Lieber Samu
Die letzten Wochen habe ich micht etwas mit den jüdischen Gebeten befasst. Mit grossem Gewinn muss ich sagen. Wenn du in der Schweiz einen Berg erklimmst und der Weg ist steil und gefährlich, dann findest du an diesen Stellen oft ein sicheres Seil, an dem du dich halten kannst und somit geführt wirst. Es ist aber nicht so, dass das Seil dich an der Hand nimmt, sondern du musst es aus eigener Entscheidung selber packen und dadurch wird dir Hilfe zuteil.
So kommen mir die jüdischen Gebet vor. Ich bin ja nicht mit ihnen aufgewachsen, sie sind eher neu für mich. Deshalb habe ich noch einen neutralen Blick dafür. Für mich sind sie solche Seile. Sie erinnern, leiten einem durch den Tag, durch die Festtage. Sie sind Halt in schweren Situationen und sie leiten einem in die Gegenwart des Allheiligen und Ewigen.
Friedenstiften, oh wie wünsche ich mir mehr Frieden in der Welt. Jedes lieblose Wort, jeder Streit verändert die Welt, das ist wohl wahr. Aber ebenso kann jedes freundliche Wort, jede liebe Geste, jedes Lächeln die Welt ebenso verändern. Ich denke, dass es auch eine persönliche Entscheidung ist, will ich als Friedensstifter durch Welt gehen, oder sind mir die Menschen auf meinem Weg gleichgültig.
Das ist ja ein sehr interessanter Gedanke.Gott hat keine zwei Menschen und keine zwei Pflanzen- oder Tierarten gleich geschaffen, und zwar um des Friedens willen. Wären sie alle gleich, würden sie alle dasselbe haben wollen und die gleichen Bedürfnisse haben, und das würde unwiderruflich zu Streit führen. Dank der Unterschiede findet eine unendliche Verschiedenheit von Organismen ihre eigene Lebensweise dadurch, dass sie sich anpassen und dass sich unentdeckte Möglichkeiten einspielen. Die Unterschiedlichkeit macht den Frieden möglich.
Das sollte uns eine heilige Verpflichtung sein. Wenn man das tut gibt man nicht nur, sondern man bekommt um vieles mehr zurück!Das Gebot des Krankenbesuchs wird dadurch täglich im Morgengebet erinnert, dass die Talmudstelle (bShabb 127a) zitiert wird, in der zur Verdeutlichung von mPea 1,1 eine Reihe von grundlegenden Taten der Menschenliebe aufgezählt wird: Gastfreundschaft, Krankenbesuch, Teilnahme an Hochzeiten und Begräbnissen sowie Frieden stiften zwischen Mensch und Mitmensch.
Zu all diesem hat uns der Höchste – Gelobt sei sein Namen – verpflichtet!
Ja, wir sollten Nachahmer Gottes sein, ob jüdisch oder nicht.Der Heilige, gelobt sei er, wird gerecht genannt; es heißt ja: ,Gerecht ist der Herr in allen seinen Taten'‘(Ps 145,7). Du sollst daher auch gerecht (zaddik) sein. Wie der Heilige, gelobt sei er, fromm genannt wird, so sollst auch du fromm sein."
Der israelitische Mensch soll die Barmherzigkeit und Großzügigkeit Gottes, wie sie in Ex 34,6 und anderwärts geschildert wird, nachahmen.
Wenn man sich mal klar vor Augen führt, dass jeder Mensch vor Gott ist, ist das eine starke Aussage, da zittert einem das Herz."Der Mitmensch, dem der Fromme begegnet, ist daher nie der Mensch-an-sich, den es nicht gibt, sondern immer der Mensch-vor-Gott: der Gerechte oder der Ungerechte, der Toraeifrige oder der Säumige, der Strauchelnde oder der Umkehrende, der Erwählte oder der Nichterwählte, der Freund oder der Feind Gottes, der Gottgemäße oder der Gottwidrige.
Lieber Samu, danke für diesen Text. Ist auch einer der Texte, die einem näher zum Ewigen führen, seine Grösse und Allmacht zeigen. Die Sprache in diesen Texten ist einfach grandios und geht tiefer, da gibts Worte die wir sonst im täglichen Deutsch nie benützen, zb das Wort Vielerbarmend.
Samu, ich bin wieder ein Stückchen weiter :wink: Lach und noch etwas: auch wenn ein Text lange ohne Antwort bleibt, heisst das nicht, dass er vergebens gepostet wurde. :P Irgendwann kommt ein Schatzgräber oder eine Schatzgräberin.
Shalom
Popcorn
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