Also ich habe das in meinem Leben und ganz besonders in meinem Arbeitsleben schon sehr häufig erlebt, dass viele und tatsächlich vielleicht sogar die meisten Menschen, die Fehler lieber bei anderen und nicht bei sich selbst suchen. Ich glaube das liegt auch ein bisschen daran, weil man für sich selbst viel mehr Verständnis hat, als für andere. Denn seine eigene Situation kennt man ja ganz genau und da denken manche Menschen offensichtlich und gar nicht so selten, dass sie es ganz besonders schlecht getroffen haben, bzw. dass es ihnen ganz besonders schwierig gemacht wird, während sie bei anderen Menschen annehmen, dass diese es viel einfacher hätten. Und weil sie so denken, sparen sie auch häufig nicht an (Vor)verurteilungen, oder es wird anderen Menschen unterstellt, dass sie z.B. faul, willensschwach, oder vielleicht auch maßlos und arrogant wären.
Menschen vergleichen sich meiner Beobachtung nach sehr gerne miteinander und es ist ja auch so, dass man z.B. in der Arbeitswelt (und nicht nur dort) in einem beständigen Konkurrenzverhältnis zu seinen Kollegen steht, oder zumindest stehen kann. Da entsteht dann sehr schnell das Bedürfnis sich von anderen abzuheben, eben etwas ganz besonderes zu sein und nicht so wie alle anderen. Und deshalb betrachten sich manche Menschen immer nur im Verhältnis zu anderen Menschen und beurteilen sich und die anderen entsprechend.
Bis zu einem gewissen Punkt halte ich solch ein Verhalten auch durchaus für normal, aber ich kenne unzählige Situationen, in denen innerhalb einer Gruppe über irgendein Gruppenmitglied, das gerade nicht da ist, hergezogen, bzw. schlecht geredet wird und das finde ich dann nicht mehr gut und auch nicht mehr normal, weil man grundsätzlich
miteinander reden sollte, wenn es Probleme gibt und
nicht übereinander, sonst schafft man nämlich nur neue Probleme und löst nicht die alten.
Ich sage deshalb in Besprechungen immer wieder mal ganz gerne, dass ich mich hinsichtlich des bestehenden Problems gefragt habe, ob ich eher Teil des Problems, oder eher Teil der Lösung des Problems bin und führe dann aus, was ich diesbezüglich für Gedanken habe. Denn wenn man erst einmal eingesteht, dass es durchaus möglich sein könnte, dass man selbst Teil des Problems ist und nicht Teil der Lösung, sind auch häufig noch weitere Kollegen bereit, sich diesbezüglich selbstkritisch zu hinterfragen.
Menschen zeigen ja nicht gerne Schwäche, decken aber umso lieber Schwächen bei anderen auf, weshalb es nur logisch ist, dass sie selbst nicht gerne schwach wirken. Und der "Imperativ des jetzigen Zeitgeistes" ruft ja sowieso beständig nur aus, dass man stark sein muss und schön, dass man leistungsfähig sein muss und dabei jederzeit noch attraktiv, dass man eben letztlich keine Schwächen haben sollte. Hat man aber doch welche, soll man irgendwelche Produkte kaufen, oder irgendwas konsumieren und schon wird angeblich alles besser.
Sowas finde ich persönlich ganz ganz furchtbar und schrecklich, weil es suggeriert, dass man so wie man ist, nicht wirklich in Ordnung, bzw. zumindest verbesserungswürdig sei. Und das verhindert dann, dass sich die Menschen selbst annehmen können so wie sie sind, was dann wieder unter anderem dazu führt, dass man sich beständig mit anderen vergleicht und sich in Konkurrenz zu seinen Nächsten befindet. Auf diese Weise wird der Mensch zum Getriebenen, der niemals Ruhe findet und auch keinen Frieden.
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