Wenn ich ein paar Kilometer hier aus meinem Heimatort fahre, dann sehe ich den Glockenturm am Ettersberg. Dann sehe ich von weitem das Denkmal in Buchenwald und immer wieder habe ich Scham wenn ich da nach oben schaue. Ich schäme mich, weil nur eine Generation vor mir solche nicht zu entschuldigenden Dinge passiert sind.
Wenn ich etwas weiter fahre stehe ich vor den Stollen im Jonastal. Diese Stollen wurden von den Menschen aus Buchenwald unter nicht vorstellbaren Bedingungen in diesen Berg getrieben, um weitere Waffenproduktionsstätten zu errichten. Ich stehe an diesem Denkmal und schäme mich.
Letztes Jahr in Erfurt auf dem Bahnhof: Es hält ein Zug, der Zug der Erinnerungen. Dieser Zug erinnert an die Kinder, die mit Zügen der deutschen Bundesbahn in die KZs verbracht wurden und ich schäme mich. Ich schäme mich für meine Vorfahren. Ich schäme mich, weil die Deutsche Bahn nicht den Mut hat auch ihre Schuld zu bekennen. Ich schäme mich weil die Deutsche Bahn für dieses Projekt Geld verlangt, weil deren Bahnhöfe benutzt werden.
Gehe ich weiter durch die Stadt, sehe ich diese goldfarbenen Pflastersteine, Stolpersteine die vor den Häusern gelegt wurden, um an die in ermordeten Juden, die einst in diesen Häusern wohnten zu erinnern. Ich schäme mich für die, die achtlos über diese Steine gehen.
Ich schäme mich, wenn ich Leute sehe, die jetzt wieder diesen alten Geist ausbuddeln, die von Deutschland den Deutschen sprechen und die die ewig gestrigen Parolen weder zur Politik machen. Ich schäme mich, weil unser Land zeigt, dass jegliche Duldung solcher rechtsnationalen Parteien ein Hinweis sind, dass wir nichts aus der Geschichte gelernt haben.
Tja, warum hab ich Isaak schreibend umarmt. Ich weiß es nicht, es war mir irgendwie ein Bedürfnis. Ich weiß nicht einmal, ob es eine Umarmung der Versöhnung sein kann, denn ich kann keine Versöhnung erwarten oder gar verlangen, ich kann einfach drauf hoffen. Ich kann einfach darauf hoffen, dass sich die Menschen aus den Nationen und die Juden irgendwann versöhnen. Aber ich kann mit meinen Worten hier vor Ort zum Nachdenken anregen. Ich kann zuhören wenn ich den Austausch mit der jüdischen Gemeinde suche. Und letztendlich muss ich das sein, als was mich Gott hier in die Welt gestellt hat: Als Nichtjude, als Mensch aus den Nationen, dem aber trotzdem Gottes Liebe zuteil wird. Ich muss mich dazu nicht einmal unterwerfen, mich zum Diener seines Volkes machen, nein im Gegenteil, ich darf sogar als Gast aufgenommen werden, wenn ich authentisch bin und wenn ich mich nach den Regeln dieses einzigen Gottes verhalte.
Poe
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