Ich habe sie aus dem Internet aus verschiedenen Foren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meist von den Opfern Vergebung erwartet wird, und von den Tätern (in Kirchen9 nur eine Entschuldigung, ohne das es rechtliche Konsequenzen hat.
Ich halte nicht an den Erfahrungen anderer fest, sondern treffe meine eigenen Entscheidungen. Hier ein Erlebnis, das mir ein Freund letze Woche per Email geschickt hatte:
"Kannst du dich noch an den Familienausflug im letzen Herbst erinnern? Da, wo du in den Matsch geflogen warst, als meine Schwester dich geschubst hatte?
An dem Abend hatte ich dir gesagt, was meine Mutter meinem Vater und mir angetan hatte. Du sagtest, ich sollte ihr verzeihen, denn sie hatte das getan, weil sie Angst gehabt hätte, mich an meinen Vater zu verlieren. Vater ist vor zwei Monaten gestorben. In seinen Unterlagen fand ich all die Briefe, die er Mutter und mir geschrieben hatte, und die zu ihm zurückgeschickt wurden. "Annahme verweigert" sagt der Stempel. Wer gibt meiner Mutter das recht, auch für ihre erwachsenen Kinder zu entscheiden? Wer gibt ihr das Recht, die Beziehung zu meinem Vater zu zerstören, von dem Zeitpunkt an, als beide sich trennten?
Jahrelang glaubte ich, dass mein Vater mich nicht lieben würde, dass er deshalb Mutter und mich verlassen hatte, um bei seiner neuen Freundin zu leben. Das hatte Mutter mir immer erzählt. Lüge, alles Lüge! Damals hatte mein Vater keine Freundin!
Wie soll ich meiner Mutter das vergeben? Das kann niemand von mir verlangen!"
Natürlich habe ich ihm geantwortet. Aber was sollte ich ihm schreiben? Dass er trotzdem seiner Mutter vergeben soll, trotz allem, was sie ihm und seinem Vater angetan hatte? Das sie, die Täterin, auch nur ein Opfer ihrer eigenen Ängste und Vorurteile war? Sollte ich das schreiben, trotz eigener Erfahrungen, die noch viel schlimmer als seine waren?
Nein, das konnte ich nicht.
Und so schrieb ich ihm, dass ich seine Gefühle verstehen könnte, und es auch verstände, wenn er mit seiner Mutter brechen würde. Und ich sagte ihm in meiner Email, dass er sich nicht schämen bräuchte, für seine negativen Gefühle seiner Mutter gegenüber. Aber dass er irgendwann einmal damit aufhören sollte. Nicht ihr zuliebe, sondern sich selbst zuliebe, denn Angst, wie Hass und Vorurteile, fressen die Seele auf.
Er schrieb mir zurück, und dankte mir für meinen Takt. Mit seiner Mutter hatte er schon vorher gebrochen. Aber nun schämte er sich nicht mehr dafür, und haßte sich auch selbst nicht mehr für seine Gefühle.
Und das war und ist für mich das Entscheidende:
Laßt die Gefühle raus, sonst erstickt ihr daran. Aber lenkt sie in Bahnen, die euch nicht mit dem Gesetz in Konflikt bringen können.
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