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Ich denke, unser Missverstehen kommt ganz einfach daher, dass wir etwas Unterschiedliches unter 'Sünde' verstehen.
Glaubst du wirklich, dass es zwischen uns lediglich ein Missverständnis gibt, oder ist es nicht vielmehr so, dass du der Sünde einen ganz anderen Stellenwert beimisst, als ich?

Aber du hast schon recht, ich verstehe unter Sünde vielleicht wirklich etwas anderes als du?

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Mir scheint, du verstehst unter 'Sünde' einzelne Taten gegen Gottes Gebot.
So, wie ich den Begriff verwendet habe, geht es um das 'Von Gott Wegstreben' des Menschen.
Na ja, ich habe ja in meinem Eingangspost erwähnt, dass Sünde übersetzt "Zielverfehlung" bedeutet und als das betrachte ich sie auch tatsächlich. Deshalb ist mir ja so wichtig herauszufinden, worauf der Mensch denn grundsätzlich ausgerichtet ist, welche Ziele er also hat.

Guck mal bitte, diese beiden Fragen hatte ich ganz zu Anfang gestellt:

Sünde, so wie sie in der Bibel vorgestellt wird, heißt ja eigentlich "Zielverfehlung". Da stellt sich mir natürlich die Frage, auf welches Ziel der Mensch denn grundsätzlich ausgerichtet ist und ob er es überhaupt ist, oder ob es nicht vielmehr so ist, dass wir uns unsere Ziele selbst aussuchen und dann eben auch mal fehl gehen können, also im Sinne der Bibel sündigen?

Sünde wäre dann sozusagen alles das, was mich von Gott (meinem Ziel) ablenkt und mich von ihm fernhalten will. Aber kann das die Sünde überhaupt, wenn ich mich grundsätzlich nach Gott ausrichte, also nach Gott frage, ihn in mein Leben miteinbeziehe?

Und diese Fragen stelle ich mir immer noch. Deshalb ist mir ja auch der bereits mehrmals zitierte Vers aus dem Kolosser-Brief so bedeutsam geworden, denn der gibt ja einen Hinweis darauf, was das Ziel des Menschen, oder der gesamten Schöpfung sein könnte.

Weißt du, du hast ja recht, dass für mich Sünde, also Zielverfehlung, zuvorderst in einzelnen Taten stattfindet, denn wenn wir unser kreatürliches, zeitliches Leben als Weg betrachten wollen, dann läuft man sicher tatsächlich mal falsch und genau dann wird eben auch Umkehr mal nötig. Aber den Weg, den wir alle gehen, betrachte ich halt nicht als grundsätzlich unter der Macht und dem Einfluss der Sünde stehend, sondern vielmehr unter der Macht und dem Einfluss Gottes stehend.

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Dazu habe ich zitiert:

Jer 2,13 Denn mein Volk tut eine zwiefacheSünde: Mich, die lebendige Quelle, verlassen sie und machen sich Zisternen, die doch rissig sind und kein Wasser geben.

Was meiner Ansicht nach eine sehr gute Beschreibung ist.
Die Erfüllung im Leben ohne Gott suchen und sich nicht um seinen Willen scheren. Und diese falsche Zielrichtung zieht dann natürlich zwangsläufig 'sündige Taten' nach sich.
Mhmm, also das sehe ich bisschen anders, denn wenn der Mensch tatsächlich nach Erfüllung in seinem Leben sucht, dann sucht er eigentlich doch immer nach Gott, denn nur in ihm gibt es ja die Fülle und Erfüllung. Das Problem ist ganz einfach nur, dass das der Mensch eventuell nicht weiß und deshalb ganz "falsch" sucht. Er ist dann sozusagen wie das verlorene und verirrte Schaf, dem der gute Hirte aber zu Hilfe eilt, es sucht und nicht verloren gehen lässt.

Und die Menschen suchen heutzutage meiner persönlichen Meinung nach deshalb falsch, oder wissen gar nicht, dass ihre tiefste Sehnsucht Gott ist, weil Religion im allgemeinen sehr fragwürdig und zweifelhaft geworden ist und dadurch leider auch Gott.

Aber das hat auch seine guten(!) Gründe! Denn die Religionen haben sich in ihrer Geschichte leider nicht immer sehr würdig erwiesen und durch ihre Lehre ein Bild Gottes in die Welt getragen, an das viele Menschen heute eben nicht mehr glauben können. So hat man z.B. Gott mit allerlei Attributen behängt und ihn allmächtig, gut, oder die Liebe geheißen, dann aber keine plausible Antwort darauf gefunden, wie dann das Übel in der Welt zu erklären ist, wenn Gott doch allmächtig ist, uns liebt und nur das Gute für uns will.

Generell hat man besonders auch in der christlichen Religion, meiner persönlichen Meinung nach, Gott viel zu sehr vermenschlicht und ihn mit weltlichen Eigenschaften identifiziert, so dass in vielen Köpfen die Vorstellung entstanden ist, dass Gott ein weißbärtiger, großer Mann ist, der im Himmel wohnt, uns beim Leben zuguckt und den man wie einen "Wunschautomaten" immer dann mal ins Leben miteinbeziehen kann, wenn es gerade nicht so gut läuft.

Also ich sehe uns Gläubige da schon in der Verantwortung welches Gottesbild wir denn in und mit unserem Glauben transportieren. Denk doch nur mal an die derzeit wütenden ganz furchtbaren Kriege, die mal wieder im Namen Gottes geführt werden und in denen es zu den schrecklichsten Grausamkeiten kommt. Da kann ich es sehr gut verstehen, wenn den Menschen Religion und dann in der Folge leider auch Gott, zunehmend suspekt wird und für eine Erfindung des Menschen gehalten wird.

Aber weißt du, ich bin auch ganz grundsätzlich davon überzeugt, dass der Mensch immer nach Gott sucht, weil er ja das Gute, das Leben, Freude und in den allermeisten Fällen auch Frieden sucht. Er sucht "diese Dinge" heutzutage aber häufiger in einem bestimmten Lifestyle, in Familie und Freunden, oder gar in Konsumartikeln.

Da ist dann die gute Nachricht, dass sich Gott tatsächlich überall finden lässt, denn nichts ist ja ohne ihn, aber die schlechte Nachricht ist, dass die Menschen leider zu früh stehen bleiben, sich gleichzeitig aber auch sehr schnell wieder beständig anderen Dingen zuwenden und einfach nicht Gott in den Dingen "ergreifen" können, in denen er aber durchaus verborgen ist.

Meister Eckhart hat dazu mal folgendes gesagt:

Denn wer Gott unter bestimmten Formen sucht, der ergreift wohl die Form, aber Gott, der in ihr verborgen ist, entgeht ihm.

Ich denke es liegt deshalb in der Verantwortung jedes gläubigen Menschen, diesen in den Formen verborgenen Gott wieder "bekannt zu machen". Aber vielleicht geht das gar nicht, weil uns am Ende unsere eigene Lehre daran hindert, weil wir immer nur die (also unsere) "Lehre Gottes" verbreiten wollen und darüber streiten, anstatt dafür ein Bewusstsein zu schaffen, dass sich Gott nicht allein in Lehren finden lässt, sondern immer und überall und in jeder Situation und zu jedem Zeitpunkt, denn Gott ist ein Gott der Gegenwart....

Und ist nicht gerade das Christentum viel zu sehr damit beschäftigt seine Pfründe zu verwalten, einen riesigen Kirchenapparat zu organisieren und dabei zu vergessen, die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade stehen mögen?

Und wenn man dann doch zu den Menschen kommt/geht, ist man dann nicht viel zu sehr damit beschäftigt, sie zu einem bestimmten Bekenntnis bringen zu wollen...?

Kann es deshalb nicht sein, um den von dir geposteten Bibelvers einmal aufzunehmen, dass wir die Zisternen bauen, die rissig sind und kein Wasser geben? Und ist vielleicht die Kirche und eventuell sogar auch die Religion im Allgemeinen eine solche Zisterne....?

LG
Provisorium