Warschau, den 28. April 1943

Ich, Jossel, der Sohn David Rakovers aus Tarnopol, ein Anhänger des Rabbi von Ger und Nachkomme der Gerechten, Gelehrten und Heiligen aus den Familien Rakover und Meisls, schreibe diese Zeilen, während die Häuser des Warschauer Ghettos in Flammen stehn und das Haus, in dem ich mich befinde, eins der letzten ist, das noch nicht brennt. Schon seit ein paar Stunden liegen wir in wütendem Artilleriefeuer, und um mich herum zerbersten und brechen krachend die Mauern im Hagel der Granaten. Lang wird es nicht dauern, und auch dieses Haus wird, wie fast alle Häuser des Ghettos, in ein Grab seiner Beschützer und Bewohner verwandelt werden. An blitzend glutroten Sonnenstrahlen, die durch das kleine, halbvermauerte Fenster in mein Zimmer dringen, aus dem wir Tag und Nacht den Feind beschossen haben, erkenne ich, daß es bald Abend sein muß, kurz vor Sonnenuntergang. Die Sonne weiß wahrscheinlich gar nicht, wie wenig ich bedaure, daß ich sie nie wiedersehen werde.


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Das "Testament" finde ich sehr beeindruckend und lässt auch tief in ein jüdisches Herz schauen.