Na, wenn ihr uns jetzt kennt, dann lest mal weiter!

14 - Daytonas Sperrmüll auf Palmen

Es war Sonntag. Die zweite Woche Urlaub war um. Eine blieb uns noch. Peter schaute in seine neue Glanz-Karte von Florida, die er sich gekauft hatte. Am liebsten wollte er nach Key West, der südlichsten Stadt der Vereinigten Staaten. Übrigens hat hier Ernest Hemingway, der große amerikanische Schriftsteller, für eine gewisse Zeit gewohnt. Dort wurde eine Brücke gebaut die mehr als 160 km (100 Meilen) vom Festland Flori-das ins Meer reicht.
Bei uns zu Hause brachte vor etwa einem Jahr eine meiner Teilnehmerinnen im Malkurs eine Freundin mit. Sie war zu Besuch aus Delray Beach, Florida. Irgendwie ist es mir gelungen, dass auch sie einen Pinsel in die Hand nahm. Mit ein bisschen Anleitung, stellte sie am gleichen Abend noch ihr erstes Acryl-Bild fertig. Bevor wir unsere Reise begannen, hatte ich mit ihr Kontakt aufgenommen. Sie war so was von freundlich und interessiert. Ganz eifrig schrieben wir beide E-Mails und sie lud uns ein, ein paar Tage bei ihr zu verbringen. Dieser Gedanke kreiste in unserem Kopf, aber es sind natürlich wahnsinnige Entfernungen, die wir hier in Deutschland nie an einem Tag fahren würden. Wir hätten dann gut vier ganze Tage im Auto verbringen müs-sen.
Mir gelang es auch einmal an den heiß begehrten PC zu kommen und ich fragte per E-Mail an, ob wir mal anklopfen können? Auf die Antwort brauchten wir nicht lange warten. Sie schrieb, dass ihre Tochter gerade erst weggefahren ist und sie eigentlich gar keine Zeit habe. So wurde uns diese Entscheidung abgenommen. Jana verfolgte interessiert unsere Pläne und war nicht sonderlich begeistert. So lange im Auto sitzen, dann alleine mit den Eltern. Aber, dass wir die ganze Woche alleine weg wollten, schien ihr auch nicht zu behagen. Carrie hatte ihr gesagt, wenn sie mit will, kann sie fahren, mit der Schule ist es kein Problem. Sie schwankte. Gerade jetzt, wo sie seit einer Woche neue Fächer und Lehrer hat, wollte sie in der Schule nicht fehlen. Am Mittwochabend wollte sie sich mit Freunden treffen, die sie aus ihrer Kirchengruppe kennt.
So einigten wir uns: Wir wollten nicht so weit fahren und am Mittwochabend zurück sein. So startete die Fa-milie Wendig am Montag früh komplett in Richtung Süden. Die Fahrstrecke auf den großen Autobahnen war prima ausgeschildert und das Auto rollte richtig gut. Wir hörten Musik, „snackten“ und zum Essen stoppten wir in irgendeiner der Imbissgaststätten. Peter sagte, je weiter wir runter fahren, so wärmer wird es. So sta-chelten Jana und ich ihn ordentlich an und er fuhr immer weiter. Am Straßenrand tauchten immer mehr Pal-men auf. Hier waren sie nicht angepflanzt, wie wir es aus der Türkei kennen.
Kurz vor der Stadt Detona Beach war wieder ein Besucherzentrum ausgeschildert. Wir bogen vom Highway ab und parkten. Meine beiden Kundschafter gingen hinein. Sie fragten danach, was man hier so unterneh-men kann. Einen ganzen Stapel mit Prospekten brachten sie mit raus. Beim Anschauen quietschte unsere Tochter vor Vergnügen, weil so viele bunte Fische auf den Fotos zusehen waren. Eine Adresse von einer Tauchbasis war auch dabei.
Eine riesige Brücke, die aussah, als wenn man direkt in den Himmel startet, überquerten wir gleich am Stadt-rand. Bei der ersten Gelegenheit stoppten wir, um nach dem Weg zu fragen. Zuerst wollten wir die Taucher sprechen. Das klappte prima und wir waren nur knapp vorbei gefahren. Wir drehten um und fuhren ein klei-nes Stück zurück. Da wehte auch schon eine große bekannte Fahne. Wir betraten den Laden und Jana ü-bernahm als Dolmetscher das Gespräch. Die Verkäuferin war sehr hilfsbereit und nett, aber sie wollte auch nicht mit uns tauchen. Sie erklärte uns, dass um diese Jahreszeit hier kaum einer ins Wasser geht. Höchs-tens am Wochenende laufen ein paar Aktivitäten. „Alles Weicheier“ dachten wir. Warum die sich so anstellen, man hat doch einen Anzug an. In Deutschland habe ich meinen ersten Tauchgang im Schweriner See bei ganzen 3°C absolviert. Aber es nützte nichts, das Tauchen konnten wir uns also abschminken.
Wir suchten erst einmal ein Hotel und landeten wieder im „Holyday Inn“. Kurz darauf tauchten Jana und ich erst einmal im hauseigenen Pool. Wir stellten uns die bunten Fische vor, die neben uns schwimmen könnten. Peter konnte an unserem Spaß leider nicht teilhaben. Er war froh, alleine im Zimmer zu sein und sich unter der Dusche berieseln zu lassen.
Den Rest des Abends wollten wir nun doch nicht im Hotelzimmer verbringen. Wir wollten uns draußen tref-fen. Da ich mal wieder als erster fertig war, schlenderte ich noch mal gemütlich die Grenzen des Hotelgelän-des ab. Es gab keine Schilder mit „Schutt abladen verboten“, auch nicht in übersetzter Form. Vielleicht lagen deshalb so viele ausrangierte Möbel herum. Der ganze Waldrand sah wirklich nicht gut aus. Ein großer Hau-fen Sperrmüll war aufgetürmt auf Palmen. Das war wirklich ein Trauerspiel. Die armen kräftigen Pflanzen hatten dicke Holzplatten, Gardinenstangen und Bettteile auf dem Kopf. Ich schritt sofort zu guten Taten und stellte mich als wahrer Lebensretter dieser Phönixpalmen
dar. Mit dem Fuß trat ich die gröbsten Teile zur Seite und man konnte sofort sehen, wie sich ein Blatt nach dem anderen aufrichtete. Aber viele andere waren verschüttet! Allen konnte ich nicht helfen. Ein kleiner Able-ger stand etwas abseits. Da musste ich einmal dran ziehen, aber er war fest im Boden verankert. Da tat sich nichts. Was soll es auch, es gibt sie bei uns auch in jedem Baumarkt zu kaufen. Außerdem habe ich eine Palme zu Hause, die schon seit zehn Jahren prima wächst.
Als meine beiden kamen, fuhren wir gleich mit dem Auto los, damit wir nicht wieder km-weit latschen müssen. Wir besorgten uns in einer Kaufhalle noch ein 6Pack Bier für den Abend und gingen noch etwas Essen. Dann endete unser Tag gemütlich im Hotelbett.
Das Frühstück am Morgen wurde nicht im Hotel serviert. Wir hatten einen Gutschein für eine Gaststätte die gleich nebenan war. Dort war ein großes Büfett aufgebaut. Ein Paradies. Aber die einzige die so richtig zu-schlug, war ich. Peter mag morgens nicht deftig essen und Jana war mit einer Schale Kornflaks zufrieden. So schlug ich ordentlich zu, damit der Preis auch gerechtfertigt war.
In einem von Peters zahlreichen Prospekt hatten wir eine Anlage mit Fischen gesehen. Jana erkundigte sich über das Telefon. Es war geöffnet, aber der Preis war erschreckend. Diese Stadt Orlando war auf alle Fälle ein gutes Ziel, so konnten wir uns die Sache einmal von dichtem
Betrachten.
Vorher wollte uns Peter das Daytona Speedway-Stadion zeigen. Wieder mal war er bestens im Bilde. Ziel-strebig erreichten wir den Parkplatz und das riesige Stadion lag direkt vor uns. Das Gelände war voller Pal-men, der Himmel war strahlend blau und die Sonne schien schon ordentlich warm. Wie konnte es denn auch anders sein, der Eingang war nicht auf unserer Seite. So konnten wir, wie jeden Tag, erst mal wieder eine ordentliche Strecke laufen. Vor der Eingangstür stand ein richtig toller, gelber Flitzer. Jana tanzte wie ein Fotomodell davor herum. Sie funkelte ihren Vater mit dem schönsten Augenaufschlag an, damit er durch die Linse schaut. Innen gab es jede Menge Geschäfte, mit Fotos, Souvenirs und allen möglichen Formel1 Sa-chen. Wir waren erstaunt, dass wir für das Stadion keinen Eintritt bezahlen mussten. Vielleicht gehen deshalb immer so viele Leute zum Formel1-Rennen, dachte ich. Das könnte mir ja nicht gefallen. Da fährt dann alle „zehn Minuten“ mal ein Flitzer vorbei.
Ein hoher Zaun trennte uns von der vier km langen, ovalen Rennbahn. Auf den Rängen saßen schon ein paar Leute. Der Stadionsprecher sagte ein kleines Rennen an, das in wenigen Minuten starten sollte. Na, das passte ja gut. Das Jana-Kind konnte dem Vater noch ein T-Shirt aus dem Kreuz leiern, denn auf so ein Sommerwetter war sie nicht eingestellt.
Da sahen wir auch schon die ersten Putzfahrzeuge, die die Rennbahn reinigten. Ein wenig später hörten wir es knattern, im Hintergrund. “ Wuuschhhhhhhh!“ Da raste ein Flitzer an unserer Nase entlang. Ein Höllen-lärm, dass man sich die Ohren zuhalten möchte, aber dann war es ja eh zu spät. Irre! Man konnte es kaum aushalten. Der Fahrtwind wirbelte den Dreck hoch. …Und zack, da kam noch ein zweiter. Das war ja doch irgendwie ganz witzig, muss ich zugeben. Peter versuchte ein Foto zu machen, nach ein paar Versuchen schaffte er es auch.