
Zitat von
Lumpenhund
Hallo Kasper,
vielen Dank für deine Antwort, leider konnte ich es nicht verhindern, dass meine Antwort mal wieder etwas länger ausfallen muss ;)
Nun, wie gesagt, ich bin der Meinung, dass das Christentum der Menschheit mehr geschadet als genützt hat. So zählten die eineinhalb Jahrtausende, in die vom Christentum dominert wurden zu der (ethisch sowie wissenschaftlich) rückschrittlichsten Epoche der Menschheitsgeschichte. So sind alle fortschrittlichen Ideen aus der Antike (Wissenschaft, Humanismus, Demokratie) mit der Machtübernahme des Christentums aus Europa verschwunden - und blieben es 1500 Jahre lang. Bis 1961 musste jeder katholische Theologe den Antimodernisteneid schwören, dass er sich nicht zu den „Verfehlungen“ der Moderne (wie z.B. den Menschenrechten) bekennt.
Dass die Gründe für dafür nicht nur durch menschliche Verfehlungen, sondern auch durch christliche Glaubensinhalte bedingt sind, räumst du auch ein, allerdings sagst du, man müsse berücksichtigen, dass sich Ideologien entwickeln und man das Christentum deswegen nicht völlig verurteilen könne, um nicht selbst dogmatisch zu werden.
Hier muss ich dir widersprechen. Ich bin der Meinung, dass das Christentum nicht entwicklungsfähig ist! Problematische Glaubensinhalte sind fundamentale Basics des Christentums und ohne diese kann das Christentum nicht existieren. Auch lässt sich das Christentum mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr vereinbaren (Von der Krone der Schöpfung, dem Dualismus von Körper und Geist, sowie der Willensfreiheit müssen wir uns (zum Glück) verabschieden).
Das Christentum-light (sowie es Cola ohne Zucker gibt, gibt es auch Christentum ohne Hölle und Teufel^^) , wie wir es heute im aufgeklärten Europa vorfinden, hat den Namen "Christentum" eigentlich gar nicht mehr verdient. Es findet oft nur noch ein sprachlicher Bezug zum Christentum statt, das inhaltliche Terrain dieser Religion hat man aber schon lange verlassen. Der Versuch das Christentum mit Werten der Aufklärung, sowie wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vereinbaren ist fehlgeschlagen und nicht zukunftsfähig. (Das zeigen auch Untersuchungen, in denen die Anzahl religiös-fundamentalistisch denkender, aber auch die konsequenter säkular denkender Menschen zunimmt, die Zahl liberal-aufgeklärter "Christen" aber stetig abnimmt) Dennoch, weltweit (z.B. in Afrika, Südamerika) sind die christlichen Glaubensinhalte immer noch denen im Mittelalter weitestgehend sehr ähnlich.
Dass ich dem Christentum keine Entwicklungsfähigkeit und mehr Schaden als Nutzen zuschreibe, ist jedoch kein Dogmatismus. Auch verteufle ich Religionen nicht generell.
So sind Religionen kulturelle Schatzkammern der Menschheit, keine Frage. Und so hat sie auch neben archaisch-inhumanen Normen, ethisch wertvolle Anweisungen hervorgebracht. Nur sind diese ethisch-wertvollen Normen, meist mit den archaisch-inhumanen untrennbar legiert. Insofern habe ich keine dogmatisch-feindliche Einstellung zu Religionen, sondern eine rational-kritische. Das Problem ist, dass Religionen (auch politische Religionen!) von heiligen, daher unantastbaren Dogmen ausgehen. Diese Einstellung hat zu unermesslichem Elend in der Vergangenheit geführt, sie ist nicht zukunftsfähig.
Das Christentum ist ebenso wie der Nationalsozialismus (den wir mal zur Abwechslung, als Beispiel heranziehen wollen^^) nicht zukuntsfähig. Eben, da sie auf ihre Prämissen unmöglich verzichten können, sich diese aber nicht mehr mit modernen Erkenntnissen vereinbaren lassen.
Es mag ja sein, dass viele Christen in ihrer Religion, eine Religion des Friedens sehen. Aber nicht umsonst hat Franz Buggle sein christentumkritisches Werk „Denn sie wissen nicht, was sie glauben“ genannt. Christlicher Glaube ist m.E. größtenteils auf Desinformation, Verdrängung und kindliche Indoktrination zurückzuführen. Auch ein Großteil der damaligen deutschen Bevölkerung hat das NS-Regime für etwas positives gehalten.
Aber natürlich hast du recht, dass jeder das glauben kann, was er möchte, solange er Außenstehenden damit nicht schadet. Somit respektiere ich den Menschen (und damit sein Recht auf Religionsfreiheit), aber nicht die religiösen Überzeugungen selbst.
So, zum nächsten Punkt:
Zitat von dir:
„Natürlich kann man nun behaupten, dass seine Strafen für vergleichsweise geringe Vergehen unangemessen erscheinen.“
Ich wollte hier nur betonen, dass diese Strafen nicht nur „unangemessen erscheinen“, sondern aus logischen Gründen eine unermessliche Ungerechtigkeit darstellen. Ansonsten scheinen wir in diesem Punkt einer Meinung zu sein.
Weiter gehts:
„In der Natur hat alles seinen Sinn, selbst das Prinzip „Trial and Error“ – und wir sind ein Teil der Natur, wir stehen nicht über ihr.“Hierzu muss gesagt werden, dass die Evolution ein blinder, kein teleologischer Prozess ist. So haben sich Schmerzen als Überlebensfaktoren zwar durchgesetzt, sind aber nicht in jedem Fall wirklich sinnvoll für das jeweilige Individuum. Nicht in jedem Fall wird durch das Empfinden von Schmerzen ein Vorteil für die Replikation der Gene erreicht, geschweige denn ein Vorteil im Empfinden des Individuums. Das ganze ist ein völlig blinder Prozess (war in Bio nie wirklich gut, aber ich hoffe, du verstehst was ich meine).
Mir scheint es eher so, dass du über deine Argumentation stolperst. Du widersprichst dich nämlich. Da du von der Willensfreiheit ausgehst, könnte Gott gar nicht wissen, dass ein Kind einmal zu einem Massenmörder, wie Hitler wird. Hinter den täglichen Hungerstod von weltweit 30.000 Kindern kann ich beim besten Willen keinen Sinn entdecken. Hier regiert der blinde, erbarmungslose Zufall!
Diese Idee der „dritten Möglichkeit“ (neben unserer vom Zufall beherrschten Welt und dem „Schlaraffenland“) stammt von Norbert Hoerster und lässt sich in seinem Buch „Die Frage nach Gott“ nachlesen. In dieser Welt gäbe es, wie im Schlaraffenland keine Übel, wie Naturkatastrophen, Krankheiten etc. In dieser Welt wäre ein gesundes und geringes Maß an Arbeit ausreichend, um ein langes und gesundes Leben zu führen. Der Unterschied zum Schlaraffenland besteht insofern darin, dass man eben in der Lage ist, sich ein mehr oder weniger glückliches und erfülltes Leben zu verschaffen. Somit kommt keine Langeweile auf, denn man ist so auf Arbeit, Nachdenken, Altruismus, Verzicht etc. angewiesen. Zwar könnte man das nicht erreichen von Zielen, als „Leid“ interpretieren, aber hätte trotzdem immer noch ein (eben nur weniger) glückliches Leben. Ebenso könnten alle Menschen mit ungefähr gleich vielen (eben nur verschiedenen) Talenten ausstatten sein, sodass jeder die gleiche Möglichkeit hat ein erfülltes Leben zu führen. Diese dritte Möglichkeit würde ich den anderen beiden ausdrücklich vorziehen. Ein allgütiger, allmächtiger Gott wäre nicht nur in der Lage eine solche Welt zu erschaffen, m.E. hätte er sie erschaffen müssen.
Zu guter Letzt:
Ja, auch hier scheinen wir wohl einer Meinung zu sein. Ehrlich gesagt habe ich deinen ersten Kommentar:
„Naja, kann man so sehen, muss man aber nicht ;-D“ als ein Ausdruck von Beliebigkeit verstanden. Dass beide Standpunkte quasi „gleich gültig“ sind, denn das sind sie nach logischer und empirischer Überprüfung ihrer Prämissen m.E. eindeutig nicht ( ich denke genau das meint Deschner auch und Beliebigkeit kann man ihm jawohl beim besten Willen nicht unterstellen^^)
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