Hm, ich würde meinen Vorrednern gerne zum Teil widersprechen. Zu der ersten Frage denke ich, es wäre nicht im Sinne des Autors die Bibel auf einen Satz zu reduzieren. Wenn sie denn Gottes Wort ist, dann ist sie es in ihrer Gesamtheit und diese Gesamtheit sollte ebenso binden für einen Christen sein, wie der einzelne Satz. Zudem würden viele meiner christlichen Bekannten darauf pochen, dass die scheinbaren Widersprüche der Bibel dann (und nur dann) aufgelöst werden können, wenn man die Gesamtheit der Bibel kennt und versteht. Das ist allerdings nur eine von mir wiedergegebene Meinung, die ich nicht weiter kommentieren kann.
Anders ist die Frage, ob es so etwas wie einen Kerngedanken gibt. Der Aspekt der Gottes- und Nächstenliebe kann auch meiner Meinung nach sicherlich als einer der deutlichsten und zugleich am schwierigsten umzusetzenden Leitgedanken des Christentums bezeichnet werden, aber abgesehen davon, dass ich andere Eigenschaften Gottes ebenfalls als unverzichtbar zu erwähnen finde (z.B. die Gerechtigkeit Gottes) sehe gewisse Probleme zum einen in der Abgrenzung zu anderen Religionen, viel wesentlicher aber in der Interpretation, denn diese hat einen entscheidenden Einfluss. Wenn ich z.B. dieses Zitat nehme wird vielleicht klar was ich meine:

„Es gibt keinen Gott außer der Liebe, und alle Wege sind Liebe, und es gibt keinen Weg zu Gott als Liebe. Der Weg zu Gott ist nicht nur Gottestliebe, sondern auch Menschenliebe und die Liebe zu allen geschaffenen Dinge [...]“

Diese (und die weiterführende) Interpretation Parsons wiederum ist m.E. ein gutes Beispiel, in welch gegensätzliche Richtungen eine Interpretation sich wenden kann. Deshalb meine Meinung – Leitgedanke ja, aber nicht Kerngedanke auf den alles reduziert werden kann.