Danke; dann werd ich mal noch einen Teil reinsetzen.
24 - Carries und Peters Geburtstag
Morgens hörte ich die kleinen Kätzchen und die Hündchen wimmern. Zur Nacht wurden sie immer in eine Box gesperrt, damit sie nichts anstellen. Carrie ist immer früh auf den Beinen und versorgt sie dann. Heute war sie aber nicht da. Jana schlief fest. Auch wenn sie dichter daran lag, schien es sie nicht zu interessieren. Peter schnarchte noch neben mir. Bevor er von den Tieren geweckt wird, die dann noch weiter in seiner Gunst sinken würden, stand ich auf. Ich ließ die Kätzchen laufen und goss ihnen frische Milch in ihr Schäl-chen. Die Hündchen brachte ich in ihr Gelände nach draußen. Genüsslich schlüpfte ich noch eine Weile unter meine Bettdecke.
Gegen 10:00 Uhr standen wir alle auf und setzten uns gemeinsam an den Frühstückstisch. Wir ließen unse-ren letzten Urlaubstag ganz entspannt angehen. Peter kramte alleine in unserem Zimmer herum und packte mit akkurater Genauigkeit seinen Koffer. Er ist da ganz eigen. Ich machte einen großen Bogen um ihn.
Meine kleine Tagesaufgabe war Mittag zu kochen. Es stellte aber keine größere Herausforderung da. Ir-gendwie ergriff Peter nach dem Essen wieder eine unheimliche Schwäche und das erste Mal in diesem Ur-laub legte er sich zum Mittagsschlaf ins Bett. Ob die Lieben aus Deutschland das wohl ahnten? Auf alle Fälle klingelte sein Handy. Die große Schwester, die hier in Deutschland nie in der Mittagsruhe gestört werden möchte, wollte ihm an seinem Ehrentag gratulieren.
Aufgescheucht lief mein Mann umher. Er wusste nicht recht etwas mit sich anzufangen. Mein Vorschlag, et-was Kuchen zu besorgen, gefiel ihm schnell. Ich bat ihn auch nach einem Strauß Blumen für Carrie zu schau-en. Aber Blumen waren uns auf der ganzen Fahrt nicht begegnet. In keiner Gaststätte stand eine Vase. Wir haben keine Blumengeschäfte entdeckt und auch an der Tankstelle oder in der Kaufhalle sind sie nicht im Sortiment. Mit so etwas Vergänglichem beschäftigen sie sich nicht. So schwirrten Peter und Jana ab.
Ich machte es mir in der Stube mit den Kätzchen auf der Couch bequem. Das Telefon klingelte. Pech; es war keiner da, außer mir. So musste ich ran. Voll konzentriert sprach ich ein englisches Wort nach dem anderen. Wie gut es doch geht, wenn man sich bloß traut. Das erste Mal war es Janas Freundin. Mir gelang es prima, mich ordentlich vorzustellen. Ich verstand, was sie wollte und konnte eine ordentliche Auskunft geben. Im Anschluss sprach ich mit Barrys Kollegen. Auch hier gab es nichts zu meckern. Alles klappte perfekt. Ich kam mir vor wie in der Zentrale. Beim dritten Klingeln meldete sich Carrie. Sie lachte, weil ich am Telefon war; sie warnte uns, dass sie gleich alle zu Hause ankommen.
Nun klingelte es auch noch an der Tür und Janas Kumpel kam. Ihm durfte ich meine sämtlichen Englisch-kenntnisse vorführen. Es reichte vom „Nice to meet you“ bis zum Angebot einer Tasse Kaffee. Ich war richtig stolz auf mich. Aber als Jana kam, war ich doch froh, denn langsam ging mir der Gesprächsstoff aus. Jana funkelte mit ihren Augen und verschwand mit dem Jüngling.
Wir deckten den Kaffeetisch und wenig später kamen Carrie, Barry und Chase. „Happy birthday, Carrie“ ich drückte sie und gab ihr unser kleines Geschenk. Wir hatten einem Frosch aus Glas, eine Tiffaniarbeit, gefun-den. Sie freute sich sehr, denn Frösche sind ihre Lieblinge. Auch Peter bekam noch etwas. Einen Schlüssel-anhänger, der piepen sollte. Aber er tat es nicht mehr! Wir tranken gemütlich Kaffee und unterhielten uns.
An unserem letzten Abend schlug Peter vor, gemeinsam Essen zu gehen. Er hatte gleich klargestellt, dass er die Rechnung übernehmen möchte. Sie zuckten kurz, aber willigten doch ein. Schließlich haben sie uns auch die ganze Zeit ihr Auto zur Verfügung gestellt und überhaupt, dass Jana bei ihnen leben kann, ist ja beacht-lich. Sie haben nicht viel Kohle, sehr wenig Platz und eigentlich auch genug Arbeit mit der eigenen Familie und dem Hof. Unsere Dankbarkeit wollten wir sie gerne noch ein Mal spüren lassen.
So trudelte zum Abend Andrew wieder ein. Jana kam mit zwei ihrer Freundinnen. Sie wollten uns kennen lernen. Die Teenager wollten am Liebsten zum Essen zusammenbleiben. Aber wir hielten es für keine gute Idee, denn dieser letzte Abend sollte in der Familienrunde ausklingen. So verabschiedeten wir sie und wir stiegen ins Auto. Barry hatte die Gaststätte „Appelbees“ ausgewählt. Wir hofften natürlich, wenigstens einmal eine Gaststätte zu finden, in diesem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in der es nicht nur Burger, Frites, Pizzas, Tachos und Co gibt. Wir kamen an, und vor der Tür standen bereits eine ganze Menge Leute, die darauf warteten einen Platz zu bekommen. Carrie kämpfte sich nach vorne und meldete uns an. So gedulde-ten wir uns gerne ein paar Minuten, denn was so begehrt ist, wird ja auch gut sein. Wenig später hatten sie einen großen runden Tisch für uns, alles sah sehr sauber und gemütlich aus. Auf der Speisekarte waren so-gar ein paar kalorienreduzierte Menüs. So waren bei den Gerichten von Weight Watchers sogar die „Punkte“ angegeben. Bei der Wahl ließen wir uns wieder beraten und als die riesigen Portionen kamen,
waren wir sehr erfreut. Mit dicken Backen waren wir alle super voll. Alle Gerichte waren sehr gut und preis-wert.
Der kleine Chase war so müde, denn es war schon etwas später am Abend. Er ließ mächtig die Ohren hän-gen, seine Augen fielen zu und zwischendurch musste er seinen Kopf auf den Tisch legen. So was kennen wir nicht von Jana. Sie war immer dankbar, wenn sie nicht ins Bett musste.
Der Kellner hatte mitbekommen, dass Peter Geburtstag hat. Er brachte ihm einen dicken Eisbecher mit bun-ten Fähnchen. Geschickt und großzügig reichte er diese Kalorienbombe zum Geburtstagskind Carrie her-über. Wir konnten es gerade noch abwürgen, dass der Kellner noch einen weiteren Eisbecher brachte. Auch kein anderer war in der Lage nach diesem ausgiebigen Essen, diesen Nachtisch zu vertilgen. So begann Carrie die Portion zu verteilen. Sie fütterte jeden in unserer Runde mit einem vollen Teelöffel. Alle schlemm-ten gemeinsam.
Peter und ich mögen diese unkomplizierte Familie. Besonders froh war ich, dass es auch dort noch Men-schen gibt, die nicht an ihrer Pingeligkeit ersticken. Sie können noch von einem fremden Löffel essen oder mal aus einem benutzen Glas trinken, ohne auch nur einen Gedanken an Ekel oder an Angst vor Bazillen zu verschwenden. Sicher war es richtig, Jana auch an diese einfachen Dinge im Leben heranzuführen. Auch sie öffnete ohne zu zucken den Mund und probierte.
Es ist leicht all den Wohlstand zu nutzen, aber sollte man nicht ab und an bereit sein, kleine Abstriche zu ertragen? Manchmal jedoch frage ich mich, ob all die „feinen Leute“ überhaupt noch überleben könnten, ohne diesen Luxus. Peter beruhigt mich dann immer und beantwortet mir gerne diese Frage: „Das müssen sie auch nicht!“
Ob wohl wirklich all das Glück dieser Welt an einer heißen Dusche am Tag, an einer sterilen Wohnung und tollen Klamotten hängt? Ich bin stolz, dass ich meine Stulle auch ohne Teller auf einem Baumstumpf schmie-re kann. Auch weiterhin werde ich voller Genuss in einen ungewaschenen Apfel beißen!
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