Hallihallo,

Die Sonne breitete ihre spätsommerlichen Strahlen sanft, ja fast zärtlich über die Gerechten und die Ungerechten (Matthäus 5,45) dieser Stadt aus. Der Kaffee dampfte wohlriechend in seiner Tasse und das Provisorium rieb sich gerade den letzten Schlaf aus seinen Augen, als es gewahr wurde: Uiiii, ihr habt ja mein gepostetes Video geschaut...! Und mehr noch, ihr wollt sogar darüber diskutieren. Da mache ich sehr gerne mit.

Ich hab' allerdings, wie so häufig in meinem Leben, noch nicht alle Hausaufgaben gemacht und das ebenfalls zur Diskussion stehende Video von Peter Wenz (echt jetzt? ;-)) gesehen, weshalb ich mich vorerst nur zu dem Vortrag von Siegfried Zimmer äußern könnte. Ich hatte das Video ursprünglich gepostet, weil das Thema Gerechtigkeit ja im "Allmachtsthread" auch eine gewichtige Rolle spielte. Und da ich den Worthaus Vortrag persönlich für sehr gelungen und aufschlussreich halte, wollte ich euch gerne mal daran teilhaben lassen.

Vielleicht ist es zunächst einmal sinnvoll darauf aufmerksam zu machen, dass sämtliche Worthaus-Vorträge von Theologieprofessoren gehalten werden, die der universitären Theologie zuzurechen sind und damit hinsichtlich ihres Blicks auf die Bibel, der historisch kritischen Methode. Das erklärt dann vielleicht auch sofort, weshalb du, lieber Bruder net.krel, in dem Vortrag das ein oder andere Element unterbetont, oder -repräsentiert finden solltest. Denn historisch kritisch betrachtet ist die Gerechtigkeit in der Bibel weniger mit dem Prinzip von Saat und Erde verbunden (dieses Prinzip gibt es natürlich auch in der Bibel, aber es bildet nicht die Grundlage der Gerechtigkeit), sondern die biblische Vorstellung von Gerechtigkeit leitet sich vielmehr von dem jüdischen Begriff "zedaka" (bonnie schreibt es z'daka, hab' ich gesehen und hat starangel in dem anderen Thread was dazu geschrieben) ab und dieser kann zwar auch mit dem Saat/Ernte-Prinzip verbunden werden, ist aber nicht dessen Grundlage. Grundlage ist immer das Handeln Gottes und dann erst kommt das Handeln des Menschen. Gott ist die Gerechtigkeit und soweit du in Gott bist, bist du gerecht, würde zum Beispiel Meister Eckhart dazu sagen.

Das nur ganz knapp zur Einführung. Ich bin zeitlich zurzeit bisschen gebunden und kann deshalb leider nicht sofort auf eure Beiträge eingehen, hole es dann aber bei Gelegenheit gerne nach. Zunächst finde ich den in dem Video beschriebenen Unterschied zwischen "zedaka" und "justitia" interessant. Hier kann man übrigens auch schön beobachten, wie der christliche Glauben im Spannungsfeld von jüdischem Geist (zedaka) und hellenistisch-römischen Geist (iustitia) steht. Hier tun sich dann Verschiebungen auf, die für das Selbstverständnis des Christentums wichtig wurden. Aber ich halte es für sehr sinn- und wertvoll, sich beiden geistigen Strömungen zu widmen. Und das immer im Bewusstssein, dass "das Jüdische" Grundlage und Wurzel ist, während das "Griechisch-Römische" mehr dessen individuelle Ausgestaltung bestimmt.

LG
Provisorium