So, ich nerve jetzt mal ganz schrecklich mit Logik, Vernunft, Erkenntnistheorie und so'nem Kram...:-) Ich mach das nur, weil ich mal versuchen will zu erklären, weshalb das Provisorium ein Anhänger der negativen Theologie ist und sich darauf dann eben auch mein Glaube gründet.

Und, oh Wunder, ich beginne nicht mit einem Zitat Meister Eckharts zu nerven, sondern mit einem Zitat Plotins...:-)

„Alles Seiende ist durch das Eine seiend, sowohl das, was ein ursprünglich und eigentlich Seiendes ist, als auch dasjenige, was nur in einem beliebigen Sinne als vorhanden seiend bezeichnet wird. Denn was könnte es sein, wenn es nicht Eines wäre? Da ja, wenn man ihm die Einheit, die von ihm ausgesagt wird, nimmt, es nicht mehr das ist, was man es nennt.“

Mit diesen Worten beginnt Plotins Schrift „Über das Gute oder das Eine“. Sie fassen die Grundlage seiner „Philosophie des Einen“ in der kürzesten Weise zusammen. Und in dieser Philosophie versucht sich Plotin dem Absoluten zu nähern, er versucht quasi Gott zu denken und dabei baut er auf der Philosophie Platons auf, der "das Eine" als das höchste Prinzip erkannte. Und das sieht dann so aus...

Zunächst: Einheit ist die grundlegendste Bedingung für das Sein und die Denkbarkeit von allem. Diese Einsicht lässt sich vernünftigerweise nicht bestreiten. Was auch immer wir als seiend denken, wir denken es damit eben schon als eine Einheit.

Wir können nämlich überhaupt nur solches denken, was in irgendeiner Weise Einheit ist; was in keiner Weise Eines ist, ist für das Denken nichts!

Das hatte schon Parmenides ausgesprochen und Platon hatte es zur Grundlage seiner Philosophie gemacht. Er hatte das griechische Wort für nichts (ouden) etymologisierend gedeutet als „das, was nicht einmal Eines ist“, was Plotin übernimmt.

Was nicht Eines ist, ist also nichts. Also ist alles, was ist, notwendig auch Eines, und zwar in der Weise, dass es eben darum ist, weil es Eines ist.

Dass etwas ist, gründet darin, dass es Eines ist: Einheit ist also der Grund des Seins, der Existenz für alles Seiende. Aber nicht nur das! :-)

Auch was etwas ist, verdankt es seinem Charakter als Einheit. Denn wäre es nicht Eines, so wäre es nicht mehr das, was es jeweils ist. Was immer etwas auch ist, es ist dies nur, weil und insofern es Einheit ist! Es besitzt seine Bestimmtheit immer als einheitliche Bestimmtheit.

Ohne Einheitscharakter wäre es unbestimmt; und das ganz und gar Unbestimmte ist weder etwas, noch ist es überhaupt, noch kann es gedacht werden.

Einheit ist darum der Grund des Seins nicht nur im Sinne der Existenz, sondern zugleich auch im Sinne des Wasseins, des Wesens oder der Bestimmtheit für jedes bestimmte Seiende. Und das gilt für alle denkbaren Bestimmungen schlechthin. Denn Bestimmtheit ist überhaupt nur als Einheit denkbar. Darum ist Einheit drittens auch der Grund der Denkbarkeit aller Bestimmungen und des Kraft seiner Bestimmtheit denkbaren Seienden.

Weil Einheit der Grund alles überhaupt Denkbaren ist, darum ist auch das scheinbare Gegenteil des Einen, das Viele, sofern es gedacht werden kann, selber noch durch das Eine bedingt:

„Denn wenn es nicht zur Einheit geworden ist, auch wenn es aus Vielem besteht, kann man auf keine Weise von ihm sagen, dass es ist.“ (Plotin: 5.Enneade, Schrift 3, Kapitel 15, Zeilen 12-14)

In der Tat denken wir das Viele immer schon und notwendig als Einheit, nämlich als geeinte Vielheit, und das bedeutet, als ein einheitliches Ganzes, das aus vielen Elementaren Einheiten aufgebaut ist, so dass der Gedanke des Vielen in doppelter Weise Einheit voraussetzt, nämlich sowohl die Einheit des Ganzen einer Vielheit, als auch die Einheit jedes einzelnen ihrer Bestandteile.

Platon hatte am Schluss seines Parmenides gezeigt, dass eine radikal einheitslose Vielheit nicht gedacht werden kann, dass sie schlechthin nichts ist und darum auch nicht Vieles.

Dem Einen kann somit nichts entgegengesetzt werden, weil auch die Vielheit selber nur als Einheit denkbar ist, dass Eine also immer schon voraussetzt. Als Grund der Denkbarkeit und Bestimmtheit von allem, auch der Vielheit, ist das Eine also gegensatzlos oder übergegensätzlich. Als das aus jedem Gegensatz Herausgenommene ist es schließlich das Absolute!

Negative Theologie ist nun der Versuch, das Absolute als absolute Transzendenz zu denken. Ihr Ausgangsgedanke ist: Das Absolute muss als reine Einheit gedacht werden. Wird reine Einheit aber konsequent gedacht, dann weißt sie jedwede Bestimmung strikt von sich ab, weil jede überhaupt denkbare Bestimmung sie in die Vielheit hineinziehen würde. Als das aus aller Vielheit und aller Bestimmtheit Herausgenommene ist das Eine selbst darum reine Transzendenz: jenseits von Allem schlechthin!

Plotin betont dies immer wieder. Zum Beispiel in der frühen Enneade 5, Schrift 4:

„Das absolut Erste nämlich muss ein schlechthin Einfaches sein, das vor und über allem ist, verschieden von allem, was nach Ihm ist, das rein für sich selbst ist, nicht vermischt mit dem, was von Ihm stammt, und dabei doch in anderer Weise wieder fähig, allem anderen beizuwohnen, das wahrhaft und absolut Eines ist und nicht zunächst etwas anderes und dann erst Eines, von dem schon die Aussage falsch ist, dass Es Eines ist, von dem es keine Aussage und keine Erkenntnis gibt und von dem deshalb auch gesagt wird, dass Es „jenseits des Seins“ ist. Denn wenn Es nicht absolut einfach wäre, jenseits aller Bestimmtheit und aller Zusammengesetztheit und wahrhaft und absolut Eines, wäre Es nicht der Urgrund (archè); erst dadurch, dass Es absolut einfach ist, ist Es das von Allem absolut Unabhängige und so das absolute Erste!“

Ist das soweit verständlich? Ich hänge nicht aus "Jux und Dollerei" der negativen Theologie an, sondern aus reinen Vernunftgründen. Und die Vernunft sagt, dass das Absolute, also Gott reine Transzendenz ist und deshalb ist auch über Gott keine positive Aussage treffbar, Gott ist über und jenseits von Allem schlechthin!

LG
Provisorium