Na, klar; ich hab noch ein paar!
5 – Spaß am Inselsee
In einer Woche war mein Flugtermin. Mir blieben gerade noch ganze zwei Tage zum Packen. Die Sachen zu Hause waren schnell in der Tasche. Aber in der Werkstatt stand ich vor schweren Entscheidungen. Für die-se Ausstellung wollte ich auch noch ein paar Bilder, von denen, die zu schwer waren, um sie mit der Post zu schicken mitnehmen. Ich legte alles auf einen Stapel und tauschte es tausend Mal. Auch mit den Malmateri-alien war es gar nicht so einfach. Man weiß ja nie, was man da alles schafft und was man zum Arbeiten braucht. So wurde es doch ein beachtlicher Haufen, den ich auf zwei Gepäckstücke verteilen musste. Doch vorher kam noch die Fahrt zum Inselsee.
Am Freitag früh klappte ich die Rückbänke meines Autos zurück, um die neue riesige Ladefläche zu testen. All meine Stapelkisten mit Nahrungsmittel und Malsachen fanden ihren Platz. Allerdings war auch dieses große Auto irgendwann voll. Gegen Mittag startete ich in Richtung Güstrow. Eine Woche Erholung und Male-rei standen auf meinem Programm.
Ich liebe diesen Platz mitten in der Natur. Über einen langen schmalen Holzsteg erreicht man dieses Boots-haus. Zu beiden Seiten sieht man im flachen Wasser die wunderschönen grünen Seerosenblättern. Wenn die Sonne scheint, öffnen sich auch die rosa Knospen und strahlen in einem sauberen Weiß. Das Haus ist aus Holz, welches mit einer kräftigen orangebraunen Farbe gestrichen ist. Ein dickes Schilfdach macht es in seiner Größe einmalig. Von einer großen Terrasse kann man weit über den See schauen.
Der Schilfgürtel ist nicht weit entfernt. Die dort brütenden Blesshühner zeigen sich mit ihrem schwarzen Ge-fieder ab und an. An ihrem weißen Fleck auf der Stirn sind sie gut zu erkennen, bevor sie wieder für einen längeren Tauchgang verschwinden. Aus der Ferne hört man die dumpfen Balzrufe der Rohrdommel.
Unermüdlich fliegen die Schwalbeneltern, um ihre Jungen in den Nestern unter dem Haus zu füttern. Es ist ein Gezwitscher. Dieses Lied ist manchmal laut und manchmal leise. Majestätisch ziehen die Schwäne täg-lich ihre Runden. Wenn „Hansi“, so wurde der Schwanenvater irgendwann einmal getauft, mit seiner Familie vor dem Bootshaus eintrifft, hat auch schon jemand eine Toaststulle in der Hand. Auch die Enten und die Möwen sind dann sofort zur Fütterung da, als wenn sie immer in Lauerstellung liegen.
Die Organisation dieser Woche ist jedes Jahr spannend. Das Objekt ist groß, es gibt sieben Zimmer mit fünfzehn Betten. Dementsprechend hoch ist auch der Preis. Seit sieben Jahren zittere ich jedes Jahr, ob auch genug Interessenten mitfahren, damit ich nicht alleine auf den Kosten sitzen bleibe. Wie jedes Jahr sagten auch ganz kurzfristig einige ab. Der eine ist krank, der andere muss arbeiten, aber es waren doch viele Freunde da. Einige aus der Familie und die treusten Maler nutzten die Chance, hier einige Tage zu-sammen zu sein. Wir verbrachten unsere Zeit mit Malen, Baden, Spazieren gehen. Wir unterhielten uns viel. Bei dieser Aktion kamen viele Leute zusammen. Am Wochenende saßen schon mal fünfundzwanzig Perso-nen am Tisch. Das Essenkochen für alle war mein Job, ich war der Chef. Diesen Job lasse ich mir nicht neh-men.
Manchmal genießt man die Nähe, dann wieder kann sich jeder zurückziehen. In diesem großen Gelände geht es gut. Es bildeten sich verschiedene Gesprächsrunden. Die Raucher verzogen sich ans Festland, Für einige begann der Mittagsschlaf und die Fans schauten Fußball auf unserer Leinwand. Die Angler versuch-ten ihr Glück mit teuren Angelruten. Aber die Fische ließen sich davon nicht beeindrucken. Es war Totenstille auf dem See. Große Fangerfolge wurden an diesem Wochenende nicht erzielt.
Am Montag waren alle Angler abgereist. Meine Kiste mit dem Angelzubehör lächelte mich an und der Jagd-trieb kam wieder durch. Ich suchte mir einen passenden Holzknüppel. Mit Sehne, Flott, Blei und einem Ha-ken war meine eigene Angel in wenigen Minuten fertig. Die Vorfreude stieg, als ich in der Küche den lecke-ren Hefeteig anrührte. Er wurde in der Hand solange geknetet, bis er weich und geschmeidig war. Endlich hing meine Angel im Wasser. Die Fische mochten meinen Teig. Viele waren zu klein, und ich ließ sie wieder schwimmen. Doch dann verschwand mein Flott richtig. Schnell zog ich an. Es war eine Brachse. Ich sah sie, aber nicht lange! Es achte „knack“ und mein Holzknüppel brach in zwei Teile. Leider hatte ich den unteren Teil. Mit dem vorderen Stück schwamm der Fisch weiter zur Seemitte. Das Flott tauchte auf und wieder un-ter. Das konnte ich nicht durchgehen lassen. Ich riss mir die Kleider vom Leib. Für den Badeanzug war keine Zeit mehr. Ich sprang ins Wasser und musste ordentlich Gas geben, um meiner Angel zu folgen. Ich erreich-te sie und hielt die Sehne in der Hand. Vorsichtig zog ich den Fisch an die Wasseroberfläche und sah, wie mein winziger Angelhaken in seinem Maul steckte. Aber ich hatte Bedenken, dass sich das schnell ändern könnte. Ich schrie um Hilfe. Allerdings waren meine Zuschauer mehr damit beschäftigt, Fotos zu schießen. Aber es fand sich doch jemand, der mir einen Eimer reichte. Wir konnten den Fisch aus dem Wasser ziehen. Es war ein großes Tier. Am nächsten Tag landete es in der Pfanne.
Am Donnerstag erledigten wir die Endreinigung alle problemlos gemeinsam. Einer nach dem anderen schüt-telte meine Hand und wünschte mir für meine Reise viel Glück. Peter war der Letzte, der sein Auto beladen hatte und startete, um nach Hause zu fahren. Ich kontrollierte alle Zimmer, legte alle Decken ordentlich zu-sammen und wartete auf die Übergabe. Pünktlich zum Termin wurden alle Löffel und Gabeln in die richtige Schublade gezählt. Jeder Topf hat einen Platz im Schrank. Die Abrechnung erledigten wir unkompliziert wie in jedem Jahr.
Die Sonne hatte den größten Teil ihrer Kraft bereits verschenkt. Einmal wollte ich noch ins Wasser vor mei-nem Urlaub, ein letztes Mal in den See. Bob, ein großes schwarzbraunes Tier, eine Mischung aus Schäfer-hund und Dobermann, tanzte aufgeregt und wild hin und her. Sein Herrchen Charly, der Besitzer dieses Bootshauses, wedelte mit einem dicken fetten Holzknüppel. Jeder kennt dieses Spiel „Stöckchen holen“. Im Wasser war es viel spannender. Der Knüppel flog in hohem Bogen ein ganzes Ende auf den See hinaus. Der Hund überlegte nicht lange. Sofort sprang er vom Steg, um dieses Spiel mitzuspielen. Es platschte noch ein weiteres Mal, denn auch das Herrchen landete nach einem Kopfsprung im Wasser. Beide schwammen um die Wette. Doch der Hund hatte schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Es fiel Charly nicht schwer, schneller zu sein. So war er schneller am Stock und warf ihn noch ein ganzes Stück weiter. Mir tat Bob so leid. Es schien, als wenn dieses Ziel mitten auf dem See war. Der Hund war sauer. Während er in die neue Richtung schwamm, gab er merkwürdige Geräusche von sich. So eine Mischung aus Bellen und Knurren. Endlich hielt er den Knüppel stolz in seiner Schnauze. Er schwamm ohne stop zu seiner Treppe und krab-belte auf den Steg. Wie ein Biber begann er mit lautem Krachen dieses Holz in unzählige kleine Stücke zu raspeln.
Jetzt war es auch für mich Zeit, die Heimfahrt anzutreten. In der Werkstatt lud ich mein Auto aus. Ich verab-schiedete mich von meinen Eltern und irgendwann abends, gegen zehn Uhr war ich zu Hause. Peter ver-sorgte mich mit den nötigen Reiseinformationen. Ich bekam eine Einweisung für meinen Laptop, erfuhr die Nummern für die Nutzung der Kreditkarte, lernte die Telefonnummern im Ausland …Alle verschwanden im Bett, und ich saß in der Stube und überlegte, ob ich an alles gedacht hatte. Ein Stündchen bin ich wohl doch eingeschlafen als morgens der Wecker klingelte.
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