Huhu Bruder,

Meister Eckhart erwähnte, soweit ich zumindest weis, die Reinkarnation nie...
Oder doch irgendwo?... ich kenn seine Werke ja lange nicht so gut wie Du.
Nein, Eckhart erwähnte nie die Reinkarnation. Vielleicht war ihm Buddha, oder andere Reinkarnationsvorstellungen, wie z.B. im Hinduismus gelehrt, auch völlig unbekannt? Das kann ich wirklich nicht sagen. Es stimmt aber, dass gerade Buddhisten sich sehr in der Vorstellungswelt Eckharts wiederfinden können und ihn dementsprechend auch meist sehr schätzen.

Es gibt aber eine, dem Reinkarnationsgedanken zumindest nahe stehende, und wie ich finde, total faszinierende Überlieferung der eckhartschen Vorstellungswelt, die Judas betrifft und die ich in diesem Zusammenhang gerne mit euch teilen möchte.

Judas ist für die allermeisten Christen ja ein ganz ein böser Verräter und schmorrt deshalb völlig zurecht in der Hölle. Und so sah das natürlich auch das katholische Lehramt zu Eckharts Zeiten, weshalb der Meister nur schwerlich gefahrlos hätte leugnen können, dass es a) eine Hölle gibt und b) Judas darin schmorrt!

Da Eckhart nun aber wirklich so gar kein Höllenprediger und Prophet ewiger Qualen ist, löst er das Schlamassel auf seine ganz eigene Weise und ich persönlich kenne keine auch nur im Ansatz genialere Lösung des "Höllenproblems", als Eckhart sie hier bietet! Es ist wirklich grandios!

Also, nach katholischem Lehramt muss Judas aufgrund seines Verrats unbedingt in der Hölle schmoren - anders kann es ja gar nicht sein! Eckhart nimmt also gezwungenermaßen diesen Gedanken auf und führt ihn dann folgendermaßen aus:

Nachdem Judas sich aufgehängt und suizid begangen hatte, kam er also in die Hölle! Aber dort angekommen konnte ihn das Feuer unmöglich brennen oder irgendeine Form von Qual bereiten, da Judas im Bewusstsein dort angekommen war, dass er genau dort war, wo der Wille Gottes ihn haben wollte. Er stand dort also so völlig dem Willen Gottes ergeben und eingebunden und aufgehoben in ihm, dass sein Eigenwille überhaupt keine Rolle mehr spielte. Und nur dieser hätte laut Eckhart brennen und Qualen verspüren können.

Ich finde das eine wirklich bemerkenswerte Auslegung, die Judas in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt und zumindest insofern einer gewissen Reinkarnationsvorstellung Raum gibt, dass dem Menschen nach dem Tod einzig und allein nur der Wille Gottes widerfährt und die Einstellung des Menschen hinsichtlich dieses Willens und in Verbindung mit dem Eigenwillen, darüber mitentscheidet, wie der Tod erfahren wird.

Eckhart bleibt sich also auch hinsichtlich der Höllenvorstellung völlig treu. Der Mensch, der seinen Eigenwillen gelassen hat und dem deshalb schon zu Lebzeiten immer nur der Wille Gottes widerfahren kann, kann auch keine Hölle von Gott trennen, da der Mensch, der sich warum auch immer in der Hölle wiederfinden sollte, keine Hölle spürt, sondern allein den Willen Gottes.

Ist das nicht schön? (Natürlich nur wenn man auch glaubt, dass Gott und also auch sein Wille, die Liebe ist....)

LG
Provisorium