Gut, ich fand die Satire zwar auch alles andere als geschmackvoll, noch dazu war sie in meinen Augen weniger kritisch als eher polemisch-provokant. Aber Lumpenhund hat recht, man sollte auch auf die „Argumente“ eingehen.

Wie kann man angesichts folgender neutestamentarischen(!) Bibelstellen, welche eindeutige nationalsozialistische Parallelen aufweisen, noch redlicherweise Christ sein?

1. Zuerst erfahren wir:
"Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden" (Mk. 16, 16).


Wesentlicher Kritikpunkt dem ich mich hier anschließe ist die Annahme einer unendlichen Strafe für ein endliches Fehlverhalten. Das erscheint mir nach meinem Verständnis nicht als gerecht, was für mich zu dem Schluss führt, dass ich die Bibel hier nicht akzeptieren kann. Allerdings sehe ich hier in der Fragestellung zwei fundamentale Fehler. Erstens ist die Aussage der Bibel keine Aussage mit nationalsozialistischer Parallele (zumindest sehe ich hier allein keinen Hinweis darauf) sondern eine Aussage über eine Gesetzmäßigkeit. Was ich also sehe ist eine Parallele zu einem Gesetz. Das Strafmaß ist sicherlich diskutabel, aber das ist bei jedem Gesetz so. Ich persönlich finde die Strafen für Sexualdelikte äußerst ungerecht, wenn man die hier endliche Strafe mit dem „unendlichen“ Leid des Opfers vergleicht. Da ich aber die eigene Perspektive nicht zum allgemeingültigen Gesetz erheben darf, muss die Frage für mich lauten „kann ich einem Christ es absprechen, sie einer ihm gerecht erscheinenden Gesetzmäßigkeit unterzuordnen?“ Hier ist die Frage für mich mit Nein zu beantworten.
Eigentlich nicht zum Thema gehörend wäre es jedoch interessant sich darüber Gedanken zu machen, ob die Struktur der Eingangsfrage nicht auch eine Frage wie die folgende zulassen würde. „Wie kann man angesichts der Grausamkeiten, der Verbrechen und der Massenmorde des als Humanist bezeichneten und sich selbst in humanistischer Tradition verstehendem Maximilien Robespierre sich heute noch guten Gewissens als Humanist bezeichnen“?

2. Aus dem Umstand, dass die biblischen Verdammnis mit einem Feuerofen verglichen wird und der Tatsache, das Menschen in den Krematorien verbrannt wurden, einen direkten Vergleich zwischen Nationalsozialismus und Christentum zu begründen, ist in meinen Augen mehr als nur Konstruiert. Ansonsten müsste ich auch fragen, „wie kann man Kindern heute noch Märchen erzählen, wenn sie z.T. einen solch nationalsozialistischen Hintergrund haben wie Hänsel und Gretel.“ Oder „wie kann man heute noch Kinder Cowboy und Indianer spielen lassen, wenn doch die Nazis ihre Gefangenen teilweise erschossen haben?“ Oder vielleicht sogar, „wie kann man heute noch die Olympischen Spiele abhalten oder ihnen gar im Fernsehen zuschauen, wenn doch auch die Nazis diese Spiele abhielten und den Fernseher nutzen um diese Spiele und ihre Propaganda zu übertragen“ Zudem wird hier die chronologische Abfolge verdreht.

3. Wie werden solche inhumanen Forderung dann in der Bibel legitimiert, ganz einfach, indem man die Opfer dehumanisiert:
"Sie sind wie die unvernünftigen Tiere, die von der Natur dazu geboren sind, dass sie gefangen und geschlachtet werden ... sie sind schandbare Schmutzflecken ..." (2. Petrus 2, 12 f.)


Dieses Zitat als Verunglimpfung verstanden muss ich persönlich ebenso entschieden meine Ablehnung entgegenbringen wie es Lumpenhund getan hat. Allerdings lässt sich die genannte Stelle durchaus auch anders verstehen, nämlich als Vergleich einer bestimmten Subgruppe Mensch mit einem in der Natur zu beobachtenden Verhalten, das im weiteren Verlauf der Rede (und nicht wie es dir Kürzung des Zitates vermuten lässt in direktem Bezug) neben der rein beobachtenden Vergleiche auch moralisch gewertet wird als „schändliches Verhalten“. Hier mag man zwar Anstoß nehmen, das Konzept der Aussage unterscheidet sich jedoch nicht von ganz alltäglichen Argumentationen. Auch die Formulierung „die beiden geifern sich an wie zwei tollwütige Hunde. (Vergleich) Das ist ein unwürdiges Verhalten (moralische Würdigung)“ erfüllt nicht das Kriterium der Dehumanisierung. Hier könnte man den Versuch der satirischen Gleichsetzung einer Glaubensgemeinschaft mit einer als verbrecherisch eingestuften Ideologie weitaus eher als Akt der Verunglimpfung empfinden – und da der verbrecherischen Ideologie unmenschliches Verhalten vorgeworfen wird über den Aspekt der „Unmenschlichkeit“ zugleich auch eben eine Dehumanisierung.
Gemäß den in Punkt 2. konstruierten Vergleichen könnte man dann auch fragen „wie kann man aufgrund der in der Dehumanisierung sich gleichenden Praxis von satirischer Darstellung und Nationalsozialistischer Propaganda überhaupt den Gedanken hegen, eine solche Satire als Stilmittel zu gebrauchen. Da ich allerdings in Punkt 2. einen solchen konstruierten Vergleich ablehne, könnte ich mich dieser Frage nicht anschließen.

4. Welchen Alters die Opfer sind spielt dabei anscheinend keine Rolle:
"Siehe, ich werfe sie in ein Bett, und die mit ihr die Ehe gebrochen haben, in große Trübsal, wo sie nicht Buße tun für ihre Werke, und ihre Kinder will ich zu Tode schlagen. Und alle Gemeinden sollen erkennen, daß ich es bin, der die Nieren und Herzen erforscht; und ich werde geben einem jeglichen unter euch nach euren Werken." (Off. 2, 22f.)


Tatsächlich muss ich auch hier der Kritik recht geben, offensichtlich wird hier im Alter der Verurteilten nicht unterschieden. Sofern ich jedoch nicht auch hier mein persönliches Rechtsempfinden zum allgemeingültigen Gesetz erheben will, sehe ich keinen logisch zwingenden Grund, weshalb ein Fehlen der Differenzierung grundsätzlich zu verurteilen ist. Der Umstand, dass ich mich persönlich dem nicht anschließen kann, impliziert lediglich die Unmöglichkeit mich als Bibeltreuer Christ zu verstehen, nicht aber, dass andere dies nicht tun können.

Fazit: Aus einigen explizit jedoch nicht an allen der genannten Gründen könnte ich Lumpenhund folgen und meine Kritik an bibeltreuem Glauben formulieren. Allerdings erscheint mir die Eingangsfrage an und für sich schon allein deshalb als diskutabel, da nicht alle Christen eine wortwörtliche Umsetzung der Bibel befürworten, und es somit also schon allein deshalb möglich wäre trotz dieser Schriftstellen ein Christ zu sein, weil man sie einfach als zeitgeschichtliche Aussagen und für die Moderne nicht verpflichtend ansieht.