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Lior
Die Frage ist nicht blöde, vielleicht habe ich mich da auch unglücklich ausgedrückt. Es ist gewissermaßen meine Arbeitsdefinition, wenn ich mit diesen Begriffen hantiere. (Obschon diese Definition ehrlicherweise nicht auf meinem Mist gewachsen ist^^). Aber ich versuche meist den Begriff „traditionell“ zu vermeiden und ihn durch den Begriff „exklusives Modell“ zu ersetzen bzw. zu ergänzen. Und wie ich Adi eben schon schrieb, ist der Unterschied zwischen der traditionellen Beziehung und der offenen Beziehung für mich der Unterschied zwischen Zwang und Freiheit. In einer offenen Beziehung nimmt man den Partner wie er ist, mit all seinen Facetten und all seinen Bedürfnissen UND bietet ihm zudem den Raum die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Man liebt ihn wie du sagst um seiner selbst Willen. Wenn diese Freiheit gegeben ist, dann spreche ich von einer offenen Beziehungsform, denn sie geht offen (im Sinne von ehrlich) mit dem Partner um, und ermöglicht auch diesem sich offen mit seinen eigenen Bedürfnisse auseinanderzusetzen, ohne Angst haben zu müssen, den Erwartungen bzw. dem Idealbild des Partners nicht entsprechen zu können. Wie diese Beziehung sich gestaltet, also ob in einer monogamen oder nicht-monogamen Beziehung, das ist für mich dabei sekundär. Beantwortet das deine Frage?
Also so ganz sicher bin ich mir da leider noch nicht, ob ich dich nun richtig verstehe. Denn woran ich gerade irgendwie gedanklich scheitere, ist deine Unterscheidung zwischen Zwang (bei einer exklusiven Beziehung) und Freiheit (bei einer offenen Beziehung). Ich frage mich nämlich, warum eine nicht offene Beziehung notwendig zwanghaften Charakter haben sollte?
Es kann aber auch ganz einfach sein, dass ich mich lediglich an dem Ausdruck "Zwang" im Zusammenhang mit der Definition einer Liebesbeziehung störe, bzw. ihn einfach unpassend finde? Wenn du die Begrifflichkeiten jedoch als Arbeitsdefinition für sinnvoll erachtest und sie dir auf diese Weise Gewinn bringen, will ich das sehr gerne so stehen lassen! :-)

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Lior
Dem würde ich nur bedingt zustimmen. Dies ist sicherlich der markanteste Punkt, der immer wieder diskutiert wird und an dem sich konservative Gemüter am ehesten erhitzen. Es ist aber vielmehr eine konsequente Folge, nicht der Bestimmungsgrund. Der wesentliche Unterschied in meinen Augen ist die Zurückweisung des Ideals der romantischen Liebe und die Zuwendung zu einer bedingungslosen Liebe. In der bedingungslosen Liebe begegnet man meiner Meinung nach wie eben schon gesagt dem anderen um seiner selbst willen, als dem Menschen der er ist. Wenn ich dies und das oben zur Freiheit gesagte praktisch umsetze, dann betrifft das alle Lebensbereiche und schließt damit auch den sexuellen Lebensbereich mit ein. Aber es ist nicht der Punkt, an dem sich der Unterschied zwingend fest macht.
Mhmm, auch hier frage ich mich irgendwie, weshalb das Ideal der romantischen Liebe nicht mit bedingungsloser Liebe gleichgesetzt sein sollte, oder zumindest gleichgesetzt sein kann? Also ich verstehe nicht, weshalb die Zuwendung zu einer bedingungslosen Liebe, die Zurückweisung des Ideals der romantischen Liebe bedingen sollte? Kann es nicht beides gleichzeitig geben - romantische Liebe, die bedingungslos liebt, oder bedingungslose Liebe, die romantisch verklärt wird?
Oje, lieber Lior, ich merke gerade, dass ich dieses Thema betreffend irgendwie mächtig auf dem Schlauch stehe und offensichtlich mit den Definitionen so meine Probleme habe. Ich bin da gerade irgendwie etwas verunsichert, weil ich in meinem Leben bisher immer nur romantisch geliebt habe, wenn ich in einer Beziehung war und meine Liebe dabei aber nicht an bestimmte Bedingungen knüpfte. Ich bin bisher immer nach dem Grundsatz verfahren, dass ich das Beste für den geliebten Menschen wünsche/möchte, dass das aber nicht zwangsläufig ich sein muss...Folgerichtig bin ich seit nunmehr zehn Jahren Single...;-)

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Lior
Sie ist insofern monogam, weil ich mich auf nur eine Partnerin für meine Ehe beschränke. (Mono - gam von monos-gamos = Ein-Ehe) D.h. ich lebe nicht mit mehreren Frauen und/oder Männern in einer häuslichen Gemeinschaft zusammen, sondern eben nur mit meiner Frau. Diese Lebenspartnerschaft ist für uns die familiäre Basis, in der wir Kinder haben und großziehen und die diesen den Schutz und den Bezug unserer elterlichen Beständigkeit garantiert.
Ah, hier konnte ich schon einmal einen meiner Denkfehler ausfindig machen! Hehe, es ist ein bisschen witzig, weil ich bin aus folgendem Grund über den Begriff der "Monogamie" gestolpert:
Ich richte zurzeit daheim zwei, meiner vier Aquarien neu ein und in meinem Hinterkopf beschäftigt mich deshalb seit geraumer Zeit die Frage, welche Fische ich in welches Becken setzen möchte, nachdem die Wasserwerte sich stabilisiert und eingependelt haben. Einer der möglichen Kandidaten, und an ihn musste ich gestern Früh denken, als ich an dich schrieb, ist der Zebrabärbling. Und der Zebrabärbling zeigt ein für Fischchen doch recht ungewöhnliches Verhalten, er lebt nämlich (also zumindest manchmal kann man das beobachten) monogam! :-)
Und Monogamie bei Zebrabärblingen bedeutet, dass man die Fischlein nicht dazu bewegen kann, mit einem anderen, als dem "angestammten Partner" abzulaichen. Bei Menschen ist das aber anders, wie ich nun verstanden habe. Da bezieht sich die Monogamie ganz wortgetreu nur auf die "Einehe", also ablaichen muss man in einer monogamen Menschenbeziehung nicht zwangsläufig nur in der Ehe, richtig? :-))

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Lior
Eigentlich schon – meine Arbeitsdefinition vorausgesetzt. Denn in einer solchen Partnerschaft sind beide auf sich selbst beschränkt, sowohl auf sexueller Ebene aber auch meist auf emotionaler Ebene. Zumindest meiner Erfahrung nach akzeptieren viele Partner in solchen Beziehung keine zu große emotionale Intimität des Partners mit einem anderen. Aber ich wollte beschränkt hier deskriptiv und nicht wertend verstanden wissen. Jeder von uns hat die ein oder andere Beschränkung.^^
Alles klar! Ich meinte "beschränkt" natürlich auch nicht wertend, sondern ebenfalls deskriptiv. Aber trotzdem muss ich zum besseren Verständnis nochmal nachfragen, was du unter "großer emotionaler Intimität mit einem anderen Partner" verstehst. Aber wenn das nun von meiner Seite aus zu intim nachgefragt sein sollte, dann musst du da natürlich nicht drauf antworten! Aber ich persönlich habe auf der Ebene von Gesprächen und auch musikalisch schon sehr sehr tiefe intime Momente mit "Nichtpartnern" erlebt und als den intimsten Moment meines Lebens habe ich ein spirituelles Ereignis empfunden, in dem ich ganz allein war, weshalb ich weiß, dass Intimität unabhängig von einer partnerschaftlichen Liebesbeziehung sehr gut möglich ist und etwas wirklich ganz wundervolles und wertvolles darstellt!

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Lior
Konnte ich mein Denken ein wenig mehr beleuchten?
Na ein bisschen hat du mich schon erleuchtet, aber halt nicht so völlig, was ich aber auch nicht erwarte, denn dieses Thema betreffend bin ich reichlich untalentiert. :-)
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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