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digido
weshalb sollte das nicht ernst gemeint sein? - Schließlich ist das eine Behauptung, die ich so noch nicht gehört habe. Also sehr ungewöhnlich…
Dann entschuldige meinen Argwohn. Wenn dem so ist, dann habe ich mit meinen Empfehlungen hoffentlich helfen können.

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digido
Nun heißt es im Bibeltext: 2. Kö 2,11:"Und als sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander. Und Elia fuhr im Wetter gen Himmel." Von "Entrückung" steht im Text nichts.
Ja, das ist richtig. Entschuldigung, wenn das falsch rüber gekommen ist – Entrückung ist der Begriff, den man für die Beschreibung dieser Phänomene der „Himmelsreise“ oder „Himmelfahrt“ verwendet. Der Begriff bechreibt also das Phänomen, aber es bedarf nicht der expliziten Erwähnung des Begriffes um das Phänomen zu beschreiben. Hunger beschreibt z.B. das Phänomen des hungrig sein. Aber ich kann auch sagen, dass mir der Magen knurrt.^^

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digido
Also muss mich hier "ein orientalischer Gebrauch" nicht interessieren. Es ist eine Kategorie, die wir, also heutige Menschen, anwenden, ohne sich konkret etwas darunter vorstellen zu können.
Nun, das sehe ich anders. Schau mal, Begriffe verändern sich mit der Zeit in ihrem Bedeutungsinhalt. Selbst heute akzeptieren wir ja nicht einfach, wenn sich jemand Christ nennt, sondern wir fragen vielmehr nach, was es für ihn bedeutet Christ zu sein - eben weil der Begriff sehr unterschiedlich verstanden werden kann. Nicht anders ist es mit dem Verständnis antiker Schriften. Da nun aber diese Vorstellung gerade im alt-orientalischen Kulturraum entstanden ist (in dem auch das jüdische Volk angesiedelt war) muss sie gerade in diesem Kontext betrachtet werden. Einfach moderne Kategorien oder Begriffsverständnisse anzuwenden wäre fatal, weil wir damit fast automatisch zu einem unzureichenden Verständnis gelangen.

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digido
Wir können ja nicht aufgrund der Bibel irgendein Weltbild aufbauen, sondern müssen selbst immer wieder neu erkennen, wie die Welt beschaffen ist. Wir können, wenn wir es besser wissen, dann eben sagen, dass bestimmte orientalische Vorstellungen falsch waren.
Ja, da würde ich dir zustimmen. Aber wenn ich mein Weltbild nicht zwingend aus der Bibel aufbauen oder mit ihr legitimieren muss, dann ist es nicht notwendig sie mit modernen Ansichten gewaltsam in Einklang bringen zu müssen. Egal ob das nun die Evolutionstheorie ist, die humanistischen Menschenrechte oder eben die Lehre der Reinkarnation.
Anders gesagt, eben weil es in meinen Augen zumindest also völlig legitim ist, die Vorstellungen der Bibel in gewissen Aspekten zu verwerfen (was die meisten von uns ja auch regelmäßig tun) und sie durch moderne Ansichten zu ersetzen – und Reinkarnation kann ein solcher sein – ist es unnötig diese rückwirkend auf die Bibel zu übertragen und in ihr Belege für diese moderne Ansicht zu finden oder sie in Einklang mit diesen bringen zu wollen. Und den Versuch halte ich zudem für fragwürdig.

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digido
Die Erklärung, dass Johannes der Täufer der reinkarnierte Elia ist, ist einfach die Erklärung, die ohne Widersprüche und andere geistige Verrenkungen auskommt. Weshalb sollte es plötzlich Menschen geben, die nicht reinkarnieren? Das wäre doch die große Ausnahme!
Du hast sicherlich recht, WENN Reinkarnation damals die selbstverständliche Ansicht gewesen wäre, dann wäre es u.U. naheliegend die Eliaerzählung als Reinkarnation zu deuten. Aber dein Argument macht hier meines Erachtens einen Zirkelschluss. Denn für die Verbreitung einer solchen Lehre gibt es keine Belege als eben die entsprechende Interpretation solcher Erzählungen und einzelner Verse, die aber alles andere als eindeutig und eben ganz anders gelesen werden können. D.h. du argumentierst hier für eine Interpretation, deren Plausibilität du erst durch eben jene Interpretation zu belegen versuchst. Wenn du eine bessere Grundlage für deine Annahme finden wolltest, wäre es ein erster Schritt außerbiblische Belege für die Verbreitung von karmischen Reinkarnationsvorstellungen im Alten Orient bzw. im jüdischen Volk zu finden. Etwas das dir aber vermutlich schwerfallen wird.

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digido
Ich denke, auch Du wirst nicht meinen, dass Elia bis zu Jesu Zeiten gelebt hat. Wenn also, Johannes der Täufer Elia sein soll, dann kann eben nur ein jenseitiger Elia auf Johannes eingewirkt haben, und Johannes wäre da eine Art Channeling-Medium, oder aber Johannes war der Elia in Person.
Nein, mit Sicherheit glaube ich nicht, dass Elia bis in Jesu Zeit gelebt hat. Ich halte die Erzählung überhaupt nicht für „wahr“ in dem Sinne, dass das Berichtete genau so geschehen ist. Ich sehe darin eine mit Symbolsprache angefüllte Erzählung, die eine bestimmte Vorstellung transportieren und damit eine gewisse Absicht verfolgt. Aber um diese von diesem (wissenschaftlichen) Standpunkt ausgehend nachzuvollziehen muss ich eben schauen, in welchem kulturgeschichtlichen Rahmen der Text entstanden und in welchem Bedeutungskontext solcherlei Bilder und Erzählungen Verwendung fanden. Moderne Begriffe wie Channeling verbieten sich deshalb meines Erachtens ebenso, wie das Anlegen moderne Vorstellungen. Wenn man die Bibel mit einem anderen Zugang lesen mag, z.B. in Form eines esoterischen Textes, wie es die meisten Fundamentalisten tun, dann ist man an diese Methode natürlich nicht gebunden. Vielleicht ergibt sich also unser unterscheidliches Verständnis aus der unterschiedlichen Lesart der Bibel?
Geändert von Lior (18.03.2016 um 14:45 Uhr)
Es sei bitte berücksichtigt, dass meine Besuche zeitweise durch lange Pausen unterbrochen werden. Sollte ich also eine an mich gerichtete Frage überlesen, bzw. nicht unmittelbar beantworten, dann ist dies bitte nicht als Ausdruck des Desinteresses zu werten - ggf. hilft auch mal eine Erinnerung.
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