Zitat von
Kasper
Vielleicht magst Du liebe Inara mir bzw. uns diesen Punkt auch aus einem anderen Blickwinkel etwas näher beleuchten. Was waren die Gründe für Dich Wissenschaftlern die richtige Grundlage abzusprechen und was waren die Gründe aus denen Du letztlich diese Deine Ansicht revidiert hast (denn so verstehe ich Dich)?
Über einen weiteren Beitrag würde ich mich freuen.
Hallo lieber Kasper,
früher (vor vielleicht 1-2 Jahren) war ich praktisch genau derselben Meinung wie Herold. Und ich hatte fast dieselben Gedankengänge wie er. (Daher, lieber Herold, meine ich dich einigermaßen gut verstehen zu können - btw: Danke für deine Antwort auf mein Post. :-)) Früher hätte ich ihm einfach beipflichten können: Ein Wissenschaftler (Theologe etc.) kann doch nur dann an das NT (die Bibel) richtig herangehen, wenn er eine lebendige Gottesbeziehung hat. Das hieß im Endeffekt, wenn er wie ich, wie meine "Glaubensgeschwister" (wie "lebendige Christen") glaubt. Wie sonst könnte er das Gelesene "richtig" auslegen oder zu "richtigen" Schlüssen kommen? Aber damals war ich eben einfach davon überzeugt, das "richtige" zu glauben, auf der "guten Seite" zu sein, und die "Wahrheit" zu kennen, und deshalb war es auch klar, dass es zunächst mal fragwürdig ist, dass überhaupt die Bibel und Co. erforscht werden; aber wenn, dann nur mit dem "richtigen Glaubenshintergrund".
Wie es dann zu einer Änderung kam, ist eine längere Geschichte, die hier nicht hingehört; Resultat des ganzen aber war letztendlich, dass ich endlich meine Augen öffnen konnte und durfte und vieles gelernt habe. Und dazu gehörte (zum Beispiel), die Bibel als "gottgegebenes Wort" anzuzweifeln, als ich ihre Entstehungsgeschichte recherchierte, die Hintergründe beleuchtete, mich mit Menschen darüber austauschte - sprich: Wissenschaft mit der Bibel (besonders dem NT) betrieb. Und da merkte ich einfach, wie viel gelogen, verdreht, hingebogen und dadurch auch unterdrückt und missbraucht wird. (Nicht ohne Grund gibt es Selbsthilfegruppen für Glaubensmissbrauchte und entsprechende Foren.)
Und, Herold, ich hatte zu diesem Zeitpunkt verdammt viel Angst. Weil ich WUSSTE, dass falsch war, was ich zu diesem Zeitpunkt noch glaubte. Ich wusste aber nicht, was genau falsch war. Ich wusste auch nicht warum. Ich wusste nicht, was "richtig" war. Letztendlich hatte ich Angst, weil mir dadurch eine "Sicherheit" entzogen wurde, die ich mit keiner anderen Sicherheit ersetzen konnte (das ist ganz simple Psychologie), weil ich wusste (es mir aber nicht erklären konnte), dass ich dort (in der Religion - und dazu gehört das Christentum) keine Sicherheit mehr finde.
Heute würde ich einfach sagen: Die Vielfalt macht's!
"Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nein!" (Kurt Tucholsky)
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