Schönen guten Morgen
Daß Gott sich eine Kriegsgeschichte ausdenkt
wo er sich selbst als Auftragsgeber eines Rache-Krieges darstellt...
und daraufhin sein Prophet (Moses) in dieser Geschichte seinen Soldaten befiehlt
auch alle Kinder und Frauen zu töten... (außer die Jungfrauen unter ihnen zum "Eigenbedarf"... )
und daß Gott damit aber in Wirklchkeit eine Sozio- und Psychologische Angegenheit "des Menschen" gemeint hat...
... da fehlts mir schlichtweg am Glauben.
Ich kann sehr gut verstehen, dass das nicht unmittelbar einleuchtend erscheint, aber wenn man sich ein bisschen intensiver mit der Überlieferungsgeschichte der 5 Bücher Mose beschäftigt und sie eben nicht biblizistisch betrachtet, dann ist heute klar, dass zahlreiche Autoren an den Büchern geschrieben haben und das über einen Zeitraum von wohl rund 400 Jahren (ca 950vChr-ca450vChr). Die Kanoniserung fand dann ca 440vChr statt um den Zusammenhalt der Volksstämme Israel zu sichern und etwaige Widersprüche in älteren Schriften und mündlicher Überlieferung auszugleichen.
Mose hat diese Bücher also nicht auf diese Art und Weise geschrieben, wie man beim Lesen des Textes vielleicht denken könnte. Es ist kein historischer Reisebericht, der die Ereignisse aufzählt, die den Israeliten während ihrer Reise ins gelobte Land wiederfuhren. Es sind vielmehr Texte, die dem Volk Israel etwas sagen und bewusst machen sollten. Hinsichtlich der Beziehung Gottes zu ihnen und ihrer Beziehung zu Gott. Deshalb ist die lebensphänomenologische und psychologische Auslegung auch völlig legitim und bedarf eigentlich auch keines Glaubens, sondern lediglich der Anwendung.
Beispielhaft möchte ich an dieser Stelle dann noch kurz Eugen Drewermanns (dem magst du ja) Deutung der Geschichte vom Auszug aus Ägypten skizzieren. Drewermann legt den Text nämlich aus, wie ich es auch favorisiere. Die Geschichte kennst du ja: Die Israeliten sind Sklaven in Ägypten, wollen gerne keine Sklaven mehr sein und ins gelobte Land ziehen dürfen. Der Pharao ist natürlich "not amused" und will sie zunächst nicht gehen lassen, weshalb 10Plagen nötig werden, um ihn dazu zu bewegen, die Israeliten doch ziehen zu lassen. Die machen sich schließlich auf den Weg und erst 40 Jahre später kommen sie im gelobten Land an, obwohl sie eigentlich nur wenige hundert Kilometer Strecke hätten zurücklegen müssen. Die irrten also ganz schön orientierungslos umher.
Hört sich das nun nach einer historischen Begebenheit an? Eher nicht. Also jedenfalls nicht im Detail. Ist die Geschichte deshalb gelogen und unwahr? Nein, denn sie transportiert eine Wahrheit, die für jeden Menschen gilt. Drewermann deutet das Ereignis auf die Notwendigkeit der Loslösung vom Elternhaus. Die Eltern sind der Pharao, der seine (Sklaven) Kinder nicht loslassen kann/mag. Der Lösungsprozess ist deshalb mit vielen Plagen verbunden, was wohl fast alle Eltern bestätigen können (vorallem wenn die Kleinen in die Pubertät kommen). Irgendwann ist es dann soweit und die Kinder verlassen das Haus.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Pharao, also die Eltern, doch nochmal den Israeliten, also den Kindern, hinterfährt und sie zurückholen möchte. Und später wird erzählt, dass die Israeliten in der Wüste murrten und gerne wieder nach Ägypten zurück wollten, weil es dort die lecker Fleischtöpfe gibt und nicht das blöde Manna. Also das beschreibt die Situation zwischen Eltern und Kindern wirklich sehr gut.
Die Kinder sind nun in der Wüste (leben ihr Leben) und natürlich widerfährt ihnen allerlei Verwirrendes, Bedrohliches, Ängstigendes usw. Davon erzählen die vielen Geschichten (ja, auch die grausamen, weil das Leben grausam sein kann) in den 5 Büchern Mose. Und erst nach 40 Jahren kommen sie an ihr Ziel. Jeder Psychologe weiß heute, dass 40 Jährige sehr häufig ein Lebensresumee ziehen (manche entwickeln dann eine Midlife Crisis) und auf ihre Irrungen und Wirrungen zurückblicken und sich fragen, wie es jetzt weitergehen soll.
Also ich will dir diese hier nur ganz grob skizzierte Deutungsmöglichkeit sicher nicht aufzwängen. Da sie aber wirklich genial passt und man einen völlig neuen Blick auf die beschriebenen Geschichten bekommt, wenn man sie vor diesem Hintergrund liest, möchte ich sie dir doch ans Herz legen. Es geht dabei nämlich um dich und dein Leben!
Nichts gegen den eigentlichen Inhalt Deiner Deutung dieser Moses Stelle...
aber ich glaube nicht daß Gott derart über 8-Ecken so seine Warhheiten offenbart wo er sich auch noch als Vernichtungs-Kriegs-Auftrags-Geber darstsellt auf die Gefahr hin daß dies dann Teil des Gottesbild seiner Zuhörer werden könnte (was bei allen Biblizisten ja der Fall ist)...
Es geht gar nicht um 8 Ecken und es geht auch nicht um es Kompliziertes. Nimm nur einmal die von dir vorallem kritisierten Verse 17+18:
"So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die schon einen Mann erkannt und bei ihm gelegen haben; aber alle Mädchen, die noch nicht bei einem Mann gelegen haben, die lasst für euch leben"
Wir haben hier einen antiken Text vor uns. In der Antike glaubte man, dass nur der Mann dafür verantwortlich ist, dass Leben entstehen kann. Den Samen des Mannes kannte man ja, die Eizelle der Frau war unbekannt. Alles was männlich ist, kann also Leben zeugen und alle Frauen, die schon einen Mann erkannt haben, haben bereits Leben geboren. Alle Mädchen jedoch, die noch Jungfrau sind, haben das Potential neues, anderes Leben zu gebären, dass von einem selbst gezeugt wird.
Wenn die Midianiter nun für die Ängste, Depressionen und die Paranoia stehen sollten, wie ich ausführte, dann liegt in den Versen 17+18 eine Zusage Gottes. Das, was die Ängste, Depressionen und Paranoia verursachte (zeugte und gebar) wird vollständig verschwinden, aber das, was an diesen Erfahrungen für den weiteren Lebensweg fruchtbar gemacht werden kann, weil es nicht depressions-, angst- und paranoiaauslösend wirkt, soll auch nicht vom Menschen genommen werden.
Das ist nicht um 8 Ecken gedacht, sondern einfach nur eine konsequente Anwendung des exegetischen Verfahrens. Und dann ist der Text ganz nah am Leben (auch heute noch) und tatsächlich Mut machend.
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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