Ich persönlich glaube ja, wir müssen unterscheiden zwischen "unserem Glauben" und "der geistlichen Rechtslage". Ersteren halte ich für subjektiv, Berge versetzend und uns sogar mit anderen Religionen einend. Letztere betrachte ich als absolut, unveränderlich und maßgeblich. Ganz praktisch veranlasst diese Unterscheidung mich dazu zu glauben, dass es im Extremfall zu folgender Situation kommen kann: Ein guter Mensch glaubt, dass Jesus das größte Vorbild der Menschheit war, ahmt ihn nach und führt ein ethisch vorbildliches Leben und empfängt auch den Lohn seiner guten Werke (im Sinne von "du erntest, was du sähst"), ist aber dennoch nicht gerettet im biblischen Sinne zum ewigen Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Ein völlig sündenverstrickter Mensch hingegen, der in seiner Oberflächlichkeit und Stumpfsinn gar nicht in der Lage ist, sich selbst am moralischen Standard Jesu zu reflektieren, glaubt, dass Jesus Christus zur Vergebung seiner Schuld gestorben ist und er darum das ewige Leben Jesu erbt, empfängt ebenfalls den Lohn seiner (schlechten) Werke - ebenfalls im Sinne von ernten, was man säht -, ist aber in biblischem Sinne gerettet zum ewigen Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Wir, die wir als Mitmenschen diese zwei Personen beobachten, würden vielleicht denken, der sich ethisch korrekt verhaltende Mensch sei der Christ, der andere sei keiner. Das ist normal menschlich-logisches Denken, aber biblisch gesehen ist die Rechtslage anders:

Der Mensch ist in Sünde gefallen und hat damit entschieden, für immer ohne Gott zu leben, denn das Leben mit Gott war und ist bis heute an die Unschuld geknüpft. Und genausowenig wie eine Frau, die ihre Unschuld verloren hat, wieder eine Jungfrau werden kann, kann der Mensch, nachdem er einmal in Sünde gefallen ist, wieder unschuldig werden. Wir sind also verloren. Das ist die Rechtslage. Heil, ewiges Leben, Einheit mit Gott bedürfen der Unschuld - und kein Mensch ist unschuldig! Außer Jesus, wenn man der Bibel glaubt. So ist - rein rechtlich - auch nur Jesus in der Lage, heil zu sein, ewig zu leben und eins zu sein mit Gott. Es steht rechtlich auch nur ihm zu, weil ja nur er die Rechtsbedingung (Unschuld) erfüllt hat. Darum kann es ihm aber auch keiner mehr wegnehmen, nicht mal Gott, denn es ist schlichtweg sein gutes Recht; seine Unschuld hat es VERDIENT.

Nun mag es vielleicht sein - das will ich gar nicht bestreiten -, dass ein Mensch auch ungeachtet dieser Rechtslage Heilsein und Einheit mit Gott ERLEBEN kann, so wie ja auch ein Dieb sich im Besitz größten Reichtums erleben kann ... aber er wird es nicht behalten können. Alles, was ihm rechtlich nicht gehört, wird er am Ende, wenn sich die Rechtslage der Welt aufklärt, zurückgeben müssen. Aus meiner Sicht sind wir also alle rechtskräftig am Ar**h. Die einzige Chance, die ich sehe, besteht in a) der Anerkennung dieser Rechtslage als Grundvoraussetzung für b) der Annahme, dass die Gebete Jesu (des einzig Unschuldigen und einzig Gottgleichen) ebenso autoritativ sind wie das Wort Gottes selbst, welches die gesamte Schöpfung in Existenz gesprochen hat. Wenn dem so ist, dann hat Jesus mit seinem Gebet in Johannes 17,11 mein Leben neu in Existenz gesprochen und die Bibel nennt mich zurecht eine "neue Schöpfung". Das Gebet in Johannes 17,11 lautet: "... Heiliger Vater, erhalte sie in deinem Namen (= deine Identität = ewiger Gott), den du MIR gegeben hast, dass sie eins seien wie wir". Mit diesem Gebet hat Jesus "sie" in seine eigene Identität und damit in seinen persönlichen Rechtsanspruch mit hinein genommen. Wie Jesus selbst "sie" definiert, also die, von denen er spricht in Abgrenzung zu denen, von denen er nicht spricht, lässt sich in Johannes 17 auch recht genau nachlesen ... :)

Für mich ist ein Christ jedenfalls einer, der die geistliche Rechtslage erkannt hat und aus den vielen unrechtmäßigen Wegen zum Heil (neben den vielen Wegen zum Unheil natürlich) den rechtsgültigen Weg zum Heil gewählt hat. Ohne Erkenntnis der geistlichen Rechtslage ist nur eine Unterscheidung zwischen Heilsweg und Unheilsweg möglich, nicht aber zwischen rechtmäßigem (= beständigem) und unrechtmäßigem (= vergänglichem) Heilsweg. Und die Anerkennung der Rechtslage beinhaltet konsequenterweise nun mal die Sündenfreiheit Jesu und die Auferstehung zum ewigen Leben (denn wäre Jesus unschuldig und nicht auferstanden, wäre Gott seinem eigenen Rechtsmaßstab nach ja ungerecht; ebenso wenn Jesus schuldig wäre und trotzdem auferstanden; wäre Jesus hingegen schuldig und nicht auferstanden, wäre Gott seinem eigenen Rechtsmaßstab nach zwar gerecht, allerdings wäre Jesus dann genauso verloren wie wir und es gäbe für den Menschen inklusive Jesus nach wie vor keinen Weg zurück in die Einheit mit Gott).

Sind meine Gedanken verständlich? (Keine Ahnung, ob sie richtig sind, aber so verstehe ich das Ganze halt).

Lieben Gruß
S.