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Zitat von
Lior
Das ist eben sozusagen Definitionsmerkmal dieser Definition. Es gilt offene Beziehungen sollen jene Beziehungen heißen, die es dem Partner ermöglichen seine Individualität offen auszuleben, dem Partner gegenüber zu kommunizieren und sich selbst zu verwirklichen. Offene Beziehung soll NICHT heißen (bzw. nicht darüber definiert werden), dass ein Mensch Sexualität auch außerhalb der Beziehung genießen kann. Als nicht offen gilt eine Beziehung dort, wo ein Zwang den Partner davon abhält sich zu seiner Individualität zu bekennen oder sich selbst und seinem Partner gegenüber seine Bedürfnisse einzugestehen.
Also wenn man offene Beziehung so definiert, dass in ihr ermöglicht werden soll, dass jeder Partner seine Individualität offen ausleben kann, dann strebt man ja eigentlich grundsätzlich nach offenen Beziehungen! Jedoch findet das Streben nach Auslebung der eigenen Individualität ja ganz natürlich überall da seine Begrenzung, wo die Integrität, die Selbstbestimmung, oder auch die Freiheit eines anderen angetastet zu werden droht (also dem Streben nach Auslebung der eigenen Individualität ist ein Rahmen gesetzt).
Deshalb braucht es für das Zusammenleben von Menschen ja logischerweise auch Regeln, geschriebene, wie ungeschriebene. Ich kann ja jetzt zum Beispiel nicht hingehen und sagen, dass es Teil meines Strebens nach Auslebung der eigenen Individualität ist, immer bei Rot über die Ampel zu fahren und mich dann beschweren, dass mich derjenige, der in mich reingefahren ist, mich in meinem Streben nach Auslebung der eigenen Individualität behindert. :-)
Innerhalb einer Gemeinschaft muss deshalb das Streben nach Auslebung der eigenen Individualität in gewisse Bahnen gelenkt und, wenn man so will, eingeschränkt werden. Diese Einschränkung ist aber kein Zwang, der das Individuum davon abhalten soll seine eigene Individualität auszuleben, sondern diese Einschränkung ermöglicht ja erst das Leben in einer Gemeinschaft und sozusagen das Funktionieren derselben.
Während im Straßenverkehr die Regeln nun vom Staat allgemeinverbindlich formuliert sind, kann man sie in einer Partnerschaft selbstverständlich selbst und entsprechend auch freier/offener definieren, man kann aber meiner Meinung nach nicht darauf verzichten, auch hier die Integrität, die Selbstbestimmung und die Freiheit des anderen zu berücksichtigen.
Es braucht also letztlich immer sowas wie eine Übereinkunft, in welchen Bahnen, oder innerhalb welchen Rahmens die Beziehung geführt werden soll und deshalb tue ich mir persönlich ein bisschen schwer damit, "das traditionelle Beziehungsmuster" als zwanghaft und einschränkend und das "offene Beziehungsmuster" als Gegensatz dazu zu definieren.
Also ich hab' mal bisschen gegoogelt (im bedienen von Suchmaschinen bin ich große Klasse) und da hab' ich zum Stichwort "offene Beziehung" eine mir ganz einleuchtende Definition gefunden:
Eine offene Beziehung oder offene Partnerschaft bezeichnet eine Beziehung (gewöhnlich zwischen zwei Personen), in der die Beteiligten voneinander wissentlich die Freiheit haben, auch andere Partner, insbesondere Sexualpartner zu haben. Ist ein Paar, das eine offene Beziehung vereinbart hat, verheiratet, handelt es sich um eine offene Ehe. Offene Beziehungen erweitern das Konzept der Selbstbestimmung von Individuen auf die sexuellen Selbstbestimmung innerhalb einer Beziehung und stehen insofern in Konflikt mit konventionellen Erwartungen an Beziehungen und Moralvorstellungen.
Mit dieser Definition habe ich kein Problem, die kann ich gut verstehen, weil die offene Beziehung da nicht als Gegensatz von zwanghaften, einschränkenden und unfreien Beziehungen definiert ist! Bei dieser Definition spricht man deshalb von einer "Erweiterung des Konzepts der Selbstbestimmung", was ich sehr gut verstehen kann, weil es eben auch bedeutet, dass man innerhalb einer "traditionellen Partnerschaft" durchaus bereits ausreichend selbstbestimmt leben kann und nicht unangemessen eingeschränkt, oder Zwängen unterworfen ist/sein muss. So hatte ich dich nämlich kurzfristig verstanden, dass die "traditionelle Partnerschaft" immer zwanghafter Natur sei und die Partner innerhalb einer solchen Beziehung grundsätzlich eingeschränkt.
So, mal bis hierhin. Ich antworte dir später noch auf den Rest deines Posts, aber jetzt muss ich bisschen was arbeiten.
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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