
Zitat von
NetKrel
Ich kann, rein Verstandes- und Ratiomaessig, voll und ganz Nachvollziehen was Du schiebst @Lior... mir fehlt darin jedoch etwas die spirituelle Komponente.
[…]
Glauben wir nicht alle an die Existenz Gottes? Und glauben wir nicht auch alle daran dass die Weisheit Gottes doch die "qualitativ beste" aller ist und ja auch nur sein kann?
Warum also nicht Gott direkt fragen? Warum Gott nicht direkt um "Weisung" fragen?
Der Intellektualismus scheint es genauso zu verneinen wie der Bibelfundamentalismus...
Beide scheinen den Standpunkt zu vertreten: "Das kannst Du nicht... das geht nicht. Das klappt nicht. Du kriegst da ausser deinem eigenen emotionalen Bauchgefuehl keine Antwort von Gott. Darauf kannst Du Dich also nicht verlassen. Du kannst da genausogut eine Antwort des Dshihats bekommen."
[...]Wenn, dann ist man (ich sag mal --->) nicht geuebt darin, Gottes Inspiration und Weisung in seinem Herzen zu unterscheiden vom zB eigenen Ego... oder auch von den eigenen "weltlich/persoenlichen bassierten Emotionen"...
Hallo NetKrel.
Du sprichst hier einen interessanten Punkt an, zu dem ich gerne meine Gedanken beitragen und dir offerieren möchte. Ich beschränke mich aber auf deine Bemerkung zum Intellektualismus – ich denke Saved wird dafür etwas zum Biblizismus sagen.^^ Du sagst nun, dass die die spirituelle Komponente fehlt. Das kann ich nun wieder nachvollziehen, denke aber, dass du da sehr stark von jener Vorstellung von Spiritualität ausgehst, die dir zu eigen und damit bekannt ist. Ich denke aber es gibt verschiedene Arten oder Zugänge zur Spiritualität. Du fragst weiter, warum Gott nicht direkt fragen. Ich denke darin würden wir die alle zustimmen. Ich denke aber es gibt auch hier Unterschiede, aus welcher Quelle bzw. vermittels welcher „Antenne“ wir uns um Einsicht in Gottes Wesen und seinen Willen bemühen. Und ich denke darin liegt das Missverständnis, denn das wenn ich von den Problemen spreche, die meines Erachtens mit einer emotionalen Antenne verbunden sind, dann sage ich nicht, dass Gott sich nicht auch auf diesem Weg mitteilen kann. Und ich würde nie behaupten wollen, dass er das bei dir nicht tut – wie sollte ich auch.^^
Aber ich selbst könnte mir nie sicher sein, ob das was ich glaube an Einsicht in das Wesen und den Willen Gottes zu erkennen, nicht doch vielleicht nur meine Wunschvorstellungen sind. Projektionen meines Bedürfnis, meiner Sehnsucht und auch meiner Bequemlichkeiten. Bei einem Gefühl zu sagen, dass es sich richtig anfühlt, ist in meinen Augen nur wenig hilfreich und ich könnte es auch vor mir selbst nicht glaubhaft. Was eben daran liegt, dass dies sehr unterschiedlich empfunden werden kann. Bis hin dass die extremsten Perversionen als „richtig“ empfunden werden.
Nun widersprichst du und sagst, dass dies nur der Fall ist, wenn man nicht darin geübt ist zu unterscheiden zwischen der Quelle der Emotionen. Aber auch das könnte mich selbst nun nicht wirklich überzeugen. Denn ich wiederum weiß, wie sehr wir uns in unserem Denken und Empfinden selbst betrügen können. Und mit Blick auf die Welt und die Geschichte müsste ich auch ganz klar bekennen, dass die Beispiele von Menschen, die an einem Gefühl ihre Überzeugung festmachten und aus diesem heraus Gottes Willen zu tun glaubten in die Tausende und Abertausende geht – und doch schwanken sie in ihrer Bandbreite von Heiligen bis zu Kriegsverbrechern. Denk an die Kreuzzüge. Ich denke die meisten einfachen Menschen waren in ihrem Innersten und ihrem Gefühl nach überzeugt, dass es Gottes Wille sei - und waren sich auch sicher ob der göttlichen Quelle dieser Ergriffenheit.
Wie gesagt, ich will es nicht in Abrede stellen, dass man auch auf dieser Ebene einen Zugang zum Göttlichen finden mag. Mir selbst liegt eher der „intellektuelle“ Zugang, wie du ihn nennst. Denn ich denke die Vernunft in uns ist (anders als Gefühle) eine Sprache die jeder spricht. Ich kann mich mit einem anderen darüber verständigen, dass wenn A=B und B=C dann auch nach den Gesetzen der Logik gelten muss, dass A=C ist. Auch du hast schon DaVinnci in seinen Reden von den Gesetzen der Schöpfung beigepflichtet. Die sozusagen die Handschrift des Schöpfers sind. Gesetze deren Vorhandensein wir vielleicht durch unsere Intuition spüren, die wir aber letztlich durch unseren Verstand und vermittels unserer Vernunft verstehen lernen.
Weiter ist es auch die Vernunft, die wir nutzen uns über unsere Ansichten auszutauschen und unsere eigenen Ansichten zu überprüfen. Wir tun es auch hier im Forum, versuchen uns einander zu erklären – gerade auch dann, wenn wir uns schwer damit tun zu akzeptieren, dass der andere einfach eine andere Wahrheit „fühlt“.
Natürlich ist auch diese nicht frei von Missverständnissen, und natürlich kann man sich auch hier die Dinge schön reden. Und mir ist auch das spirituelle Gefühl nicht fremd, von dem du schreibst. Aber wie du weißt gehe ich grundsätzlich davon aus, dass ich mich ob meiner Unvollkommenheit irren kann. Und ich gebe zu, mein Vertrauen in die Überprüfbarkeit meiner „vernünftigen“ Erkenntnis ist da weitaus größer als in die Überprüfbarkeit der Richtigkeit meiner Gefühle. Da würde ich mich nicht allein auf mein Gefühl verlassen wollen.
Kurz gesagt, ich denke es gibt verschiedene Wege, auf denen der Mensch sich Gott nähern bzw. ihn an sich heranlassen mag. Für manche wie dich ist es eine Frage der Intuition und Inspiration. Für andere wie Saved ist es ein Buch und wieder für andere ist es eine intellektuelle Betrachtungsweise. Ich würde keinem der anderen Zugänge die Möglichkeit echter Gotteserfahrung absprechen – umgekehrt kann ich dir aber versichern, dass auch bei einem „Intellektualismus“ eine spirituelle Komponente beteiligt sein kann - und ich vermute saved würde bestätigen können, dass sie es in Bezug auf die Schrift nicht anders empfindet. ^^ Ich denke es ist beides hilfreich, bei der Bestimmung unseres Weges. Die innere Bewegung unserer Gefühle und das Zaumzeug unseres Verstandes. Ohne das eine komme ich nicht voran, ohne das andere gehe ich fehl.^^
Liebe Grüße dir
Lior
Es sei bitte berücksichtigt, dass meine Besuche zeitweise durch lange Pausen unterbrochen werden. Sollte ich also eine an mich gerichtete Frage überlesen, bzw. nicht unmittelbar beantworten, dann ist dies bitte nicht als Ausdruck des Desinteresses zu werten - ggf. hilft auch mal eine Erinnerung.
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