Hallo Thalestris,
warum das so ist, das jemand das erlebte Gute eher sich selbst oder äußeren Umständen bzw. einem zeitlich kurzzeitigem oder langfristigem Aspekt zuordnet, das hängt von vielen Faktoren ab und ergibt sich sozusagen aus der gesamten Lebensgeschichte eines Einzelnen. Etwas anderes ist die Frage, wie eine Gesellschaft damit umgeht. Und ich denke da ist deine Frage nach dem Sündenbock nicht unbegründet. Wenn man bedenkt, dass es im Jüdischen einen Teufel wie im Christlichen gar nicht gibt, und das Konzept des Teufels als Gottes Widersacher auch über die Jahrhunderte sehr unterschiedlich interpretiert wurde, ist der Gedanke dass er sozusagen ein Erklärungsmodell dafür war, dass trotz der Errettung durch Jesus den Menschen immer noch Leid widerfuhr. Denn dafür muss es ja einen Grund geben, wenn die eigene Sünde vergeben ist und damit als Grund wegfällt.
Ob es nun einen Teufel gibt? Ich denke das kann dir mit Sicherheit niemand sagen. Das ist eine Glaubensfrage. Ich denke aber der Mensch ist auch alleine zu Bösem fähig. Und das ihm Böses widerfährt liegt an der Unvollkommenheit der Welt und an der Notwendigkeit um auch Gutes erfahren zu können.
Und da hilft es denke ich in allem Leid auch darauf zu schauen, was ich daraus an Gutem gewinnen kann. Wie ich damit umgehe. Denn selbst in dem größten Leid steckt der Keim für etwas Positives – und sei es nur das erfahrbare Glück, wenn man einen Weg gefunden hat das Leiden zu überwinden. Wie auch der Tod deiner Oma – sicherlich ein Ereignis, dem erst einmal nichts positives abgewonnen werden kann. Man fühlt sich allein, ist vielleicht kraft- und mutlos. Und doch…. Deine Oma war ein Geschenk. Du durftest kostbare Zeit mit ihr verbringen. Mehr Zeit als du vor etwas mehr als einem Jahr noch dachtest. Sie durfte einen sanften Tod erleben, im hohen Alter, im Beisein ihres Liebsten und verschont von Qualen oder unerträglichen Schmerzen, die nicht wenige heute in unserer Gesellschaft erdulden müssen, die sich (noch) weigert Menschen sterben zu lassen und doch nicht immer die Möglichkeit findet ihnen das Sterben zu erleichtern und würdevoll zu gestalten. Und wie NetKrel schon sagte, das Band der Liebe zwischen euch existiert fort und kann – wenn die erste Trauer in ihrem Stachel stumpf wird – auch Halt und Trost sein. Und so wird sie dein ganzes Leben lang ein Teil von dir bleiben und dich begleiten – wo immer sie nun sein mag. Das wünsche ich dir.
Liebe Grüße
Lior
Es sei bitte berücksichtigt, dass meine Besuche zeitweise durch lange Pausen unterbrochen werden. Sollte ich also eine an mich gerichtete Frage überlesen, bzw. nicht unmittelbar beantworten, dann ist dies bitte nicht als Ausdruck des Desinteresses zu werten - ggf. hilft auch mal eine Erinnerung.
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