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Provisorium
Mhhmm, interessant! Also ich würde es auch gerne sehen, wenn jeder Bürger, jede Bürgerin verpflichtet wäre, sich bzgl. der Organspende zu informieren und den jeweiligen persönlichen Wunsch schriftlich zu dokumentieren. [...]
Das wäre eine Lösung, sozusagen eine Pflicht zur Stellungnahme. Aber es wären auch andere Modelle denkbar – z.B. das Modell der Widerspruchserklärung wie es in Spanien gehandhabt wird. D.h. jeder ist potentieller Organspender es sei denn, er verweigert ausdrücklich seine Zustimmung. (Das gilt übrigens soweit ich weiß auch für Urlauber aus z.B. Deutschland)

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Provisorium
Aber das ein Mensch, der selbst kein Organ spenden möchte, dann auch keinen Anspruch auf ein Organ haben soll, finde ich problematisch. Generell, so finde ich, muss jedem Menschen, unabhängig von seinen persönlichen Sichtweisen, jedwede Behandlungsmethode offen stehen.
Ich würde gerne näher erläutern, weshalb ich dem nur bedingt zustimmen würde. Letztlich ist das Problem der Organvergabe ja auch ein ökonomisches, weil es viel zu wenig Organe für zu viel Empfänger gibt. Umgekehrt könnte man also argumentieren, dass es jenen gegenüber unfair wäre, die selbst bereit zur Spende wären, wenn jene, die sich dieser verweigern, bei einem eigenen Bedarf im selben Umfang Nutznießer sein können. Würden wir hier von einer Versicherung sprechen, wäre es vermutlich unstrittig, dass Menschen die nicht ins System einzahlen selbst keinen Anspruch auf Versicherungsleistungen haben – oder nur auf eine minimale Grundversorgung. In Bezug auf die Organspende sehe ich die Situation nicht wesentlich anders, denn hier wird mit der Verweigerung billigend in Kauf genommen, dass ein anderer potentiell stirbt. Das mag zwar das gute Recht des Nicht-Spenders sein (auch wenn ich es wie gesagt für unmoralisch halte), aber wieso sollte er im Gegenzug im selben Maße von dem System profitieren? Natürlich müsste man Spendenverweigerer nicht kategorisch ausschließen, aber eine entsprechende nachrangige Position oder zumindest einen Bonus für Spendenbereite in der Vergabe von Warteplätzen halte ich durchaus für angemessen.

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Provisorium
Denn man könnte dann tatsächlich von einer Art Manipulation sprechen, wenn man die Menschen dem Konflikt aussetzen würde, dass sie nur dann ein Organ bekommen können, wenn sie auch eines spenden würden. Sowas übt dann ja schon Druck aus und hat durchaus manipulativen Charakter.
Das wiederum könnte man durchaus so sehen. Aber ist das Bonusheft für den Zahnarzt in deinen Augen auch schon eine Art Manipulation? Oder die Wertsteigerung durch ein Scheckheft beim Auto?^^ Nein, ganz im Ernst, grundsätzlich gilt das doch für jede moralische oder juristische Regelung, oder nicht? Das also zu einem bestimmtes Verhalten angehalten wird, ist in meinen Augen keine unangemessene Manipulation, sondern eine Frage der Regelung des sozialen Miteinanders. Moralische Verpflichtungen nehmen uns eben in Pflicht – und nötigen uns gerade auch da, wo sie kein Vergnügen bereiten. Das ist jedoch Sinn und Zweck der Moral – diese aufgrund ihres „manipulativen“ Charakters abzulehnen würde in das Chaos begierdegeleiteter Beliebigkeit führen, oder nicht?
Lieben Gruß
Lior
Es sei bitte berücksichtigt, dass meine Besuche zeitweise durch lange Pausen unterbrochen werden. Sollte ich also eine an mich gerichtete Frage überlesen, bzw. nicht unmittelbar beantworten, dann ist dies bitte nicht als Ausdruck des Desinteresses zu werten - ggf. hilft auch mal eine Erinnerung.
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