Hallo Kasper,

1. Parallelen zum Nationalsozialismus sind hier insofern zu erkennen, dass der jenige der nicht bedingungslos dem "Führer" (so nenne ich Jesus jetzt mal) und seinen Geboten folgt, der jenige der ihn nicht als absoluten Heilsbringer ansehen will verdammt wird.
Zugegeben, die Parallen zum NS lassen sich hier erst in Zusammenhang mit den anderen Bibelpassagen deutlich erkennen.

2. In diesem Bibelzitat errinnert, wenn man genau hinschaut, nicht nur die Tatsache, dass Menschen in den Ofen geworfen werden an die NS-Zeit, sondern auch, dass eine Selektion stattfindet, in der die Engel die "zusammenholen, die andere verführt haben". Welche nicht den richtigen Glauben hatten, werden bestraft. Ersetze "den richtigen Glauben", doch einmal durch Hautfarbe, Herkunft, Rasse, oder Sexualität.
Auch, dass "Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten" werden, sollte abstoßen. Ich persönlich möchte nicht zu "Gottes Schergen" gehören.

3. Dass in der Bibel Menschen anderen Glaubens, oder auch anderer Herkunft, als minderwertig betrachtet werden ist offensichtilich.
So gibt es diese "schöne" Geschichte, in der eine heidnische Frau zu Jesus kommt und ihn um Hilfe bittet. Jesus antwortet „Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.“ Darauf antwortet die Frau: „Ja, Herr, aber doch fressen die Hunde von den Brotsamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“ Nur durch die Herabwürdigung ihrer eigenen Herkunft, erbarmt sich Jesus ihr und hilft ihr (immerhin etwas).
Das Neue Testament erweckt insbesondere einen Eindruck: Jesus fordert zwar Nächsten - und Feindesliebe und verspricht auch ein ewiges Paradies, allerdings scheint er damit nur einen sehr begrenzten Teil der Menschheit anzusprechen. Nach dem Motto "Liebe deinen Nächsten und Fernsten, solange er den gleichen Glauben/Herkunft hat wie du". Auch will Jesus anscheinend nicht die gesamte Menschheit erlöst sehen, das beweist er, indem er uns den Sinn seiner Gleichnisse erklärt:
Mk 4,10 Als er mit seinen Begleitern und den Zwölf allein war, fragten sie ihn nach dem Sinn seiner Gleichnisse.
Mk 4,11 Da sagte er zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes anvertraut; denen aber, die draußen sind, wird alles in Gleichnissen gesagt;
Mk 4,12 denn sehen sollen sie, sehen, aber nicht erkennen; / hören sollen sie, hören, aber nicht verstehen, / damit sie sich nicht bekehren / und ihnen nicht vergeben wird.

Ich kann mich daher Deiner Interpretation des Textes nicht anschließen, insbesondere da die Formulierung "dass sie gefangen und geschlachtet werden" m.E. eindeutig ist.

Mit dem "wir" in meiner Satire habe ich nicht die jetzige Christenheit gemeint, sondern vielmehr eine imaginäre Glaubensgemeinschaft, welche die obrigen Bibelstellen in Richtung eines faschistischen Systems interpretiert haben.

4. Nun, zur Ermordung der Kinder reicht hier anscheinend schon die Tatsache, dass ihre Mutter ungläubig war und "gesündigt" hat. Die Kinder haben keine Schuld daran, dass sie eben eine "Sünderin" zur Mutter haben (welche nach Verabschiedung von der Willensfreiheit, ebenfalls keine (moralische) Schuld trifft.


Zu Deinem Fazit:

"Allerdings erscheint mir die Eingangsfrage an und für sich schon allein deshalb als diskutabel, da nicht alle Christen eine wortwörtliche Umsetzung der Bibel befürworten, und es somit also schon allein deshalb möglich wäre trotz dieser Schriftstellen ein Christ zu sein, weil man sie einfach als zeitgeschichtliche Aussagen und für die Moderne nicht verpflichtend ansieht."

Die Tatsache, dass Ungläubigen ewige Höllenqualen angedroht wird ist eines der fundamentalen Basics des Christentums. Würde auf der "himmlischen Rampe" nicht selektiert werden, wäre die Erlösungstat Jesu so sinnvoll wie ein Elfmeterschießen ohne gegnerische Mannschaft.
Auch, dass das Himmelreich nur wenigen vorbehalten und Ungläubige minderwertige Menschen sind, bezeugt schon Jesus, und auf wen sonst sollte man sich als Christ denn berufen?
Aber dennoch muss ich hier einem Teil deiner Kritik recht geben. Meine Eingangsfrage war tatsächlich zu allgemein formuliert. Nimmt man die Zitate aus der Offenbarung, oder dem 2. petrusbrief, so stammen diese nicht von Jesus und sind daher nicht zwingend "Gottes Wort".
Anders sieht allerdings bei Katholiken aus, von denen man eigentlich erwarten müsse, dass sie sich an ihre Vereinssatzung halten.
,,Denn die heilige Mutter Kirche hält aufgrund apostolischen Glaubens die Bücher sowohl des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen für heilig und kanonisch, weil sie, auf Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben, Gott zum Urheber [Autor] haben und als solche der Kirche übergeben sind" (Katechismus der Katholischen Kirche).

PS: Der Unterschied zwischen meiner oben gestellten Eingangsfrage und deinem Beispiel mit Robespierre besteht, dass die von mir obengenannten Bibelstellen fundamentale christliche Glaubensinhalte sind. Dass Massenmorde den Überzeugungen des Humanismus eindeutig widerspreechen, muss ich hier wohl nicht näher erläutern.

Viele Grüße,

Lumpenhund