Lieber Helo,
ich verstehe deine Angst und mag dich dafür auch nicht verurteilen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist sich in seinen Entscheidungen von Angst leiten zu lassen. Mit denselben oder doch zumindest ähnlichen Gedanken die du anführst haben andere vor dir schon ihre Bedenken an der Gelieckstellung der Schwarzen und Weißen geäußert, oder an der Gleichstellung der Männer und Frauen gezweifelt, oder um die Reinheit der eigenen Rasse vor dem jüdischen Blute gefürchtet.
Verstehe mich bitte nicht falsch, ich will dir keine Fremdenfeindlichkeit vorwerfen. Ich verstehe deine Ängste vielmehr, denn es ist völlig normal in meinen Augen, dass das Fremde bedrohlich erscheint, wenn es uns zu nahe rückt. Unsere soziale Identität, die sich immer nur in Abgrenzung zu einer anderen Gruppe verstehen KANN, sieht sich bedroht. Aber ich glaube wir sollten dieser Angst nicht nachgeben.
Sicherlich ist der Integrationsprozess nicht leicht. Sicherlich werden und wurden große Fehler gemacht – sowohl in die eine Richtung, wie auch in die andere. Sicherlich war gerade die deutsche Vergangenheit in den letzten 20 Jahren eher ein Grund, weshalb man oft zu nachsichtig mit mangelnder Bereitschaft zur Integration umgegangen ist. Aber dies ist ein schwieriger Prozess, in dem wir alle lernen müssen das richtige Mittelmaß zu finden. Gerade aus Gründen der Freiheit glaube ich jedoch nicht, dass wir auf dieses Integrationsbemühen verzichten können. Denn solange wir diese Fronten aufrecht halten, solange wird es Misstrauen, Vorurteile und Diskriminierung geben – und damit die Wurzeln jeder Gewalt.
Ich bin nun nicht so naiv zu glauben, dass es je (oder zumindest in naher Zukunft) möglich sein wird uns als EINE Menschheit zu verstehen, aber das anzustreben ist dennoch ein gutes Ziel in meinen Augen, denn wenn wir nicht danach streben, können wir uns auch nicht verbessern. Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass es nicht nur unsere Kultur ist, die islamisches Gedankengut assimiliert, sondern es umgekehrt ebenso zu Austauschprozessen kommen wird. Wieso gibt es denn die Konflikte in islamischen Familien mit den langsam zur Emanzipation findenden Frauen? Mit Sicherheit nicht, weil unsere Kultur so gar keinen Einfluss ausübt.
Veränderungen sind immer schwer, viele Veränderungen empfinde auch ich mit gemischten Gefühlen, aber ich denke nur die wirklich Kleingeistigen oder die wirklich fundamentalistischen Menschen haben Grund das zu fürchten, das aber stellt diese Menschen auf dieselbe Stufe wie die von dir gefürchteten islamischen Fundamentalisten – und das diese die Welt kontrollieren, dass denke ich wollen die wenigsten, egal welcher Ideologie oder Religion diese und jene angehören. Und wenn ich schon mich in Gruppen aufteilen muss, dann doch lieber in Toleranz und Intolerant als in die völlig unsinnigen Kategorien Deutschtum und Judentum, pardon, Deutschtum und Islam. Früher war eben nicht alles besser, nur vertrauter. ;-)
In diesem Sinne noch einen schönen Tag
Kasper
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