Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
Deshalb hab' ich ja auch das Beispiel mit dem "unbewegten Beweger" genannt. Solch ein Gott als Impulsgeber für die Entstehung des Universums ist natürlich denkbar, aber sein Einflussbereich und seine Einflussmöglichkeiten werden im Zuge der wissenschaftlichen Erkenntnis immer kleiner. Die Physik kann heute zwar noch nicht erklären, weshalb sich das Universum in seine Existenz warf, aber schon innerhalb des Bruchteils einer Sekunde nach dem Urknall, kann sie sehr exakte Berechnungen anstellen, die die Expansion des Universums dann ganz natürlich erklären.

Der "unbewegte Beweger" wäre also tatsächlich nur Impulsgeber für einen Prozess, der, einmal in Gang gesetzt, völlig natürlich abläuft. Und das halte ich für ein sehr unbefriedigendes Gottesbild, weil Gott dann unendlich weit von mir entfernt und ich nur das Produkt einer Kausalkette wäre, die der "unbewegte Beweger" irgendwann mal in Gang gesetzt hatte.

LG
Provisorium
Liebes Provisorium,

von unserem Austausch war ich doch sehr enttäuscht, weil ich mir nicht erklären konnte (und kann), wie wir so aneinander vorbeireden. Da ich Dich aber bei Meister Eckehardt in guten Händen weiß und annehme, dass Du auch lieber ein Lebemeister als ein Lehrmeister sein möchtest, wollte ich vorschlagen, dass wir unsere Diskussion zu diesem Thema beenden.
Aber auf Grund des obigen Zitats möchte ich doch noch einmal einhaken.

Gott als der "unbewegte Beweger" kann ganz gewiss nicht naturwissenschaftlich entthront werden, da der materiellen Forschung nur das physikalisch Raum-Zeitliche zugänglich ist. Philosophisch kann aber unmöglich Raum-Zeitliches aus sich selbst entstanden sein, sondern nur aus dem Ewigen. Mit dem Urknall verweist eigentlich die materielle Wissenschaft auf einen immateriellen Beginn, also auf Gott.
Damit ist alles Materielle in das Nichtmaterielle eingebunden und diesem untergeordnet. Aus diesem Grund ist uns Gott näher als wir uns selbst sind. Da gibt es keine andere Barriere zwischen ihm und uns als unsere Verstrickungen in die Inhalte dieser Welt und dem dadurch fehlenden klaren Blick auf die Realität.
Wenn Gott ewig ist, woran kein Zweifel besteht, dann ist er auch vollkommen und dann ruht er auch in ewigem Frieden in sich. Dann ist er ein Meer der Liebe und seine Schöpfung vollkommen. Er muss also überhaupt nicht eingreifen, um etwas zu verbessern.
Dass Gott in jedem Menschen lebt - da alles mit ihm verbunden ist - ist auch die Gewähr gegeben, dass der Mensch durch die Gesetze von Reinkarnation und Karma zur Erlösung aus allem Leid geführt wird: Nämlich indem er erkennt, dass Abhängigkeit von den Objekten der Welt Leid bringt und immer größere Unabhängigkeit von ihnen zu Leidfreiheit ja höchste Seligkeit und Heil führt.
Wie auch Meister Eckehardt sagte: „Man muss erst lassen können, um gelassen zu sein.“ Indem man immer mehr sich loslässt empfindet man, dass man vom Ewigen ewig getragen wird.

Einem Gott aber, der seine Lust daran hat, Menschen ewig in der Hölle zu quälen, könnte ich mich nicht anvertrauen. Das kann niemand. Deshalb ist es eine sehr unreife Vorstellung von Gott, wenn man meint, er sei zu Zorn fähig.
Aber klar, die Gesetzmäßigkeiten sind natürlich nicht aufzuheben: Solange man abhängig vom Äußeren bleibt, solange muss man auch leiden. Wenn kein Mensch mehr abhängig vom Äußeren ist, dann ist für alle das Leid zu Ende, damit auch Tod und Hölle. Darauf will die Offb. Johannes in unvollkommenen Bildern hinweisen.

LG,
Digido