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Sunigol
Das ist meiner Meinung nach ein Zitat im falschen Zusammenhang. Ich empfinde die genannten Hesekiel-Stellen als Verheißung und nicht als Drohung. Ausdrücke wie "rebellisches Volk" fallen da überhaupt nicht. Dass der Text von Elias diesen Zusammenhang offenbar herzustellen versucht, ist m.E. fragwürdig. Es könnte sein, dass das Ganze einfach unseriös und bei genauer Prüfung nicht haltbar ist.
Weißt du das ist es ja, was mich an diesem Text stört. Er vermittelt für mich den Eindruck, dass wir Menschen unbedingt klar auf Linie gebracht werden müssten und ganz bestimmte Verhaltensweisen unbedingt eingeübt werden müssen, damit einem der Satan nicht überrumpeln kann. Sowas fördert aber letztlich dann doch nur angstmotiviertes Handeln/Verhalten, findest du nicht?
Für mich ist der "Neue Bund" ein Bund der mich hinsichtlich meiner Gesinnung fördert, also sozusagen eine Form der Herzensbildung. In Elias Text geht es aber auch im Neuen Bund wieder nur um die Forderungen des "Alten Bundes", nämlich brav alle Gebote befolgen zu müssen und unbedingt Gehorsam zu sein, damit einem der Satan nicht verführen kann. Da frage ich mich doch, was überhaupt das Neue am "Neuen Bund" sein soll?
Ich verstehe die Verse aus Hesekiel deshalb ja auch ganz anders, als es der Text von Elias suggeriert. In Hesekiel 11, 19-20 heißt es nämlich:
Und ich werde ihnen ein Herz geben und werde einen neuen Geist in ihr Inneres geben, und ich werde das steinerne Herz aus ihrem Fleisch entfernen und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Ordnungen leben und meine Rechtsbestimmungen bewahren und sie befolgen. Und sie werden mir zum Volk, und ich werde ihnen zum Gott sein.
Für mich persönlich klingt das jetzt überhaupt nicht danach, dass ich mich intensiv bemühen müsste ganz bestimmte Gebote zu halten, oder das diese Gebote irgendwie im Vordergrund stehen würden, sondern vielmehr geht es doch um das Herz, das wir bekommen sollen (also die Herzenshaltung und Herzensbildung) und den neuen Geist, der in unser Inneres gegeben werden soll. Also weg vom rein äußerlichen Verhalten und Gebote halten, hin zu einem (spirituellen) Weg nach innen. Und in uns drinnen finden wir dann auch alles was nötig ist, um uns äußerlich richtig, fair, gerecht, eben den Geboten Gottes gemäß zu verhalten.

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Sunigol
Wie gesagt, das lese ich da nicht heraus. Es gibt genug Beispiele im Evangelium dafür, dass es auf Perfektion nicht ankommt. Wohl aber auf ernsthaftes Bemühen.
Aber in Elias Text steht doch, dass das Halten der Gebote Gottes auch deshalb unbedingt notwendig ist, weil -Zitat-:
Die Gesetze Gottes eine Lebensweise umschreiben , die Gott seit Beginn der Schöpfung betont hat, und die Christen schon jetzt in ihrem Leben umsetzen sollen, damit sie später, im kommenden Reich Gottes befähigt sind, die ganze Welt darin zu unterrichten.
Ganz offensichtlich ist nach diesem Text also das Einüben einer bestimmten Lebensweise von großer Bedeutung, weil man irgendwie im kommenden Reich Gottes befähigt sein muss, andere darin zu unterrichten. Ich verstehe den Sinn dahinter ja auch nicht! Vielleicht wird uns Elias ja aber doch noch darüber aufklären?

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Sunigol
Um "fürchterlich anstrengend" gehts nicht, es geht um das, was man nach aufrichtigem Forschen als wahr erkennt. Das kann dann auch mal anstrengend sein, und wenn sich alle immer nur in Gott fallen lassen, wer tut dann das, was notwendig ist?
Also ich sehe das so, dass man sich nicht zuletzt deshalb in Gott fallen lässt, damit man dann auch die Kraft hat, das zu tun, was notwendig ist. Bei und in Gott kann ich sozusagen Kraft tanken, bei ihm darf ich so sein wie ich bin, mit all meinen Fehlern und Unzulänglichkeiten. Bei ihm fühle ich mich nicht unter Druck gesetzt ein ganz bestimmtes Verhalten an den Tag legen zu müssen, sondern bei ihm finde ich überhaupt erst einmal zu der Ruhe und Klarheit, die ich brauche, um erkennen zu können was notwendig ist.

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Sunigol
Klar - immer alles geben kann man nicht, das verlangt auch keiner. Aber immer nur "fallen lassen und kuscheln" ist, glaube ich, für denjenigen nicht dauerhaft befriedigend. Oder? Ich denke, auf die Mischung kommt es an, auf das Geben und Nehmen.
Ja, absolut! Das sehe ich auch so!

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Sunigol
Jein. Der Pharisäer befolgt die Gesetze ganz genau, und er fühlt sich deswegen überlegen, und das ist der Punkt. Er erhöht sich über den anderen. Jesus kritisiert nicht das Befolgen der Gesetze (also die "leistungsorientierte Frömmigkeit", wie du es nennst), wohl aber das Überlegenfühlen deswegen. Dieses Gleichnis taugt nicht als Argument gegen Gesetzestreue. Das wirkt jetzt vielleicht pingelig, aber ich finde, man muss das genau herausarbeiten und nicht einfach alles in einen Topf schmeißen, was ungefähr in die richtige Richtung geht.
Schon klar und ich wollte das Beispiel mit dem Pharisäer auch nicht als Argument gegen Gesetzestreue verstanden wissen, sondern als Beispiel dafür, dass der wesentliche Punkt im Glaubensleben die Herzenshaltung und nicht das äußere Verhalten ist. Das sich der Pharisäer überlegen vorkommt, kommt ja daher, weil da wohl etwas grundsätzlich mit seiner persönlichen Herzenshaltung nicht stimmt. Das merkt er aber leider nicht, weil er sich etwas auf seine "leistungsorientierte Frömmigkeit" einbildet.

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Sunigol
Doch, manche versuchen das schon. "Ich liebe Gott, ich liebe meinen Nächsten, also ist alles in Butter" - diese Vereinfachung ist gar nicht so selten. Damit sage ich nicht, dass du das tust.
Ja, das mag es sicher auch geben.

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Sunigol
Genau, und damit sind sie darin enthalten und weiter gültig und eben nicht abgeschafft. Was abgeschafft ist, ist die Deutung, man hätte alles Erforderliche getan, wenn man alle Vorschriften dem Buchstaben nach erfüllt hat.
Inwiefern hältst du persönlich denn das Gesetz und die Propheten noch für gültig? Ich denke ja nicht, dass du jetzt z.B. koscher kochst, oder?
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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