Hallo Tomkat, viele Fragen, die allein schon Bücher füllen könnten. Ich versuche mich so kurz wie möglich zu halten. (Die Quellen zu den Lutheraussagen findet man in den Tischreden Luthers).
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„also naja, ich hab mich schon sehr gewundert, dass schlangen einmal beine gehabt haben sollen. was ich aber nicht verstehe ist, dass ja nocheinmal auf die schlange eingegangen wird. es wird von feindschaft zwischen schlange und frau gesprochen (was mir auch etwas komisch vorkam, naja) ist diese stelle dann komplett ausgedacht? und wenn nicht, sondern es einfach um ein andres wesen als die schlange geht, welches ist das dann?“
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Wieso sollte hier etwas ausgedacht sein? Die Erzähler der Geschichte geben eigentlich ganz deutlich einen Dialog wieder, der zugleich auch ganz viele Antworten in sich trägt. Der Leser sollte sich jedoch nicht an den altertümlichen Metaphern festhalten, sondern die Symbolik verstehen, die hinter allem steht! Nun, dass eine Schlange nicht sprechen kann ist bekannt und das sie keinen Kehlkopf hat ebenso. Doch die Schlange ist gerade bei den alten Völkern immer ein besonders mystisches Tier gewesen, dass auf Grund seiner Macht zu töten – im Vergleich zu der Köpergröße anderer Lebewesen – und ihrer ganz spezifischen Jagdmethoden – lautlos, schnell und schlau, nicht zuletzt als Herrschersymbol Verwendung fand – so z.B. bei den Ägyptern. In ihr vereinigten sich tödliche Macht, Anmut und Intelligenz. Nun, was besagt der Text wirklich? Laut hebr. Text, verflucht Gott dieses Wesen noch vor allem Getier und allem Lebenden des Feldes. Die Betonung liegt hier auf „vor“. Also vor jeglichem Tier wird der „Verführer“ noch verflucht, jeglichem Tier untergeordnet. Dieses intelligente Wesen, wird sogar tiefer als eine Schlange angesehen, dass nicht einmal Beute machen soll, sondern Staub fressen soll. Hier taucht eigentlich erstmalig die Schlange als Tier auf! Eigentlich will der Text nichts anderes besagen, als das zwischen dem „Versucher“ und dem Menschen nur Feindschaft herrschen kann. Wer der „Versucher“ ist, wird nicht ausdrücklich gesagt, doch es ist ein Wesen, das Macht, Intelligenz und voller überzeugender Kraft sein muss. Dass eine Schlange die Macht hat Menschen zu verführen, ist gelinde gesagt dummes Zeug, doch bekanntlich hat der Widersacher Gottes viele Namen.
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„war mir jetzt gar nicht bewusst, dass da was von gott der götter steht, kommt vlt auch auf die übersetzung drauf an.“
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In der Tat findet man in alten Übersetzungen diese Begrifflichkeit für El Ohim.
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„was ich nicht verstehe ist, warum gilt die rev. elberfelder, dann als so genaue übersetzung. außerdem, dachte ich dass die übersetzungen alle den urtext als grundlage haben, wenn das nicht der fall ist, was ist dann die grundlage?“
„Septuaginta und Vulgata sagt mir ehrlich gesgat nicht“
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Du sprichst hier eines der größten Probleme an, die eigentlich den meisten Christen nicht bekannt ist. Wenn christliche Bibelanstalten vom Urtext sprechen, dann meinen sie eben nicht den hebräischen Text, sondern die griechische Version = Septuaginta, des hebräischen Tenach. Aus ihr entstanden ist dann die Vugataversion, die lateinische Textübersetzung von der Septuaginta. Das hebräische Original wird nur als Textvergleich verwendet, doch aus theologischen Gründen abgelehnt! In der Tat ist es so, dass es in der Septuaginta dermaßen viele Textabweichungen zum hebräischen Original gibt, dass es gerade zu ein theologisches „Erdbeben“ auslösen würde, wenn man es übernehmen würde. Noch verheerender sieht es dann bei der Vugataversion aus. Doch beide, Septuaginta und Vulgata, sind die sog. Urtexte, die auch die rev. Elbefelder benutzt und gelegentlich auch hebräische Textvergleiche, wo es ins theologische Konzept passt. In meinen Augen wird hier schon so inkonsequent und verlogen mit den Menschen verfahren, dass es einem eigentlich schaudert. Aber es ist eben eine Wahrheit, dass die Evangelien auch nur die Septuagintaversion mit all ihren Übersetzungsfehlern, Zusätzen und Umdeutungen benutzt und dann erscheint plötzlich eine Jungfrau, oder ein Jesus der auf zwei Eseln reitet, bis hin zu den 30 Silberlingen, alles Dinge, die man vergeblich in einer hebräischen Bibel suchen wird. Die Worte des Evangelisten: „Dies alles ist geschehen, damit sich erfülle, was der Herr durch die Propheten gesagt hat“ (Mt. 1/22), bereiten hier der Theologie ernsthafte Probleme, denn nimmt man die Septuagintaversion weg, dann steht man vor einem ganz nüchternen Fazit, Gott hat eben davon nichts den Propheten Israels gesagt! Ja, vieles kann sich nicht im Sinne der Schrift erfüllt haben, weil davon einfach nichts im hebräischen Original steht. Die Theologen wissen das, weshalb man einfach das Original ignoriert, trotz seiner unglaublichen Verlässlichkeit, was die Funde aus den Höhlen am Toten Meer klar belegt haben.
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„da kann der Herr Luther aber nicht viel auf seine eigene übersetzung gegeben haben“
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Luther war Realist auf diesem Gebiet! Deshalb sagte er auch in seiner Vorrede zum deutschen Psalter: „ Allen Meistern und Klüglingen, 50 Gulden, wenn sie ihm das Wort „Chen“ durch und durch in der Schrift verdeutschen könnten“. Oder: „Uns ist es wohl oft begegnet, dass wir drei bis vier Wochen haben ein einziges Wort gesucht und gefragt, habens doch zuweilen nicht gefunden. In Hiob arbeiten wir also, dass wir in vier Tagen zuweilen kaum drei Zeilen konnten fertigen“. So ließ er es doch dann und stürzte sich auf den Vugatatext. „Wir mühen uns ab, die Propheten zu verdeutschen. Was ist es doch für ein beschwerliches Werk, die hebräischen Propheten zu zwingen deutsch zu reden. Wie sträuben sie sich, da sie ihre hebräische Ausdrucksweise nicht verlassen und sich dem groben deutsch nicht anpassen können, gleich als ob man eine Nachtigall zwänge, ihren melodischen Gesang aufzugeben und den Kuckkuck nachzuahmen, dessen eintönige Stimme sie verabscheut. (Aus: Luther 14. Juni 1528 – Brief an Wenzelaus Link).
Einer der größten Übersetzer der Neuzeit sagte mal: „Übersetzen heißt immer zwei Herren zu dienen und das kann niemand“ (F.Rosenzweig). Das hat allerdings ein Herr Luther nie wirklich begriffen und erklärte wieder allem besseren Wissen seine Übersetzung zum Wort Gottes. So vermessen war nicht einmal ein Paulus, der wohl wusste wie unzulänglich seine Textinterpretationen waren.
Samu
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