@Padma. Ja, dein Beispielvers bringt das zum Ausdruck, was ich als "Zielverfehlung" bezeichnete und das ist ja auch sozusagen der buchstäbliche Sinn von dem Wort Sünde.

Aber bei Paulus kommt da ja noch eine ganz andere Dimension hinzu. Da ist Sünde ja nicht einfach nur "Zielverfehlung", sondern eine gesetzmäßig wirkende Kraft/Macht, der sich kein Mensch entziehen kann und Jesu Leben und Tod ist angeblich zuvorderst deshalb nötig gewesen, um diesen Machtbereich der Sünde zu "zerstören". Ich frage mich nun, wie kam die Sünde zu solch einer Macht? Ist sie wirklich eine gesetzmäßig sich vollziehende Kraft, die den Menschen von seiner Geburt an "kontrolliert"? Und wird unsere Beziehung zu Gott durch die Sünde komplett unmöglich gemacht? Nicht zuletzt beschäftigt mich die Frage, ob Gott, wenn er zuvorderst da ist um uns von unseren Sünden zu erlösen, dann nicht zu einer Art "Gebrauchsgegenstand", zu etwas "Nützlichem" wird, ja in gewisser Weise sogar zum Spielball der Sünde? Denn offensichtlich und angeblich kann ja die Sünde den Menschen von Gott trennen. Wie und warum kann sie das und inwiefern sind wir Sklave der Sünde? Sind wir nicht vielmehr zunächst immer und ganz grundsätzlich Kinder Gottes und nicht Kinder der Sünde?

Ich denke dabei z.B. an das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Das Schaf verirrt sich, verliert völlig das Ziel aus den Augen, aber der gute Hirte geht ihm doch nach. Er lässt es doch nicht verloren gehen, oder? Oder das Gleichnis vom verlorenen Sohn, da verstrickt sich der Sohn ja auch heftigst in Sünden, aber eine Umkehr zum Vater ist an sich doch problemlos möglich, oder? Es muss also nicht erst das Blut Jesu fließen, damit er umkehren kann, sondern er sieht einfach ein, dass er gesündigt hat, bittet um Vergebung, kehrt um und der Vater nimmt ihn sofort auf und feiert ein großes Fest für ihn. Die Sünde ist in diesem Gleichnis also gar kein superschlimmes Problem, für das der Sohn bestraft werden müsste, sondern das Problem ist einfach nur, dass der Sohn sich quasi verlaufen und sich in Sünden verstrickt hatte, was aber die grundsätzliche "Einstellung" des Vaters zu seinem Sohn nicht im geringsten negativ beeinflusste. Die Sünde hat da also eigentlich gar keine echte Macht, weil die Liebe des Vaters sehr viel größer ist. Wird deshalb der Machtbereich der Sünde von Paulus nicht falsch verstanden? Also ich finde schon. Ich finde nämlich nicht, dass wir Sklaven der Sünde sind, sondern allerhöchstens Verirrte.

LG
Provisorium