Und schenken Sie mir einen Gulden
Zu diesem lieben Neuenjahr,
das wär ein christlich Werk fürwahr!“
„Was?“, schrie der Bischof eifersvoll.
„Ich glaube, Junge, du bist toll!
Ein Gulden bei so schlechter Zeit
Ist wahrlich keine Kleinigkeit!“
„Nun, Herr“, fiel ihm der Bettler ein,
„so mögen’s denn acht Groschen sein.“
„Nichts, nichts“, versetzt der Bischof drauf,
„geh fort und halte mich nicht auf!“
„Ihr Gnaden, einen Groschne dann.“
„Fort, fort! Auch den nicht.“ –
„Nun wohlan!
Sie sehn, wie ich mich handeln lasse.
Ein Hellerchen?“ – „Geh deiner Straße!
Nichts, gar nichts!“ – „Das ist etwas arg“,
sprach drauf der Bube. „Sie sind karg!
Doch lassen Sie sich dann bewegen
und geben mir nur Ihren Segen?“
„Den sollst du haben, lieber Sohn“,
erwiderte mit süßem Ton
der Geistliche. „Knie hin vor mir,
den besten Segen geb’ ich dir!“
„So?“, sprach der Bursche ganz verwegen.
„Behalten Sie nur Ihren Segen!
Ich hab ihn zu geschwind begehrt.
Wär er nur einen Heller wert.
Sie gäben ihn, hichwürd’ger Herr,
gewiß nicht so gutwillen her.“

Justus Friedrich Wilhelm Zachariae