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Ausladende Beiträge? Also wirklich, wie heißt es so schön.... „wer im Schlachthaus sitzt sollte nicht mit Schweinen werfen.“... oder so ähnlich.^^
Ja witzig, jetzt wo du es sagst, fällt mir da auch was auf....:-)

Ja stimmt, letzthin, so vor vier bis sechs Beiträgen, bin ich tatsächlich auch etwas ausladend geworden, aber was soll man da machen? Meist unterhalten wir uns hier ja über Themen, mit denen man ganze Bibliotheken füllen könnte und wenn man persönlich dann nicht so sehr den Mainstream vertritt, will man es natürlich ganz besonders gut machen, packt in den Post alles rein was man weiß und einige DIN A4 Seiten später denkt dann jeder: "Das Provisorium hat sie doch nicht mehr alle!"

Aber jetzt versuche ich es mal a la Hemingway! Der war ja für seine Kurzgeschichten bekannt. Apropos, es ist zwar ein bisschen eine traurige Geschichte, aber ich mag sie trotzdem mal kurz erzählen, weil sie mich sehr beeindruckt hat. Hemingway wurde in einem Interview einmal gefragt, wie kurz denn eine Geschichte sein könne, ohne das ihr etwas Wesentliches fehle? Und Hemingway erzählte dann von einer Flussfahrt bei der er an einem Schild vorbei kam, auf dem er diese Geschichte gelesen habe. Der Interviewer wollte dann natürlich wissen was auf dem Schild geschrieben war und Hemingway antwortete: "For sale: Baby Shoes, never worn."

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Zweifellos gibt es innerhalb einer Glaubenslehre eine fortwährende Entwicklung in den Vorstellungen ihrer jeweiligen Träger, die das Bild jener Glaubenslehre formt und verändert, das sehe ich nicht anders. Und ich stimme dir ebenfalls zu, dass sich eine Entwicklung der Gottesvorstellung auch sehr gut in der Bibel erkennen lässt. Wenn du also Aspekte wie z.B. den von dir angesprochenen Synkretismus oder auch den ebenfalls angesprochenen Vertikalen Transfer aus der Wissenschaft als evolutionären Prozess verstehst, dann kann ich dies durchaus nachvollziehen.
Das ist halt alles ein bisschen eine Frage nach der Definition von Evolution. Für mich hat Evolution etwas mit Vererbung zu tun und das sich dann das Vererbte auf die nächste Generation auswirkt. Und da es seit Anbeginn der Menschheit und ganz egal auf welchem Teil der Erde diese Menschen zusammenkamen, immer schon so etwas wie Religion, oder zumindest Verehrung der Ahnen, der Natur oder ähnliches gegeben hat, hat sich doch tatsächlich etwas von einer Generation auf die nächste vererbt.

Man stelle sich nur einmal vor, dass der Konstantin das Christentum nicht zur Staatsreligion gemacht hätte und die Christen nicht Hochzeit mit der staatlichen Macht hätten feiern können. Kaum hätten wir Heutigen von einer ehemaligen jüdischen Sekte erfahren, dessen Führer ans Kreuz genagelt wurde und würden stattdessen Jupiter, oder Odin um seinen Beistand bitten.

Aber auch im Christentum selbst hätte nicht viel gefehlt und statt des römisch katholischen Glaubens, hätte sich beinahe der Manichäismus durchgesetzt. Und beide, sowohl der römisch katholische Glaube, als auch der Manichäismus sind letztlich synkretistische Lehren. Das hören meine katholischen Brüder und Schwester sicher nicht so gerne, aber wer soviel in anderen Glaubensvorstellungen wildert, darf sich nicht beschweren, dass man ihn für wenig originell hält. ;-)

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Tatsächlich zielte meine Frage primär darauf ab, ob du in deiner Ansicht den Monotheismus als die „Krönung der religiösen Entwicklung“ im Sinne eines evolutionären Prozesses ansiehst, wie es z.B. ja bei dem Ethnologen Frazer ähnlich gedacht ist (ich meine mich dunkel zu erinnern, dass du sein Werk kennst – zumindest hattest du dich meine ich einmal darauf bezogen)
Oh Kasper, ich beziehe mich auf soviel, ich habe selbst längst den Überblick verloren..;-)

Aber ne, ich halte den Monotheismus nicht für die „Krönung der religiösen Entwicklung“. Monotheistische Vorstellungen sind ganz genauso menschliche Versuche Gott in ein Bild zu packen, ihn sich vorstellbar zu machen, wie jede andere Vorstellung auch! Evolution heißt ja auch nicht, dass alles immer besser, immer richtiger oder wahrhaftiger wird. Vielmehr ist es eben eine Anpassung an die Umwelt und damit an den Zeitgeist und ein monotheistischer Gott hat halt den großen Vorteil, dass es einerseits übersichtlicher wird im Reich der Götter und andererseits befriedigt er recht elegant unser Bedürfnis danach, alles auf eine erste (und letzte) Ursache zurückzuführen. Wenn sich da zu viele Götter tummeln, muss man immer fragen, welcher denn nun als erstes da war und wieso dann andere noch nötig sind usw.

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Wenn ich dich nun aber richtig verstehe, würdest du das eher verneinen und alternativen Konzeptionen weder den Stempel des Primitiven aufdrücken, noch eine „ungleichwertige“ Qualität zusprechen. Ebenso wie du den Umstand anerkennst, dass sich im Zuge der "Entwicklung" religiöser Systeme eine Entwicklung von z.B. monotheistischen Positionen hin zu polytheistischen oder animistischen denkbar ist. (Du hast ja das Beispiel des Neuheidentums und Wiccas angeführt, die soweit ich weiß zumindest vor ein paar Jahren noch tatsächlich ja die am schnellsten wachsende "Gemeinschaft" war)
Ja durchaus! Tatsächlich wird vielen Menschen der Gott Abrahams ja zunehmend suspekt. Er offenbart sich schon mal in zumindest drei, sogar eher fünf verschiedenen Formen. Also er will auf drei unterschiedliche Art und Weisen verehrt werden (jüdisch, muslimisch, christlich) und im Christentum erscheint er dann sogar in einer, na, wie sag ich das, "pseudo polytheistischen Form". Da wäre es nicht verwunderlich, wenn irgendwann das "Pseudo" wegfallen würde.

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Ganz ohne Frage ist die Welt bunt, ja. Und ebenso vielfältig wie die Menschen sind (auch) meiner Meinung nach notwendigerweise ebenfalls die Zugänge, die ihnen es erlaubt sich auf Gott oder das Göttliche hin auszurichten.
So ist es! Ich denke es ist wichtig, dass man immer ehrlich zu sich selbst ist. Wenn man eine Weise gefunden hat, in der man "Zugang gewinnt", dann sollte man auch mit allem Fleiß und ganzem Herzen dabei bleiben. Gott ist nicht verborgen in nur einer bestimmten Weise, sondern er begegnet uns in jeder Weise.

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Gleichwohl viele Christen einen solchen Gedanken wohl eher ablehnen würden.
Ja, viele würden das ablehnen, weil sie auf ihre Weise Zugang zu Gott gefunden haben und so glücklich und froh damit sind, dass sie wähnen, ihre Weise sei die einzige Weise. Sie meinen es gut.

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Auf der anderen Seite weiß nun keiner von uns, ob wir letztlich nicht über den individuellen Entwicklungsprozess im Glauben zur selben Einsicht gelangen. Das Streben nach einer immer klareren Erkenntnis Gottes ist schließlich zumindest in diesem Leben eine nicht enden wollende Suche.^^
Hehe, je älter man wird, desto unwahrscheinlicher wird es. Im Alter wird man stur und nicht jeder ist eine Nina Hagen. :-) Die Gute müsste doch mittlerweile eigentlich das gesamte religiöse Programm durch haben, oder? ;-)

Spaß bei Seite, natürlich kann man nicht wissen wohin es einen zieht, aber ich persönlich strebe ja an, meines gedachten Gottes quitt zu werden und mich von allen Vorstellungsbildern zu lösen. Da sollte doch im Laufe der Zeit die individuelle Lehre immer weniger bedeutsam werden, hoffe ich.

LG
Provisorium