Lieber Zeuge,
tja, mir fällt es schwer zu differenzieren, wo du mich teilweise nicht verstehen kannst und wo du mich möglicherweise verstanden hast, aber nicht darauf eingehen wolltest. Ich versuche mein Gefühl etwas näher zu erläutern.

Dein Zitat (zu dem mir eine Quellenangabe fehlt) betreffs die Genforschung spricht selbst ganz deutlich davon, dass diese Fragen im Detail äußerst heftig umstritten sind. Inwiefern sich daraus jetzt eine Tatsche ableiten lässt, ist mir nicht klar.
Außerdem muss man vorsichtig unterscheiden, welche der erlernten Verhaltensmuster sich potentiell in einer Disposition vererben. Sicherlich gibt es angeborene Verhaltensweisen und Dispositionen, aber dies trifft nicht auf alle und vor allem nicht auf jeden komplexen Vorgang zu.

Mein Argument bediente sich einer ganz einfachen Logik. Wenn wirklich jedes Verhalten, das eine immer wieder wiederholte Problemlösung umfasst, vererben würde (den so habe ich deinen Gedanken verstanden), dann gäbe es viele Handlungen, die wir (zumindest in ihrer Disposition) angeboren hätten – vom Flaschen-öffnen bis hin zur Kontrolle eine Fernbedienung. Ich hinterfrage also nicht die zugrundeliegende Theorie, sondern explizit deine Vereinfachte Darstellung derselben.

Des weiteren habe ich dich darauf hingewiesen, dass du im Zuge einer Kommunikation bereit sein musst, dich auf deinen Gegenüber einzulassen, d.h. aber eben auch auf sein Verständnis. Anstatt darauf einzugehen erwiderst du mir (nebst einem Bibelzitat) die Bemerkung „nur in der Gemeinschaft liebt der Mensch seinen Nächsten wie sich selbst.“
Ich habe lange nachgedacht wie ich diesen Satz verstehen soll. Ich kann für mich momentan zwei mögliche Interpretationen ziehen.

Erstens, du hast mich nicht richtig verstanden und wirkst in deinem Denken auf mich mehr wie ein gut meinender Mensch, der mit aller Gewalt einer alten Dame über die Strasse helfen will – ob sie es nun möchte oder nicht. Hier wäre es wie ich denke besser sich erst einmal um die Erwartungen des anderen zu bemühen.

Oder muss ich diese Bemerkung anders betont verstehen, und du willst darauf hinaus, dass diese Nächstenliebe und dieser Respekt nur jenen zukommt, die Teil der Gemeinschaft wären. Das wäre in meinen Augen aber schon eher ein sehr elitäres Denken und würde für mich eher auf ein Motiv der Selbsterhöhung hinweisen (vgl. mein letzter Post). Außerdem würde es mich ehrlich gesagt wundern, denn dehnte Christus das Gebot der Nächstenliebe auch und besonders auf Feinde aus?


Dann hast du geschrieben, „Das Buch "Das egoistische Gen" von Richard Dawkins bestätigt doch meine Theoie. Nur daß ich die Evolution aus einem anderen Blickwinkel sehe.“ Nun, auch auf die Gefahr hin unhöflich zu wirken, muss ich deutlich sagen, soweit ich es sehe, ist diese Aussage aus mehrfachen Gründen schlichtweg nicht richtig.

Erstens kann der Verweis auf einen Gleichdenkenden einen logischen Widerspruch nicht auflösen. Und um solch einen handelt es sich, wenn du die Wissenschaftsmethodik einmal als Legitimation heranziehst, ihr gleichzeitig aber ihre Befähigung absprichst. (Das du dies tust wird weiter unten noch einmal aufzugreifen sein) Entweder eine Methodik hat recht oder auch nicht, aber sie kann nicht recht haben solange sie deiner Meinung ist und unrecht wo das nicht der Fall ist. Oder noch neutraler, eine Theorie kann nicht gültig und zugleich ungültig sein.

Zweitens hast du ursprünglich eine Tatsachenbehauptung aufgestellt ohne das daraus zu lesen war, dass es sich nur um eine Theorie handelte, die damit letztlich auch falsch sein könnte und keinen unbedingten Wahrheitsanspruch erhebt. Aber vielleicht habe auch ich aufgrund eines Mißverständnis hier das ganze nur etwas zu stark formuliert empfunden.

Drittens bestätigt ein Gleichdenkender auch immer noch nicht die Gültigkeit einer Theorie. Das geschieht durch ihre Argumentation und nicht etwa durch die Namen ihrer Befürworter – das wäre meiner Meinung nach ein Lehrdogmatismus der anderen Art.

Und viertens ging es mir in dem von dir angeführten Zitat meines Schreibens nicht um die Inhalte deiner Theorie, sondern um die unzulässige Vermischung von Wissenschaft und subjektiver Zielsetzung. Nur weil diesen Fehler auch Wissenschaftler machen, ist er damit noch immer nicht legitimiert.

In diesem Zusammenhang zu deinem weiteren Kommentaar: „Es liegt nicht an der Wissenschaft als Methode an sich, sondern an den Menschen, die die Wissenschaft betreiben. Der Wunsch ist der Vater des Gedankens. Das heißt, dass auch die Wissenschaft Gott erkennen kann, wenn sie vom richtigen Wunsch getrieben wird.
Auch hier kann ich dir aus mehreren Gründen nicht zustimmen.

Erstens kann die Wissenschaft Gott meiner Meinung nach im Eigentlichen nicht zum Gegenstand ihres Bestrebens machen, denn es geht in der Wissenschaft (vereinfacht gesagt) immer um Beweise oder besser (weil Beweis oft zu endgültig verstanden wird) um nachvollziehbare, aktuell zweifelsfreie Aussagen und der immer wieder erfolgenden Prüfung ihrer aufgestellten Theorien. Wie sollte aber Gott da hineinpassen wenn du nicht etwa unterstellen willst, dass wir Gott (oder seine Existenz) nachvollziehen können.

Zweitens sagst du einmal, die Unmöglichkeit läge nicht an der Wissenschaft als Methode, sondern an den Menschen. Dann aber hast du meines Erachtens (vielleicht in der Hektik des Schreibens) den Fehler gemacht zu behaupten, die Wissenschaft könne mit dem richtigen Wunsch Gott erkennen, denn es sind wieder nur die Menschen (die Wissenschaftler), welche dazu in der Lage wären. Wissenschaft ist eine Methode und eine Methode hat keinen eigenen Wunsch.

Zudem haben wir drittens auch hier m.E. nach wieder den Trugschluss, die Wissenschaft als Methode sei mit einem subjektiven bereits festgesetzten Ziel zu dem sie hinführen muss vereinbar. Sicherlich ist die objektive Wissenschaft ein nicht zu erreichendes Ideal, aber das heißt nicht, dass es keine Gültigkeit besitzt. Ich habe schon einmal an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass man die Ebenen des Idealen und des Realen nicht miteinander vermengen darf, denn ansonsten würde aus dem idealen Christentum sehr schnell eine Religion des Morden, Vergewaltigen, Brandschatzen, des Kindesmissbrauches und der ethnischen Säuberung werden.

[QUOTE=Zeuge]
Die Vervollkommnung des Menschen liegt in der Gemeinschaft.
[/QUTOE]

Ich denke wir sehen es hier ähnlich. Aber wie mir scheint sprichst du von einer Gemeinschaft mit anderen Menschen, ich aber spreche von einer Gemeinsaft mit Gott. Und wenn Gott die Vollkommenheit darstellt, dann bedeutet Gemeinschaft mit Gott doch sich um diese Vollkommenheit zu bemühen, auch wenn sie letztlich nicht „erworben“ sondern nur geschenkt werden kann. Oder woran machst du in meinem Gedanken einen Irrtum explizit fest?

Ich freue mich schon jetzt auf die Weiterführung deiner Gedanken.
Einen schönen Sonntag noch
Kasper