Zitat Zitat von Sawel Beitrag anzeigen
Ich tabuisiere nichts, ich muß damit nur nicht hausieren gehen und ich habe schon gar nicht das Verlangen nach der Einmischung von irgendwelchen christlichen Moralaposteln.
Ich will da ausleben was ich will ohne daß jemand dafür Rechenschaft von mir verlangt oder mir sagt wie ich es gefälligst anders machensoll.
Lieber Sawel,

ich wollte Dir auch nicht persönlich vorwerfen, dass du dieses Thema tabuisierst. Außerdem würdest du dann dich ja hier nicht beteiligen. Ich denke aber doch sagen zu dürfen, dass eine Privatisierung von Sexualität dazu führt, dass bestimmte Aspekte wie z.B. die Moral nicht mehr diskutiert werden, weil darauf verwiesen wird „das geht niemanden etwas an“. Diese Entwicklung finde ich aus zweierlei Gründen bedenklich.

Erstens ist es nicht nur sinnvoll sondern auch notwendig, dass wir zwischenmenschliches Interagieren reglementieren – damit meine ich hier die Aufstellung einer Moral. Meiner Meinung nach hat bereits die traditionelle Ausformung der Sexualmoral den Fehler begangen, die moralischen Konzepte nicht konsequent auch im Bereich Sexualität anzuwenden. Oder anders gesagt, Verhaltensregeln die um den Anspruch einer Moral erheben zu können universal gelten müssen, dürfen in der Sexualmoral nicht komplett verworfen werden. Wenn ich nun Sexualität zu einem Thema erhebe, in dem keine Diskussion zur Moral geführt werden darf, weil alles erlaubt ist, wenn alle Beteiligten es wollen, dann räume ich diesem Bereich meines Erachtens einen ebenso fragwürdigen Sonderstatus ein und begehe denselben Fehler wie schon zuvor.

Zweitens ist das Argument der Einwilligung zweier mündigen Erwachsenen meiner Meinung nach äußerst fragwürdig, denn damit ist nicht automatisch eine Legitimation verbunden. Wende ich nämlich diese Argumentationsstruktur auf den noch nicht so weit zurückliegenden Kannibalenmord an, wird offensichtlich, dass dies kein verallgemeinertes Recht werden sollte. Schon allein in Punkto Mündigkeit spielen juristische Aspekte ebenso mit rein wie z.B. medizinische oder psychopathologische Problemthemen. In Hinblick auf die Frage nach der Mündigkeit und der Zulässigkeit aber muss auch die betreffende Handlung diskutiert werden dürfen.

Wenn ich von der Notwendigkeit spreche, einen Dialog auch über diese Fragen zu führen, dann muss das aber nicht bedeuten, dass deshalb die „christlichen Moralapostel“ (wie du sie nennst) das Sagen haben. Diese Sicht ist nur eine mögliche Anschauung. Ganz im Gegenteil denke ich primär an eine philosophische Erörterung und hier können solche Diskussionen meiner Meinung nach mit falschen Vorurteilen aufräumen und ggf. Vorurteile in der Gesellschaft nach und nach abbauen, (siehe z.B. Homosexualität) bzw. alternativen Lebenskonzepten auf staatlicher Ebene möglicherweise Raum geben, der ihnen bis jetzt verwehrt wird. (z.B. Bigamie)

Was nicht daraus folgt, ist der Anspruch, dass sich eine Person für ihre Sexualität unbedingt rechtfertigen muss. Außerdem führt ein Kanon von moralischen Verhaltensregeln nicht zwingend zu einer juristischen Reglementierung. Außerdem, lieber Sawel, müsste ein Verbot deiner Sexualität erst einmal begründet sein, bevor du je in diese Situation kommen könntest.

Ich hoffe ich konnte damit deutlich machen, dass ich nicht den Standpunkt einnehme, den du (wie ich es aufgrund deiner Formulierung vermute) bezüglich meiner Person angenommen hast.