15 - Das Paradies gleich hinten links
Bis nach Orlando war es nicht weit. Dreißig Meilen waren inzwischen mit dem Auto keine Entfernung mehr. Ich hatte mich blöd genug angestellt, jetzt übernahm Jana meinen Job als Karten-Leser. Wir erreichten den Parkplatz des Discovery Cove. Ich hatte Zeit, die tollen Bepflanzungen dieses Geländes zu bewundern und erfreute mich an den vielen großen Palmen, die wirklich eine Augenweide waren.
In unserem Prospekt waren Bilder von Delphinen, Walen und vielen bunten Fischen. Aber was in diesem Komplex abläuft, hatte ich noch nicht begriffen. Auf alle Fälle hatte der Eintrittspreis uns mächtig schockiert. Eigentlich war es nichts für unseren Geldbeutel! Noch war die Entscheidung, ob wir hineingingen nicht gefallen.
Janas Augen leuchteten, aber sie riss sich zusammen, um keinen Piep von sich zu geben. Denn, wenn Peter in solcher ungewissen Situation, von uns genervt wird, kann es schon mal passieren, dass er ruck zuck ins Auto steigt und die Heimfahrt antritt. Er sagte: „Die Badesachen nehmen wir gleich mit!“ Das hörte sich doch schon mal ganz gut an. Meine Aufgabe war es, im Auto die nötigen Badesachen zusammenzupacken. Die Reisetasche war schnell fertig.
Der Eingang sah von außen aus, wie ein altes Bauernhaus. Das Dach war allerdings nicht mit Stroh gedeckt, sondern mit Palmenblättern. Wir betraten die große Empfangshalle. Die Wände waren in orange und gelben Farben gestrichen. Viele tolle Zimmerpflanzen waren aufgestellt. An der Decke hingen große, blaue Delphine und aus den Lautsprechern tönte leise romantische Entspannungsmusik. Alles Werbung! Eine junge Frau wartete am Schalter und sie erklärte uns gerne, was alles geboten wird und dass es einen Tarif gibt, in dem man den Eintritt für diesen Aktionspark erhält und gleichzeitig noch für den auf dem Gelände auf der anderen Seite, dort wo sich auch die Killer-Wale befinden. Mit jedem Satz den Jana hörte, wurde sie immer aufgeregter, und auch ich bekam schon ganz weiche Knie. Peter trug es mit Fassung und sagte dann „Jo!“ Da plumpsten uns schon mal die Steine vom Herzen. Jetzt wieder so nach Hause fahren, wäre ja auch saublöd gewesen. Die Frau tippte unsere Namen ein. Dann kam die Frage: Wollen Sie mit den Delphinen schwimmen? Peter fragte:„Was kostet es denn?“, in dem er mit den Fingern das Money-Money Zeichen vorführte. Die Antwort kam schnell: „100$ pro Person dazu“. Peter schaute mich an „Das gönnen wir Jana“ sagte er und wartete auf meine Meinung. Ich nickte und stimmte zu. „Willst Du auch?“ kam es dann gleich noch hinterher. Diese Frage hatte ich mir schon die ganze Zeit gestellt, aber ich konnte sie mir nicht beantworten. Eigentlich ist die Frage doch eindeutig und die Antwort genau so. Wer will den nicht mit Delphinen schwimmen? Aber diese Reise war schon jetzt sehr teuer. Sogar das Anschauen der Wolkenkratzer in New York hatte Geld gekostet, allerdings für alle drei. Für 100$ muss ich zu Hause zwei Abend-Mal-Kurse geben! Jetzt war aber keine Zeit mehr zum Überlegen, Peter wollte eine Antwort. Ich spuckte es aus „ Ja, ich will!“ Dann fing ich an zu zittern und musste an das „Ja-Wort“ im Standesamt denken.
Doch was kam, Peter sagte: „Mit Delphinen: drei Mal“ Ich stutze, dass auch er sich entschieden hatte. Jetzt hielt Jana es nicht mehr aus, sie fiel mir um den Hals und schrie: „Delphine, Delphine!“
Peter reichte elegant seine Kreditkarte rüber. Sie verschwand und mit ihr der nächste Türkei Urlaub, der es wohl sonst gewesen wäre. Aber egal. Nun war es passiert und wir freuten uns voller Erwartung auf diesen Tag.
Einer nach dem anderen trat vor die Kamera, um ein Foto zu schießen. In kürzester Zeit hatte jeder eine Art Kreditkarte mit Foto um den Hals. Dann teilte sie uns unseren Termin mit den Delphinen mit, die also um 14:30 Uhr auf uns warten. Sie stellte uns einen sportlichen Taucheranzug vor, in dem ein junges Mädchen steckte. Zusammen verließen wir den Eingang. Auf einer großen Terrasse, konnte man einen großen Teil der Anlage überblicken. Aber keiner würdigte diesen Ausblick. Jana berichtete sofort von unserer Herkunft und die beiden Mädels übernahmen die Spitze. Achtlos liefen sie weiter. Eine Palme war hübscher als die nächste, sie hatten die verschiedensten Formen, die ich noch nie im Leben gesehen hatte.
Ich hatte aufgeholt und ging jetzt neben Jana. Vor uns lag ein langer gerader Weg. Am Rand leuchteten viele bunte Pflanzen. Das Ende war eine dunkelgrüne Hecke. Ich sagte zu Jana:„Da hinten links muss das Paradies sein.“ Sie lachte und wollte es gleich unserer Führung übersetzen. Ich knuffte sie, das musste ja nicht sein. Dann waren wir am Treffpunkt, wo wir später abgeholt werden sollten. Sie erklärte uns, was wir jetzt alles unternehmen können und wünschte uns einen schönen Tag.
Eigentlich hätte ich gleich noch mal wieder zurückgehen können, aber auch an diesem Platz war es genau so toll.
Alle Leute liefen hier in einer schwarzen Pelle herum, so suchten wir die Ausleihstation. Sie war gleich neben uns. In einem großen Karree standen Kleiderständer mit vielen Taucheranzügen auf Bügeln. Mit sicherem Blick musterte uns eine junge Frau von Kopf bis Fuß und reichte uns jeweils die passende Größe.
Wir suchten uns ein Schließfach und schritten zum Umziehen in die Waschräume. Alles in diesem Park war auf viele Leute eingestellt. Es gibt für alles „Normzeiten“. So gelang es uns in wenigen Minuten wieder im schwarzen Dress vor der Tür zu stehen. Wir schlenderten vorbei am weißen Sandstrand und an den vielen weißen Liegen, die alle nicht belegt waren. Es war eine herrliche Ruhe! Es gab so viel zu entdecken!
Aber erstmal knurrten unsere Mägen und das ganz schön heftig. Essen „all inklusive“ das Zauberwort. Was kann es Besseres geben. Nach dem Eingang des Speiserestaurants brauchten wir nicht lange suchen, wir folgten unserer Nase und gingen einfach dem Duft entgegen. Diesmal brauchten wir keine englische Speisekarte zu lesen. Auf einem großen Tisch hatten sie auf Eiswürfeln die Muster des Essens auf Teller aufgefüllt. Das war echt Klasse, so konnte man gleich sehen, wie alles aussieht! Peter wählte wieder einen dicken Burger, Jana suchte sich ein paar Chicken Nugats mit Pommes aus, und mich lächelte das Lachsfilet mit Reis an. Es war richtig lecker
Jana und ich wollten dringend ins Wasser. Es kribbelte wie doll. Wir sahen uns an und rollten mit den Augen. Peter genoss Löffel für Löffel seine dicke Sahnetorte zum Nachtisch. Aber mit unseren Blicken ist sie ihm dann doch im Hals stecken geblieben. Er konnte sie nicht aufessen.
Wir rannten zum Wasser. Das Becken war ein künstlich angelegter See. Ringsherum waren Naturfelsen und ein richtiger kleiner Sandstrand. Bis zu den Knöcheln waren wir im Wasser und die Temperatur ging. Aber die Anzüge waren schon angebracht. Unsere Tauchermasken und unsere Schnorchel hatten wir ja zum Glück aus Deutschland mitgebracht. Jetzt kamen sie zum Einsatz. Wir spuckten kräftig in unsere Masken, damit die Scheiben nicht beschlugen. Voller Spannung gingen wir tiefer.
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