Die Macht unserer Selbstheilungskräfte
Dr. Doris Wolf - Diplom Psychologin, Psychotherapeutin
Alle Aufgaben unseres Körpers sind aufeinander harmonisch abgestimmt. Wenn wir seelisch und körperlich gesund sind, dann herrscht in unserem Körper ein inneres Gleichgewicht. Diese innere Harmonie ist jedoch sehr empfindlich.
Durch negative Gedanken und Gefühle gerät es sehr schnell durcheinander. Wenn dies unser Gehirn feststellt, dann schlägt es sofort Alarm. Es leitet dann Gegenmaßnahmen ein, die das Gleichgewicht wieder herstellen sollen. Unser Gehirn ist eine Art Überwachungsbehörde, die darauf achtet, dass einzelne Mitglieder nicht aus der Reihe tanzen.
Unser Gehirn ist mit dem Heizungsthermostat unserer Wohnung vergleichbar. Wenn Sie den Heizungsthermostaten in Ihrer Wohnung auf 20 Grad eingestellt haben, dann gibt der Thermostat an die Heizung eine Nachricht, wenn die Raumtemperatur unter 20 Grad sinkt. Sie gibt der Heizung den Befehl, solange zu feuern, bis die Raumtemperatur wieder auf 20 Grad ist.
Unser Gehirn ist eine Art Schaltzentrale, die mit jedem Organ und jeder Zelle unseres Körpers in ständiger Verbindung steht. Fällt ein Teil aus, dann registriert dies unser Gehirn. Es leitet sofort Maßnahmen ein, die zum Ziel haben, die Ordnung wieder herzustellen.
Wenn wir uns beispielsweise in den Finger schneiden, dann registriert dieses unser Gehirn. Es schickt sofort an die Unfallstelle eine Truppe weißer Blutkörperchen, die die Aufgabe haben, eindringende gefährlich Keine abzuwehren und zu vernichten. Damit wir nicht verbluten, verengen sich die Blutgefäße an der Unfallstelle und das Blut gerinnt. All dies und noch viel mehr geschieht ohne unser Zutun und ohne, dass wir die ganze Hektik in unserem Körper bemerken.
Wenn wir stürzen und uns einen Knochen brechen, dann läßt unser Körper diesen Knochen wieder zusammenwachsen. Er tut dies ganz ohne fremde Hilfe. Alles, was ein Arzt tun kann, ist dass er einen Gipsverband anlegt, damit der Knochen gerade und nicht schief zusammenwächst. Unser Körper ist es jedoch, der diesen Knochen wieder zusammenwachsen lässt. Ja, unser Körper tut noch mehr. Er lässt den Knochen, an der Stelle, an der er gebrochen ist, kräftiger werden, so dass die Gefahr eines erneuten Bruches an derselben Stelle geringer ist.
Jeder Arzt kann nicht mehr tun, als die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, damit die im Menschen innewohnenden Selbstheilungskräfte in Tätigkeit treten können. Ein Arzt kann eine Krankheit nicht heilen. Dies kann nur unser Körper.
Da unser Körper in der Lage ist, sich selbst zu heilen, sagt man auch, dass wir einen inneren Arzt haben. Dieser verfügt über alle notwendigen Therapiemaßnahmen, um unseren Körper in einem gesunden Zustand zu erhalten oder ihn wieder gesund zu machen. Dieser innere Arzt bedient sich der Selbstheilungskräfte, über die unser Körper in großer Zahl verfügt. Dem englischen Arzt David Colemann zufolge sind die Selbstheilungskräfte unseres Körpers so wirksam, dass sie ohne fremde Hilfe mehr als 90% aller Krankheiten selbst überwinden können. Unser Körper verfügt über eine körpereigene Apotheke. Er hat die wichtigsten 30 bis 40 Medikamente, die man für die Heilung der verschiedenen Krankheiten benötigt, auf Lager. Bei Bedarf gibt er sie an unseren Körper ab.
Unser Körper gleicht einer pharmazeutischen Fabrik, die Medikamente herstellt, die uns keinen Pfennig kosten. Unser Körper stellt sie kostenlos zur Verfügung. Wenn wir verstehen, uns dieser natürlichen Heilmittel zu bedienen, dann können wir nicht nur sehr viel Geld sparen, sondern bekommen auch keine Nebenwirkungen, wie bei vielen Medikamenten, die wir schlucken. Und wir vermeiden es, von den Medikamenten körperlich abhängig zu werden.
Der Arzt Albert Schweitzer sagte, dass jeder Kranke in seinem Inneren einen Arzt besitzt. Da der Kranke dies nicht weiß oder er es nicht versteht, diesen inneren Arzt zu aktivieren, geht er zu einem Arzt und fragt diesen, was er tun könne. "Das Beste", so Albert Schweitzer, "was wir tun können, ist, diesem Arzt, der im Innern jedes einzelnen wohnt, eine Gelegenheit zur Wirkung zu geben".
Der innere Arzt in uns reagiert jedoch sehr empfindlich auf negative Nachrichten. Wenn man die Hoffnung auf Genesung aufgibt, wenn man sich als hoffnungslosen Fall ansieht, dem nicht zu helfen ist, dann führt diese negative Erwartungshaltung dazu, dass man krank bleibt. Nur wenn man dieses Bild des hoffnungslosen Falles gegen ein eher optimistisches Bild austauscht, dann kann man gesund werden. Wer sich selbst aufgibt, ist verloren. Deshalb sagte Coué auch: "Jede Krankheit ist heilbar, nicht aber jeder Kranke". Er wollte damit klarmachen, dass wir Menschen selbst eine große Verantwortung für unsere Gesundheit tragen.
Wenn wir nicht dabei mitwirken, wieder gesund zu werden, dann machen wir es unserem Körper sehr schwer oder gar unmöglich, wieder gesund zu werden.
Umgekehrt können wir den inneren Arzt gleichsam zu Höchstleistungen anspornen, wenn wir uns positive und aufbauende Gedanken machen.
Die wichtigste Voraussetzung zur Entfaltung unserer Selbstheilungskräfte ist der Glaube, gesund zu werden. Der Glaube kann zwar keine Berge versetzen, aber wir können uns durch ihn von selbst schwersten Krankheiten befreien.
Eine aufsehenerregende Geschichte ereignete sich in den 50er Jahren. Zu der damaligen Zeit wurde ein Mittel gegen Krebs erforscht, in das man sehr große Hoffnungen setzte. Die Presse berichtete ausführlich darüber, dass wohl der Durchbruch geschafft sei. Ein Patient, der unter einer fortgeschrittenen Krebserkrankung der Lymphdrüsen litt, bat seinen behandelnden Arzt, dieser möge ihm doch dieses neue Mittel geben. Der Arzt willigte ein. Nach der Verabreichung des Medikaments ging es dem Patienten von Tag zu Tag besser. Nach kurzer Zeit verschwanden die Tumoren und der Patient konnte als geheilt entlassen werden. Als dann aber die Nachricht durch die Presse ging, dass das Medikament bei weitem nicht die Hoffnungen erfüllte, die man in es gesetzt hatte, ja dass es wirkungslos sei, erlitt der Patient einen schweren Rückfall. Sein Krebs kam wieder zum Vorschein. Dieses mal berichtete der Arzt dem Patienten, dass man nun ein Mittel gefunden habe, das ihn sicherlich heilen werde. Der Arzt gab dem Patienten mehre Spritzen, die nicht anderes enthielten, als Kochsalzlösung, eine völlig wirkungslose Substanz. Und wieder begannen sich die Krebszellen so weit zurückzubilden, dass der Patient als geheilt angesehen werden konnte.
In beiden Fällen hatte der Glaube des Mannes, dass ihm geholfen werden kann, die Heilung bewirkt.
So wie unser Glaube die Macht besitzt, unser Leben zu erhalten, so kann der Glaube auch unser Leben zerstören. Vielleicht haben Sie schon einmal von Vodoo gehört. Vodoo ist ein Zauber in manchen Naturvölkern, wie etwa bei den brasilianischen Indianern. Es gibt Stämme, die dem Medizinmann ungeheure Macht zusprechen. Sie glauben, dass sie sterben müssen, wenn der Medizinmann sie zum Tode verurteilt. Verurteilt ein Medizinmann ein Stammesmitglied zum Tode, da dieses eine Straftat begangen hat, auf die der Tod steht, dann stirbt dieses Stammesmitglied tatsächlich innerhalb von Stunden, ohne dass man eine Todesursache feststellen kann. Ein Arzt, der im Süden von Afrika praktizierte, beobachtete, dass Männer aus dem Bantu-Stamm im mittleren Alter innerhalb weniger Stunden gestorben sind. Man hatte ihnen gesagt, sie würden bei Sonnenuntergang sterben. Die Medizinmänner in den Naturvölkern bedienen sich des Glaubens der Eingeborenen. Die Eingeborenen sind davon überzeugt, dass der Medizinmann sie gesund machen könne. Gleichgültig, was der Medizinmann tut, ob er ein Zauberwort spricht, die guten Geister beschwört oder ein Mittel verabreicht, im Glauben der Eingeborenen helfen diese Mittel und deshalb werden sie auch gesund. Der Glaube, nicht die Worte oder die Medizin machen sie gesund.
Eine Tageszeitung berichtete einmal über einen Mann, der versehentlich in ein Kühlhaus eingeschlossen worden war. Da es schon sehr spät war und der Mann wusste, dass niemand mehr bis zum nächsten Morgen kommen würde, wusste er, dass er sterben würde, da kein Mensch bei minus 30 Grad eine Nacht ohne entsprechende Hilfsmittel überleben kann. Dieser Mann schrieb deshalb einen Abschiedsbrief an seine Frau und seine Kinder. Am nächsten Morgen fand man den Mann tot auf. Dies verwunderte alle, da über Nacht die Kühlanlage ausgefallen war und dadurch die Temperaturen so niedrig waren, dass der Mann hätte eigentlich überleben können müssen. Dieser Mann starb an seinem Glauben, sterben zu müssen.
Der Lebenswille eines Patienten hat einen enormen Einfluss darauf, ob dieser eine schwere Operation überlebt oder nicht. Menschen, die keinen Lebenswillen haben und sich aufgeben, haben viel schlechtere Chancen, als die die weiterleben wollen. Das wird sehr deutlich bei krebskranken Menschen. Fehlt der Lebenswille und resigniert der Kranke, dann hat er auch trotz modernster Techniken keine Überlebenschance.
Ein amerikanischer Psychotherapeut, nach dem auch eine Therapiemethode benannt ist, Herr Moreno, sagte sich im Alter von 90 Jahren: "Ich habe alles erreicht, was ich erreichen wollte. Ich habe mein Leben gelebt. Nun will ich sterben". Herr Moreno war innerhalb weniger Tage tot. Jeder Gedanke ist eine Kraft.
Wer sich positive und aufbauende Gedanken macht,
der fördert seine inneren Selbstheilungskräfte.
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