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11 – Pissaminkenalarm

Da war sie wieder, die Gelegenheit etwas Fastfood zu genießen. Es ist auch wirklich kein Wunder, wenn das Herz einer Mutter schwach wird. Zwei hungrige Kinder flehten Carrie im Auto an, bei Kentucky Fried Chi-cken, welches auf dem Heimweg lag, etwas zu kaufen. Die großen bunten Werbeschilder ließen uns das Wasser im Mund zusammen laufen. Den Rest tat dann der Duft des Chicken Eimers. Wie die wilden Kanni-balen fielen wir zu Hause gemeinsam über diese Flügel und Beine her.

Am Nachmittag begannen wir die Suche nach den Bilderrahmen. Der erste Weg führte uns zu Wal-Mart. Ich freute mich, denn hier stimmte der Spruch: Die Preise sind unten. Es war immer noch eine schwierige Ent-scheidung. Barry hatte alles, was wir brauchen auf den Zettel geschrieben. Ein Rahmen nach dem anderen landete im Einkaufskorb. Allerdings tauschten wir sie immer wieder um, weil wir in den Regalen ständig neue Angebote entdeckten. Irgendwann schoben wir schnell zur Kasse, ohne nach links und rechts zu schauen. Inzwischen stand mir der Schweiß auf der Stirn. Viel zu schnell hatte die Verkäuferin alles eingetippt. Ich las den Preis 210 § auf dem Display. Ich überlegte: Es hätte ewig gedauert, die vielen kleinen Dollars in Scheine aus meinen zwei Geldtaschen heraus zu suchen. Dazu kam die

Tatsache, dass ich dann nicht mehr viel Bargeld behalten hätte. Das hätte zur Folge, dass ich Geld aus dem Automaten holen müsste. So ent-schloss ich mich, mit Peters Kreditkarte zu bezahlen. Der Kunde vor mir hatte es ohne Probleme geschafft. Allerdings war es für ihn die Muttersprache. Ich versuchte es auch und reichte der Frau meine Karte. Barry schaute mich mit großen Augen an. Er merkte nicht einmal, dass ich unsicher war. Doch es kamen keine Fragen, die ich nicht verstand. Carrie lachte verständnisvoll. Ich bin gespannt, wie sie es schaffen werden, bei ihrem Besuch in Deutschland.

Draußen auf dem Tisch rahmte ich meine Pastell- und Aquarellbilder ein. Aus farbigem Papier schnitt ich Passepartouts. Alles musste super ordentlich aussehen. Es war eine ganz schön anstrengende Aufgabe, der Spaß dabei hielt sich in Grenzen. Zum Glück hatte ich es nicht eilig und so konnte ich mir diese Arbeit auf mehrere Tage aufteilen. Zur Belohnung gönnte ich mir die Zeit, um einen Pinsel in die Hand zu nehmen. Mit viel Freude malte ich ein paar Landschaftsbilder nach einem Foto.
Ich wunderte mich, denn Carrie verschwand mit einer großen Plastikbox auf dem Motorrad. Kurze Zeit spä-ter knatterte die Maschine wieder auf dem Areal.

In der Kirche war ein Abschiedsessen organisiert. Wir fuhren alle hin. Vor vielen Leuten hielt der Pastor noch eine kleine Rede. Im Raum war ein großes Büfett aufgebaut. Jede Seele hatte ein kleines bisschen dazu beigetragen, damit sie hier gemeinsam speisen konnten.
Auf dem Tisch standen viele verschiedenen Schalen, Boxen und Teller. Der größte Anteil dieses Essens waren die berühmten Sandwichs. Zwischen dem weichen Weizenbrot waren die verschieden farbigen Auf-striche. Die roten erinnerten mich an unseren Seelachssalat mit Mayonnaise. Ich probierte einige davon. Es schmeckte gut, aber einen speziellen Geschmack hatte es nicht.

Das Sortiment an Keksen und Chips war ebenfalls beachtlich. Eine einzige kleine Schale stand dort mit ge-sundem Salat. Es war auch völlig ausreichend. Auch viel später konnte ich mir noch Nachschlag holen.
Als ich am Montagmorgen aufstand, war Carrie zur Arbeit. Barry war draußen am Arbeiten. Er schleppte Holz hin und her, sägte und schien irgendwelche Schuppen zu bauen. Nur Chase war im Haus, er saß al-leine vor dem Fernseher. Da war Kinderanimation gefragt. Diese Aufgabe passte prima in meinen Tages-plan. Der Teich rief mich, ich hörte es ganz laut. Ich freute mich auf das Wasser und vielleicht waren am Morgen auch Fische da.

Ich suchte in der Küche nach Mehl. An allen Gläsern, die weißes Pulver enthielten, schnupperte ich. Da fehlte doch die Vokabel, um die Schrift zu lesen. Dann rührte ich mir einen schönen Keksteig zum Angeln an. Das Backpulver hatte ich extra für diese Zwecke aus Deutschland mitgebracht. Chase freute sich über meinen Vorschlag. Er schaltete sofort den Fernseher aus und folgte mir. Doch auch an diesem Tag interes-sierten sich diese amerikanischen Fische nicht für uns. So entschied ich mich für Plan B; ich zog meinen Badeanzug an und sprang ins Wasser. Um diese Tageszeit war es wirklich sehr angenehm. Mit meinem Morgenbad verscheuchte ich auch noch die letzten Fische. Wir gaben auf.

Ich trug alle Sachen und ging voran. Chase stolzierte wie ein Storch durch das hohe Gras der Wiese. Aufge-regt schaute er auf den Weg, damit er jedem Halm auszuweichen konnte und ihn nichts in den Fuß piekte. Meine nackten Füße in den Latschen sahen schon ordentlich zerkratzt aus. Pech, niemand sah es und mich störte es auch nicht.

Damit unser Spaziergang nicht ganz nutzlos endete, begannen wir Brombeeren in meinen Zinkeimer zu sammeln. Na ja, zugegeben, mein Anteil an dieser Arbeit war etwas größer. Die Ernte von Chase landete fast ausschließlich in seinem Mund. An einer großen Hecke wurden die leckeren Früchte immer größer und es schaffte richtig gut. Plötzlich schrie der Kleine auf der anderen Seite der Büsche. Ich verstand ihn, an seinen Beinen krabbelten Ameisen. „Pissaminken“, wie mein Vater immer sagte. Oft war ich als Kind mit meinem Vater im Wald. Es gab viele Ameisen. Immer holte er sein Stofftaschentuch heraus und legte es sorgfältig ausgebreitet auf die Spitze dieses Ameisenhügels. Millionen dieser kleinen Tierchen rannten beun-ruhigt darüber und „pissten“ drauf. Vorsichtig schüttelte er die Armeisen wieder herunter und einer nach dem anderen von uns inhalierte diesen seltsamen Geruch. Mit dem festen Glauben daran, dass wir dann nicht krank werden.

Aber an diese Erlebnisse konnte ich nicht lange denken. Das Schreikonzert wurde immer lauter. Lebensbe-drohlich war diese Situation wirklich nicht. Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen, aber Chase sah mich nicht. Fleißig pflückte ich weiter und versuchte mich mit ihm zu unterhalten. Ich gab ihm ein paar kluge Ratschläge. Doch er steigerte sich nur. Ich fragte ihn scherzhaft: „Kannst du noch laufen?“ Er brüllte „Nein!“ und er hüpfte von einem Bein auf das andere. Langsam war seine Geduld am Ende. Er begann zu weinen.

Das zerriss doch mein Herz. Ich ging zu ihm, um zu helfen. Die Ameisen hatten seine Latschen. Er stand barfuss fünf Meter daneben und hatte so viel Angst. Inzwischen krabbelte es auch an meinen Beinen, ich stampfte einmal kräftig auf und schon waren sie wieder verschwunden. Ich brachte den Jungen mit engli-schen Anweisungen dazu, dass er seine Schuhe ausklopfte, er zog sie wieder an und wir erreichten das Haus.

In der Küche schüttete ich meine Ernte in eine Schüssel. Chase war immer an meiner Seite. Wir kochten eine leckere Fruchtsoße. Um es als ein Dessert anzubieten, fehlte ein Pudding oder so etwas in dieser Art. Reis war wirklich das einzige dieser Art, was ich finden konnte. So versuchte ich es mit Milchreis. Aber leider wurde er nicht so schön dick und klebrig wie zu Hause. Die Gläser gestalteten wir einem Zuckerrand mit Zitronensaft. Dann füllten wir unsere Produkte ein. Es sah richtig schick aus. Es schmeckte allen am Abend.