Hallo Lumpenhund,

deine Frage ist berechtigt.

Kriege um die wahre Religion, oder besser gesagt, religiös motivierte Kriege gab es immer in der Geschichte der Menschheit. Sie sind nicht abhängig von monotheistischen Glaubensansichten.
In allen frühen Hochkulturen (Sumerer, Babylonier, Ägypter, etc) wurde ein militärischer Sieg über ein Volk zugleich auch als ein Sieg des jeweiligen Landesgottes verstanden. Das war bei den Israeliten nicht anders und zeigt, dass alle Frühreligionen ihre Götter auch als Kriegsgötter verstanden.
Kriege im Namen Gottes oder der Götter zu führen ist ein Phänomen, welches durch alle historischen Epochen zu beobachten ist. In den frühen Hochkulturen waren es die Priesterschaften und Propheten, welche dieses Ansinnen oft im Interesse königlicher Machtpolitik durch Orakel verkündeten. Oft geschah dies auch durch die Gottkönige selbst.

Gott oder die Götter waren schon immer ein guter Garant für ein moralisch motiviertes Abschlachten. Die Vermischung von Machtpolitik und Religion ist psychologisch ein effektiver Triebmotor um den Menschen seiner Achtung, Würde und seines Verstandes zu berauben und ihn zum Helfershelfer und Erfüller von Machtlüsternheit über andere Menschen zu machen. Das war nie anders und wird nie anders.


Das dieses menschliche Erbe sich bis in unsere Zeit hineinträgt ist unbestritten. Und es ist einfach falsch zu behaupten, dass der 1. - und vor allem der 2. Weltkrieg nicht religiös motivierte Ansätze hatten. Der Schlachtruf des 1. Weltkrieges war: Gott mit uns! In einer Rede Kaiser Wilhelms vor deutschen Bischöfen (1914) sprach er von der heiligen Pflicht und dem Auftrag Gottes, das heilige deutsche Reich, welches durch ihn, Kaiser von Gottes Gnaden, geführt wird, gegen den Feind zu verteidigen und diesen zu vernichten. In Kirchen und religiösen Häusern wurde einhellig für den Krieg gepredigt (sog. Kriegspredigten). Feldgeistliche waren nicht nur für die allgemeine Seelsorge zuständig, sondern hielten Kriegspredigten ab und waren ein wichtiges Element der moralischen Stärkung für den Endsieg (Ludendorf).

Der zweite Weltkrieg war noch mehr beseelt von Begriffen wie: heiliger Krieg, neuer Kreuzzug, Gott will es, Gott mit uns, heilige Pflicht, etc. Adolf Hitler sagte öffentlich in Bezug auf dessen Rassenpolitik: Ich führe nur konsequent weiter und zu ende, was die Kirchen begonnen haben. Der Antisemitismus mit eliminatorischen Zügen ist ein Kind des Christentums.

Der Kampf der monotheistischen Religionen untereinander, wobei man wohl kaum das Judentum als entscheidenden Faktor werten kann, auf Grund dessen Größe und auf eine Nation beschränkte Orientierung, hat in der Tat verheerende Kriege nach sich gezogen. Christentum und Islam, als Tochterreligionen des Judentums, haben in Wirklichkeit mit dem Judentum nur sehr wenige tiefgründige Gemeinsamkeiten. Das beginnt beim Gottesverständnis, wohl der größte Trennpunkt zum Christentum und Islam und setzt sich davon ausgehend weiter, dass das Ausleben der „Gottesnachfolge“ gänzlich anders verstanden wird. Selbst das Schriftgut, also christliche Bibel und Koran sind sehr stark abweichend vom jüdischen Schriftgut, gleich wohl beide deren Grundsubstanz vom Tenach entlehnen. Zudem kommt noch ein ganz entscheidender Faktor, das Judentum definiert sich nicht ausschließlich über ein Buch (Tenach - Bibel), was beim Islam und Christentum anders gehandhabt wird. Die Gottesnachfolge wird nicht über ein Buch definiert, gleich wohl das Tenach als Grundlage eigener Identität gesehen wird. Das heißt ganz praktisch, die Geschichte Gottes geht weiter und muß auf Grund Erkenntnisorientierten Erfassens den jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden. Ein Fakt, der auch in der Tenach sehr deutlich zum tragen kommt (Propheten). Zudem kommt noch ein ganz wichtiger Fakt, es gibt im Judentum nicht die Begriffe von Absolutheit und Dogmatik. Gott ist kein Dogmatiker und der Mensch hat keine absolute Wahrheit im Erkennen und Erfassen von Gottes Wegen. Das erlaubt dem Judentum dann auch deutlich zu bekunden, dass alle Religionen von Gott gewollt sind, sofern sie diesen Anspruch auch anderen zugestehen. Der Anspruch auf die Postulierung als einzig wahre Religion ist dem Judentum fremd.

Dass dies ganz anders im Christentum und Islam gehandhabt wird ist bekannt und genau daraus begründet sich die religiöse Militanz und Aggressivität. Paradoxer Weise ist beiden Religionen gleich, dass diese einem ganz ähnlichen Leitspruch folgen: Willst du nicht meine Bruder sein, so hau ich dir den Schädel ein.

Absalom