Kuckuck,

Also was mich betrifft seh ich es diesbzgl. vom Prinzip her so:

- Asketische Praktiken wie Kasteiungen und Bußübungen sind nicht erforderlich, wichtig ist nur die konsequente Ausrichtung nach innen

- Das äußert sich darin, dass der Abgeschiedene und Gelassene kein zurückgezogenes Leben führt, sondern ein aktives und soziales.

- Den Vorrang der sozialen Aktion vor der passiven Kontemplation betont Eckhart noch drastischer in einem Traktat, wo er schreibt, dass jemand, der im Zustand der Verzückung ist wie der Apostel Paulus, wenn er von einem kranken Menschen weiß, der eines Süppleins von ihm bedarf, von der Verzückung ablassen soll, um dem Bedürftigen zu dienen. (imho: Zustimmung)
Ja, ganz genau! Das ist eben das Spezifische an Eckharts Lehre, das sie den Menschen nicht von der Welt (den Objekten und Subjekten) abwenden, sondern im Gegenteil zuwenden möchte, damit schlussendlich dem Gebot der Nächstenliebe "genüge getan" werden kann.

Ich glaub daß das Loslassen des Eigenwillens zu den letzten Dingen gehört die man los läst... bevor man das "Mensch-Sein" komplett hinter sich läßt, in das Reich Gottes für immer einkehrt, und dann nie wieder als Mensch auf Erden reinkarniert.

Bis es aber sooo weit ist... und solange jemand als Mensch noch (re)inkarnieren wird um zu lernen... braucht es, imho, immer noch irgendwo mindestens ein "kleines Stück Ego" und dessen "Eigenwille"... sonst könnte man ja hier gar nicht als Mensch existieren.
Ich weiß das die Reinkarnation ein wichtiger Teil deiner Spiritualität ist und ich will dir diese Vorstellung auch gar nicht madig machen, aber im Kontext mit der Lehre Eckharts findet sie eigentlich keinen Raum.

Bei Eckhart gibt es keine stufenweise Entwicklung des Menschen, die mit dem Reinkarnationsgedanken in Verbindung stehen würde, sondern vielmehr eine präventive Rechtfertigung des Menschen, die man vielleicht am besten als ein "Sich-finden-lassen" statt als ein "Suchen und Erarbeiten" im Sinne des Befolgens von spirituellen Weg- und Verhaltensanweisungen mit dem Auf- und Abbau von Karma bezeichnen könnte.

Bis es soweit ist ... wird man jedoch immer noch etwas Eigen-Willen und- Eigen-Wollen haben werden... natürlich immer weniger... umso weiter man "den Weg" gegangen ist.
Der Gedanke Eckharts ist eigentlich ganz einfach. Er geht davon aus, dass für den Menschen, der für sich selbst nichts mehr will und der seinen Eigenwillen aufgibt, notwendig Gott wollen muss. Einem solchen Menschen begegnet also immer und ausschließlich nur der Wille Gottes, wenn er seinen eigenen Willen gelassen hat.

Selbstverständlich kann dies einem Menschen aber niemals "in Vollendung" und ein für allemal gelingen, weshalb sich Eckhart auch selbst diesen von dir zitierten Einwand macht, dass es noch nie einen Menschen gegeben hat und auch niemals geben wird, der sich so völlig gelassen hätte, dass es für ihn nichts mehr zu lassen gebe. Das ist aber auch nicht notwendig.

Es ist vielmehr eine Art "work in progress" im Lebensvollzug, als irgendeine "Hürde" die genommen werden muss, um sich spirituell weiterentwickeln zu können. Das Leben versteht Eckhart ja grundsätzlich als Gabe und Geschenk Gottes und es geht ihm lediglich darum, für diese Gaben und das Geschenk empfänglich zu werden und das möglichst ohne Bewertung durch den eigenen Willen. Eben einfach in Dankbarkeit.

LG
Provisorium