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Danke @Provisorium für Deine Auslegung der Johannesstelle(n).
Dir auch ein großes Dankeschön, dass du den langen Text überhaupt gelesen hast. Ich hätte tatsächlich noch sehr viel mehr schreiben können, denn im Johannesevangelium wimmelt es nur so vor platonischen Vorstellungen. Jesus ist dort ganz eindeutig idealisiert und hat mit dem historischen Jesus nicht mehr viel gemein.

Aber das ist ja eigentlich auch logisch, denn der Johannesprolog sagt ja ganz deutlich, wohin die Reise geht. Ich denke im Zuge der urchristlichen Entwicklung musste man Wege finden, die zumeist hartnäckig atheistisch lebenden Griechen zu erreichen und da fühlte sich Johannes offensichtlichl berufen.

Wobei man heute davon ausgeht, dass es eine ganze "Johannesgemeinschaft" gab, also dass das Evangelium gleich mehrere Verfasser hatte. Und auch die Nähe zur Gnostik finde ich sehr interessant. Man sieht, wie schon in sehr frühen Zeiten, unterschiedlich mit dem "Thema Christus" umgegangen wurde. Religionswissenschaftlich finde ich das ausgesprochen interessant, weil es eben auch aufzeigt, wie man quasi "Religion machen kann", wie sie natürlich entsteht.

Viele Gläubige sind ja davon überzeugt, dass Religion durch Gott offenbart wurde, ich hingegen glaube, dass Religion ein evolutionärer Entwicklungsprozess ist. Bei Johannes kann man das im Vergleich mit den synoptischen Evangelien eigentlich wirklich recht gut sehen, finde ich.

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Denn damit dürfte diese Frage eigentlich beantwortet sein... eigentlich :-)
Oh, ich fürchte ganz sicher nicht! Der eigentliche Gott vieler Christen ist nämlich ihre Lehre, bzw. die Bibel. Daran glauben sie, sie glauben an ihre Vorstellungen. Gott einfach sein lassen, was er will, ist da meiner Erfahrung nach nicht sehr beliebt. Lieber behängt man ihn mit zahlreichen Attributen und packt ihn in ein enges Korsett aus so genannten Wahrheiten, in dem er sich dann kaum noch regen kann. Dann legt man ihn fest, bestimmt zunächst erst einmal ihn und anschließend dann den Menschen! Den erklärt man dann zum Mangelwesen, obwohl er ja eigentlich göttlichen Ursprungs ist, was man aber lieber wieder schnell verdrängt und stattdessen über Sünde und Opfer palavert, damit man dann umso schamloser in die Seele seines Nächsten krabbeln kann.

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Es gibt eben halt auch noch andere Perspektiven die mit einem "Opfertod zur Sündenvergebung" nicht das geringste zu tun haben.
Wie gesagt,selbst in der Bibel steht, dass jeder Mensch nur für seine eigenen Sünden verantwortlich ist und deshalb trägt jeder seine eigene Schuld und sie wird ihm vergeben werden, wenn er denn um Gnade bittet. Das ist es doch, was Jesus lehrte.

Tatsächlich war Jesus ganz einfach nur ein sehr spiritueller Gläubiger, der seinen Blick immer auf Gott gerichtet hielt und bereit war, sich von allem zu lösen, von allen Anhaftungen, von allem, was ihn an seinem Gott hätte hindern wollen. Und deshalb war er auch so sehr über das etablierte Judentum betrübt, dass zahllosen Anhaftungen anheim gefallen war, nur noch routiniert durch das Jahr ging und zunehmend überheblich wurde.

Jesus wollte aber Gott und nichts außerdem, er wollte in die Einheit mit ihm und selbstverständlich war er auch dazu bereit, dafür sein Leben zu lassen. Darin ist er mir Vorbild, Wegweiser, Meister, Lehrer und Rabbi. Und in der Tat, er hat gezeigt, wie sich diese Einheit mit Gott vollziehen lässt, er hat gezeigt was es bedeutet Sohn Gottes zu sein!

Aber wie kann man dann nur sagen, dass das ein einmaliges Ereignis gewesen wäre? Das nur er allein Sohn Gottes ist? Was nützt es uns, wenn da einer Sohn Gottes ist und wir sind es nicht? Gottseidank sind wir es jedoch alle und ich wünschte mir aus tiefsten Herzen, dass es uns allen genau so bewusst wird, wie es Jesus bewusst war!

Diese ganze Opfertheologie ist ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Schon Jesus wusste das! Aber dann kam Paulus und fängt wieder damit an. Paulus hat Jesus eigentlich verraten! Ok, ich denke er hat es nicht böse gemeint. Er war zu sehr eifernder Pharisäer, als das er das hätte erkennen können:
http://www.zeitenschrift.com/artikel/apostel-paulus-der-eifrige-pharisaeer#.U-8HxsV_tr0

Aber die Fundis stehen auf ihn. Sie beherrschen wie er die "Kunst der Verwirrung und Verdrehung" und machen aus jeder geraden Strecke eine abgewinkelte Kurve. Sie sind Meister im Worte verdrehen und sich die Dinge so zurecht zu biegen, wie sie sie gerade gebrauchen können. Das ist, weil sie Seelen fangen wollen und sie dann nach ihrem Bilde formen. Oh halt, ich ereifere mich gerade....Nicht gut! 'tschuldigung...

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Ich find beide Reaktionen Schwachsinnig. Jesus - selbst ein enthnischer Jude - als Argument für Antisemitismus zu benützen find ich Schwachsinnig.
Ist es ja auch! Aber tatsächlich ist es in der Vergangenheit so gewesen. Man muss Jesus nur ganz einfach seiner jüdischen Herkunft berauben, ihn zum Christus stilisieren und dann kann man behaupten, dass die Juden den Herrgott getötet haben. Traurig, aber manche Menschenkinder springen/sprangen drauf an.

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Aber auch daß sich, wie Du sagst, anscheinend heute noch "viele Juden" vermeintlich "zurecht" über die inner-jüdischen Streitgespräche zwischen der jüdischen "Jesus Gruppe" von damals und der jüdischen "Oberpriesterschaft Gruppe" empören... auch diese Reaktion find ich genauso Schwachsinnig... so nach dem Motto: "Ohh... Jesus hatte damals antisemitische Äußerungen über die Juden gesagt... das geht in Richtung Judenfeindlichkeit".
Ich hatte hier bei den Gnakis mal eine Auseinandersetzung mit einem Anhänger des jüdischen Glaubens und der nannte halt unter anderem diese Johannesstelle, in der es heißt, dass die Juden den Teufel zum Vater haben. Ihn hatte das wirklich verletzt! Ich kann es halt angesichts der Geschichte ganz gut verstehen.

Witzig ist aber, dass ich damals auch meinte, dass das doch eigentlich innerjüdische Konflikte waren...Oh wehhh, da hatte ich was gesagt...Hab' bös Haue bekommen...:-) Aber interessant, dass du das auch so siehst. Wir scheinen da eines Herzens zu sein!

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Denn es war damals doch ein rein religiös-inner-jüdischer Konflikt wo sich beide Seiten gegenseitig vorgeworfen haben daß sie vom Teufel oder Dämonen besessen sind bzw. "ihr Vater" sei. Da hat doch keiner von beiden Parteien auch nur eine Sekunde an "Antisemitismus" gedacht sondern die waren doch wegen ganz andere Dinge auf einander zornig als ihre Ethnie... die sie ja zudem auch noch gemeinsam teilten...
Exakt so sehe ich das auch. Ich hatte sogar mal gesagt, dass sich die Juden gar nicht so sehr über die Christen empören brauchen, schließlich kommt das Problem ja aus ihren Reihen...;-)

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Ich bin da übrigens Parteiisch. Also das heißt ich vertrete die überlieferten Ansichten des Juden Jesus :-) Die "Religion" die Jesus damals ermordete war in meinen Augen eine "falsch Religion" und von den Vertreter und "Oberpriester" dieser Religion die für die Ermordung Jesus verantwortlich waren bzw. damit Sympatisierten halte ich in etwa genauso viel wie Jesus und seine Anhänger von ihnen hielten, nämlich daß es Blinde waren die Blinde führten.
Ich kann dich gut verstehen! Ich glaube ich habe es hin und wieder schon einmal verlinkt, aber ich mag es trotzdem nochmal tun. Das, was für mich persönlich am ehesten der Lehre Jesu entspricht, ist im folgenden Link mit seinen Artikel, sehr gut dargestellt und das Lesen lohnt sich wirklich sehr:
http://www.theologe.de/

Die Seite hat übrigend ein Ex ev, Pfarrer und ein Ex kath, Priester zusammengestellt und sie zeichnen ein sehr genaues Bild von dem, was Jesus wirklich lehrte und was in der Bibel alles gefälscht wurde usw.

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Die meisten Christentume halte ich ebenfalls für eine "falsch Religion" insbesondere die ethablierten konstitutionellen. Falsch im Sinne daß sie nicht das lehren und wiedergeben was Jesus lehrte... schlimmer noch: Gegensätzlich lehren und handeln und der Name "Jesus" dient ihnen da nur als Aushängeschild.
Na ja, ich persönlich tue mir ein bisschen schwer damit, den Glauben eines Menschen für falsch zu erklären. Aber du hast sicher recht, dass bei den Etablierten nicht die Lehre des historischen Jesus gelehrt wird. Die Etablierten haben sich ihre eigene Religion gebastelt und dazu nicht nur Jesus, sondern, wie ja auch das Johannesevangelium aufzeigt, noch zahlreiche andere Lehren und Vorstellungen instrumentalisiert. Das Christentum ist wie ein riesiger Raubzug und allem was man habhaft werden konnte, wurde solange gezwungen und gedrängt und verbogen, bis es schließlich ins Christentum passte. Allerdings gehen diese Zeiten nun zu Ende!

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Das kann man ohne weiteres überall dort beobachten wo Macht, Geld und "Christentum" sich treffen. Also sprich in der Politik sich christlich nennender Länder und in den oberen Kirchenrängen.
Du, selbst bei mir im Heim wird sowohl im Pflegeleitbild, als auch im Unternehmensleitbild, beständig von Jesus und christlichen Werten palavert. Es ist schrecklich, eine Farce. Aber außer mir stört sich niemand dran. Da kannst du sehen, wo das Christentum hingekommen ist, es dient lediglich nur noch als eine Art Label. Mehr ist da nicht mehr!

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Jesus strebte nicht nach Macht und auch nicht nach Geld... im Gegensatz zu denjenigen die sich mit den Namen "Christus" schmücken und die höchsten Positionen in Kirche und Politik sich "er-redet" haben weil die Masse offensichtlich unfähig ist deren heuchlerisches Gesülze zu durchschauen.
Och, ich denke das wird schon durchschaut, aber entweder ist man einfach nur zu faul oder zu bequem, um etwas zu ändern, oder man mag sich vielleicht ein Hintertürchen offen halten? Nicht viele Menschen denken so leidenschaftlich über diese Dinge nach wie wir es tun. Den Meisten ist es doch eher egal, denke ich.

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Was das Christentum echt noch nicht gelernt hat und das nach 2000 Jahren ist: "An den Früchten werdet ihr sie erkennen" und deswegen ist es auch zu einer falsch Religion mutiert von Anfang an... fern ab jeglicher Tiefe... fern ab jeglicher Spirituallität.
Ja, das ist auch einer meiner Kerngedanken. Ich meine die Früchte sind nun ja wirklich mit Händen zu greifen, aber man glaubt Jesus wohl nicht? Wie meinte FrauShane doch noch gleich? Alles nur Missverständnisse und traumatische Erlebnisse...;-)

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Die jenigen die diese billige Oberflächlichkeit erkennen und sich spirituell fortentwickeln möchten... denen bleibt früher oder später nichts anderes übrig als sich vom Christentum letztendlich abzuwenden weil es innerhalb nur sehr sehr wenig und beschränkte Möglichkeiten dazu gibt.
Du, man wendet sich nicht ab, man wird abgewendet. Man selbst bleibt bei Gott, will immer bei ihm bleiben, aber die etablierte Religion stößt dich weg, sie schmeißen dich raus, weil sie wollen alles nur nach ihrer Vorstellung. Jesus hätten sie sicher auch rausgeschmissen!

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Ich stimme Deiner Interpretation der Johnnesstellen zu @Provisorium. Und gleichzeitig sage ich daß diese Interpretation im Christentum nicht erwünscht ist. Genauso wie die Lehren Jesus im damaligen Judentum welches gegen Jesus wetterte nicht erwünscht war.
Genauso wie Eckhart nicht erwünscht war und er kurz davor war von der damaligen "Oberptriesterschaft" eliminiert zu werden.
Vielen Dank. Wie gesagt, ich hätte noch sehr viel mehr dazu zu sagen. Es ist wirklich interessant. Mit Matthäus kann man das übrigens auch so machen, also die gesamten Kapitel allegorisch und philosophisch auslegen. Mir hat sich dadurch eine ganz neue Welt eröffnet und es ist wirklich faszinierend, wie stimmig das dann alles ist. Nicht zuletzt deshalb verstehe ich mich ja auch als ein Anhänger der christlichen Philosophie Meister Eckharts. Er war sogar dazu in der Lage die gesamte Schrift neuplatonisch zu interpretieren. Leider ist uns sein Hauptwerk verloren gegangen (wahrscheinlich hat es die Inquisition vernichtet). Aber Seuse und Tauler erzählen uns noch ein bisschen davon. Natürlich unter falschem Namen.

Aber mit meinem Text wollte ich vor allem ausdrücken, dass man immer den Kontext betrachten muss. Man kann sich nicht einfach einen Bibelvers rauspicken, der oberflächlich betrachtet die eigene Meinung untermauert und dann sagen: Seht her, da steht es doch! Der Glaube schafft Gerechtigkeit....

Aber weißt du was, lieber net.krel, vielleicht sind wir ja einfach nur verblendet, ähh ich meine, zu weise und klug und Gott offenbart sich ja schließlich nur den Unmündigen...

Jesus sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und es Unmündigen offenbart hast. :-)

LG
Provisorium